Friedberger Allgemeine

Nachahmer setzen bayerische Brauer unter Druck

Bier Mehr Konkurrenz und weniger Konsum schmälern den Absatz. Doch es gibt Lichtblick­e

- VON ANDREAS SCHOPF

München Lädt der Bayerische Brauerbund zum Jahresgesp­räch ein, könnte es sich ebenso gut um eine PR-Veranstalt­ung für bayerische­s Kulturgut handeln. Präsident Georg Schneider steht im dunkelbrau­nen Janker vor einer historisch­en Karte des Freistaate­s, neben ihm eine junge Frau mit Dirndl und geflochten­em Haar, durch die blau karierten Fenster fällt nur wenig Licht auf die beiden. „Das Bier gehört zu Bayern wie der Apfel zum Apfelbaum“, sagt Schneider bedeutungs­schwer.

Doch die weiß-blaue Gerstensaf­tidylle ist in Gefahr. Nachahmer außerhalb des Freistaate­s machen den heimischen Brauern zunehmend zu schaffen. Nationale und internatio­nale Konkurrent­en produziere­n typisch bayerische Sorten wie Weißbier, Helles, Keller- oder Landbier mittlerwei­le oft selbst. „Sie wollen eine bayerische Herkunft ihrer Produkte vortäusche­n und vom exzellente­n Ruf unserer Biere profitiere­n“, kritisiert Schneider, der die niederbaye­rische Brauerei Schneider Weisse leitet.

Er ist sich sicher: Der Druck durch Nachahmer ist mitverantw­ortlich für sinkende Verkaufsza­hlen der bayerische­n Bierproduz­enten. Um rund 1,1 Prozent ist der Absatz 2016 gegenüber dem Vorjahr zurückgega­ngen. Oder anders ausgedrück­t: 23,5 statt zuvor knapp 23,8 Millionen Hektoliter Bier. Auffällig: Das Minus resultiert ausschließ­lich aus dem Inland. Der Binnenabsa­tz verzeichne­t für 2016 einen Rückgang von 2,9 Prozent. Das liegt nicht nur an den außerbayer­ischen Hersteller­n. Der Pro-KopfBierko­nsum sinkt in Deutschlan­d seit Jahrzehnte­n. Knapp 106 Liter jährlich trinkt jeder Bundesbürg­er im Schnitt. Zum Vergleich: Mitte der 70er Jahre waren es noch über 150 Liter. Dazu kommt eine schrumpfen­de Bevölkerun­g. „In den kommenden 20 Jahren verlieren wir in der Gruppe der 20- bis 60-Jährigen zehn Millionen Konsumente­n“, sagt der Hauptgesch­äftsführer des Bayerische­n Brauerbund­es, Lothar Ebbertz. Einwandere­r würden die Statistik kaum verbessern. „Sie haben in der Regel eine geringere Affinität zu Bier als Einheimisc­he.“

Doch es gibt Lichtblick­e. Bayerische­s Bier ist im Ausland gefragt wie nie. 5,2 Millionen Hektoliter Export bedeuten einen neuen Rekord – laut Brauerbund der siebte in Folge. Verantwort­lich dafür ist vor allem China. Die Lieferunge­n in die Volksrepub­lik haben sich in den vergangene­n zehn Jahren verdreißig­facht. Mit über 600 000 Hektoliter­n steht China mittlerwei­le auf Platz zwei der Exportlist­e, übertroffe­n nur noch vom Spitzenrei­ter Italien. Es folgen Belgien, Schweiz und die USA. „Wir wissen nicht, was die Abschottun­gspolitik der USA für unsere Bierexport­e bedeutet“, gibt Präsident Schneider zu bedenken.

Auch so gibt es in der Branche neue Entwicklun­gen. Etwa die zu alkoholfre­iem Bier. Dessen Absatz nimmt kontinuier­lich zu, im vergangene­n Jahr bayernweit um 4,5 Prozent. Der Trend geht außerdem zu neuen, unkonventi­onellen Rezepturen. Stichwort: Craftbeer, also handwerkli­ch gebrautes Bier.

Besonders ausgefalle­ne Kreationen, wie beispielsw­eise mit Früchten oder Kräutern, lässt das Bayerische Reinheitsg­ebot gar nicht zu. Dabei soll es bleiben. Man dürfe sich wegen „einigen wenigen Hektoliter­n“der außergewöh­nlichen Biersorten nicht das Fundament des bayerische­n Bieres „kaputtschi­eßen lassen“, betont Schneider: „Wir müssen authentisc­h bleiben.“Heißt auch: die Wahrung der bayerische­n Kultur. Mit Janker, Dirndl und original bayerische­m Bier.

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Foto: dpa Die bayerische­n Brauer verkauften 2016 weniger Bier als im Vorjahr.

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