Die Opposition – eine aussterbende Rasse?
Der als TV-Richter bekannt gewordene Alexander Hold will das höchste Amt im Staat antreten. Beim Neujahrsempfang der Freien Wähler war er Gastredner
Am Samstag war Alexander Hold Gastredner beim Neujahrsempfang der Freien Wähler im Augsburger Rathaus. Die meisten werden den Richter und Stadtrat von Kempten aber wohl aus der TV-Sendung „Richter Alexander Hold“auf SAT 1 kennen. Kommenden Sonntag möchte er in Berlin Bundespräsident werden. Nominiert haben ihn die Freien Wähler. „Mir ist natürlich klar, dass ich eine sehr geringe Chance habe, weil sich SPD, Union und Grüne auf Frank-Walter Steinmeier als Kandidaten geeinigt haben. Dennoch ist es wichtig, dass ich antrete, weil es in einer Demokratie immer Alternativen geben muss“, sagte er bei seiner Rede im Augsburger Rathaus.
Hold äußerte sich besorgt wegen des Klimas in politischen Diskussionen. Das Bedürfnis nach Protest überlagere bei zu vielen Menschen die Diskussionsbereitsschaft. Er erlebe es immer wieder, dass Fakten, die nicht ins Weltbild passen, ignoriert werden. „Das Motto ist offenbar: Hauptsache gegen die etablierten Parteien. Es ist ihnen egal, dass sie Leute wählen, die keine Lösungen haben und alles nur noch schlimmer machen.“Hold sieht es als Aufgabe der Demokraten an, zusammenzurücken und Zweifler zurückzuholen.
Damit das gelingt, ist aus seiner Sicht auch die sinnvolle und konsequente Anwendung des Rechts nötig, beispielsweise beim Thema Flüchtlinge. „Es kann doch nicht sein, dass engagierte und integrierte Flüchtlinge wie der Afghane Ahmad Shakib Pouya aus Augsburg gezwungen werden, Deutschland zu verlassen, während Salafisten, Kriminelle und Sozialbetrüger bleiben dürfen.“Ein Problem sieht er auch in der „Ankündigungsrhetorik“der Bundesregierung, der dann zu selten Taten folgten.
Was den ehemaligen TV-Richter auch sehr ärgert, sind Bürger, die mit zweierlei Maß agieren. So sei ein Handwerker bei ihm gewesen, der sich darüber aufregte, dass alle Flüchtlinge „bescheißen und abkassieren“. Nach getaner Arbeit fragte der Handwerker Hold, ob er denn überhaupt eine Rechnung benötige, berichtete Hold den rund 150 Gästen.
Darunter waren auch die beiden Stadträte der Freien Wähler, Volker Schafitel und Regina Stuber-Schneider. Schafitel kritisierte die Große Koalition aus CSU, SPD und Grünen in der Stadt. Er komme sich als Oppositionspolitiker vor wie eine „aussterbende Rasse“und der Ablauf von Stadtratssitzungen würde der Aufgabe des Gremiums nicht gerecht. „Es ist doch bei den an der Stadtregierung beteiligten Parteien so, dass ein paar Personen den Ton angeben und der Rest die Hand hebt. Der Stadtrat ist kein Diskussionsgremium mehr, sondern eine Abstimmungsversammlung.“
Sauer ist Schafitel auch, weil wieder kein Geld für einen Aufzug im Standesamt da ist. „Sozialreferent Stefan Kiefer hat angekündigt, Mittel für den Doppelhaushalt 2019/20 anzumelden. Mal schauen, ob das Projekt da auch wieder hinten runterfällt. Wir bleiben dran.“Das gelte auch für das Thema Straßenausbaubeitragssatzung. Seit April 2016 können Kommunen in Bayern wiederkehrende Beiträge verlangen. Der Vorteil: Im Fall einer Straßensanierung würden alle zahlen und nicht nur die Anlieger mit bis zu fünfstelligen Summen belastet, wie es bisher der Fall ist. „Es zeichnet sich leider ab, dass die Einführung wiederkehrender Beiträge abgelehnt wird“, so Schafitel.
Seine Kollegin Stuber-Schneider sagte, dass die Freien Wähler weiter für mehr direkte Demokratie kämpfen werden. „Bürgerentscheide sind wichtig. Diese zu verhindern, indem die Fragestellung für rechtlich unzulässig erklärt wird, wie beim Theater, ist ein schlechtes Signal.“