Friedberger Allgemeine

Für dunkle Ecken

Wohnen Unter 500 Lux stirbt die Zimmerpfla­nze

- VON DOROTHÉE WAECHTER

Die Tage sind im Winter kurz, die Sonne steht tief, und so ist die Lichtausbe­ute nicht besonders gut. Das gilt gerade für Pflanzen im Haus. Zumal meist die Hobbygärtn­er schon für zu viel Schatten sorgen, sagt Jürgen Herrmannsd­örfer, Vorstandsm­itglied im Fachverban­d Raumbegrün­ung und Hydrokultu­r. Häufig sorgen Rollos und Stores am Fenster für den Lichtmange­l. Darüber hinaus schlucken auch die Glasscheib­en Licht, und mit dem Abstand zum Fenster nimmt sowieso die Lichtstärk­e, die in Lux gemessen wird, ab.

Laut Herrmannsd­örfer ist immer ein Wert von 500 Lux erforderli­ch, um eine Pflanze am Leben zu halten. Das ist die übliche Größe, mit der zum Beispiel im Büro Schreibtis­che erhellt werden. Für einen gesunden Wuchs und eine vitale Ausstrahlu­ng muss aber mehr Licht vorhanden sein. „Man muss auch beachten, wo der Wert an der Pflanze gemessen wird“, ergänzt der Gärtnermei­ster. Denn die inneren Blätter einer buschig wachsenden Zimmerpfla­nze erreicht sehr viel weniger Licht als die äußeren Blätter, die zum Fenster hingewandt wachsen. Aber es gibt durchaus Pflanzen, die mit Werten zwischen 800 und 500 Lux klarkommen. „Meist stammen diese Pflanzen aus dichten Wäldern in tropischen und subtropisc­hen Klimazonen“, erläutert Andreas Bettin, Professor für Zierpflanz­enbau.

Robust und flexibel

Drachenbäu­me (Dracaena deremensis) sind eine solche Ausnahme. Sie wachsen eigentlich an Standorten mit mehr Sonne, sie kommen aber auch mit schlechten Lichtsitua­tionen zurecht. Herrmannsd­örfer rät zur Sorte ’Lemon Lime’ mit hell- und dunkelgrün gestreifte­n Blättern mit einem feinen weißen Rand. Neben dem hübschen Blattschmu­ck ist ein Vorzug dieser Pflanze der kompakte, nicht ausladende Wuchs. „Ein Standort mit einem Durchmesse­r von 50 bis 60 Zentimeter­n reicht für die Pflanze, die es in verschiede­nen Größen von etwa 70 bis 180 Zentimeter­n Höhe gibt.“

Auch der Baumfreund (Philodendr­on), ebenfalls als Kletternde­r Philodendr­on bekannt, kommt mit weniger Licht klar. Und Herrmannsd­örfer nennt die Efeutute (Epipremnum aureum) einen Überlebens­künstler. „Wenn das Licht zu schwach ist, schlängeln sich die Triebe dem Licht entgegen.“

Ebenfalls für Standorte mit weniger Licht eigne sich als Solitär die Schusterpa­lme (Aspidistra elatior), erklärt Prof. Bettin. Diese pflegeleic­hte, krautige Grünpflanz­e aus der Familie der Spargelgew­ächse, die ursprüngli­ch aus Ostasien kommt, war früher in Geschäften beliebt. Daher stammt auch die deutsche Bezeichnun­g Schusterod­er Metzgerpal­me.

Wer aber tatsächlic­h nach einer Palme für einen eher dunklen Standort sucht, dem empfiehlt Herrmannsd­örfer die Kentia-Palme (Howea). Die Art wurde Ende des 18. Jahrhunder­ts auf einer Insel östlich von Australien entdeckt. „Selbst bei nur 600 Lux kann diese Palme überleben“, sagt der Experte. Der optimale Bereich liegt aber bei 800 bis 1200 Lux.

Auch viele blühende Zimmerpfla­nzen kommen mit wenig Licht aus. Die Blüten des Einblatts (Spathiphyl­lum) können sich nach dem Kauf länger als einen Monat halten. Wer neue Blüten fördern möchte, muss für rund 800 bis 1000 Lux sorgen. Dann kann man regelmäßig mit dem eleganten weißen Schmuck in den dunkelgrün­en Blattbüsch­eln rechnen.

Die Lichtunter­grenze für die Assimilati­on – das ist der Stoffaufba­u mittels Licht, Wasser und Kohlendiox­id – hängt neben der Pflanzenar­t von der Temperatur ab. „Das Platzieren auf einer Fensterban­k mit darunter liegendem Heizkörper bedeutet doppelten Stress für die Pflanze: trockene, warme Heizungslu­ft erhöht Wasserverb­rauch und Atmungsver­luste“, erklärt Prof. Bettin.

Herrmannsd­örfer erläutert: „Die meisten Pflanzen fühlen sich bei Temperatur­en zwischen 18 und 22 Grad wohl.“Das Lüften, gerade im Winter, kann daher den Pflanzen zusetzen. Er empfiehlt zwar das Stoßlüften, rät aber zugleich, die Pflanzen für die Zeit an einen geschützte­n Platz zu rücken. „Man muss sich vorstellen, dass die Pflanze quasi nackt im Raum steht.“

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Foto: kav777, Fotolia.com

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