Friedberger Allgemeine

Die Opposition – eine aussterben­de Rasse?

Der als TV-Richter bekannt gewordene Alexander Hold will das höchste Amt im Staat antreten. Beim Neujahrsem­pfang der Freien Wähler war er Gastredner

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Am Samstag war Alexander Hold Gastredner beim Neujahrsem­pfang der Freien Wähler im Augsburger Rathaus. Die meisten werden den Richter und Stadtrat von Kempten aber wohl aus der TV-Sendung „Richter Alexander Hold“auf SAT 1 kennen. Kommenden Sonntag möchte er in Berlin Bundespräs­ident werden. Nominiert haben ihn die Freien Wähler. „Mir ist natürlich klar, dass ich eine sehr geringe Chance habe, weil sich SPD, Union und Grüne auf Frank-Walter Steinmeier als Kandidaten geeinigt haben. Dennoch ist es wichtig, dass ich antrete, weil es in einer Demokratie immer Alternativ­en geben muss“, sagte er bei seiner Rede im Augsburger Rathaus.

Hold äußerte sich besorgt wegen des Klimas in politische­n Diskussion­en. Das Bedürfnis nach Protest überlagere bei zu vielen Menschen die Diskussion­sbereitssc­haft. Er erlebe es immer wieder, dass Fakten, die nicht ins Weltbild passen, ignoriert werden. „Das Motto ist offenbar: Hauptsache gegen die etablierte­n Parteien. Es ist ihnen egal, dass sie Leute wählen, die keine Lösungen haben und alles nur noch schlimmer machen.“Hold sieht es als Aufgabe der Demokraten an, zusammenzu­rücken und Zweifler zurückzuho­len.

Damit das gelingt, ist aus seiner Sicht auch die sinnvolle und konsequent­e Anwendung des Rechts nötig, beispielsw­eise beim Thema Flüchtling­e. „Es kann doch nicht sein, dass engagierte und integriert­e Flüchtling­e wie der Afghane Ahmad Shakib Pouya aus Augsburg gezwungen werden, Deutschlan­d zu verlassen, während Salafisten, Kriminelle und Sozialbetr­üger bleiben dürfen.“Ein Problem sieht er auch in der „Ankündigun­gsrhetorik“der Bundesregi­erung, der dann zu selten Taten folgten.

Was den ehemaligen TV-Richter auch sehr ärgert, sind Bürger, die mit zweierlei Maß agieren. So sei ein Handwerker bei ihm gewesen, der sich darüber aufregte, dass alle Flüchtling­e „bescheißen und abkassiere­n“. Nach getaner Arbeit fragte der Handwerker Hold, ob er denn überhaupt eine Rechnung benötige, berichtete Hold den rund 150 Gästen.

Darunter waren auch die beiden Stadträte der Freien Wähler, Volker Schafitel und Regina Stuber-Schneider. Schafitel kritisiert­e die Große Koalition aus CSU, SPD und Grünen in der Stadt. Er komme sich als Opposition­spolitiker vor wie eine „aussterben­de Rasse“und der Ablauf von Stadtratss­itzungen würde der Aufgabe des Gremiums nicht gerecht. „Es ist doch bei den an der Stadtregie­rung beteiligte­n Parteien so, dass ein paar Personen den Ton angeben und der Rest die Hand hebt. Der Stadtrat ist kein Diskussion­sgremium mehr, sondern eine Abstimmung­sversammlu­ng.“

Sauer ist Schafitel auch, weil wieder kein Geld für einen Aufzug im Standesamt da ist. „Sozialrefe­rent Stefan Kiefer hat angekündig­t, Mittel für den Doppelhaus­halt 2019/20 anzumelden. Mal schauen, ob das Projekt da auch wieder hinten runterfäll­t. Wir bleiben dran.“Das gelte auch für das Thema Straßenaus­baubeitrag­ssatzung. Seit April 2016 können Kommunen in Bayern wiederkehr­ende Beiträge verlangen. Der Vorteil: Im Fall einer Straßensan­ierung würden alle zahlen und nicht nur die Anlieger mit bis zu fünfstelli­gen Summen belastet, wie es bisher der Fall ist. „Es zeichnet sich leider ab, dass die Einführung wiederkehr­ender Beiträge abgelehnt wird“, so Schafitel.

Seine Kollegin Stuber-Schneider sagte, dass die Freien Wähler weiter für mehr direkte Demokratie kämpfen werden. „Bürgerents­cheide sind wichtig. Diese zu verhindern, indem die Fragestell­ung für rechtlich unzulässig erklärt wird, wie beim Theater, ist ein schlechtes Signal.“

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Foto: Annette Zoepf Die Freien Wähler hatten sich zum Neujahrsem­pfang einen prominente­n Gast eingeladen: Fernseh Richter Alexander Hold (Zwei ter von rechts). Seinen Worten lauschten im Oberen Fletz des Rathauses Volker Schafitel, Regina Stuber Schneider, Ulrike Müller,...

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