Für dunkle Ecken
Wohnen Unter 500 Lux stirbt die Zimmerpflanze
Die Tage sind im Winter kurz, die Sonne steht tief, und so ist die Lichtausbeute nicht besonders gut. Das gilt gerade für Pflanzen im Haus. Zumal meist die Hobbygärtner schon für zu viel Schatten sorgen, sagt Jürgen Herrmannsdörfer, Vorstandsmitglied im Fachverband Raumbegrünung und Hydrokultur. Häufig sorgen Rollos und Stores am Fenster für den Lichtmangel. Darüber hinaus schlucken auch die Glasscheiben Licht, und mit dem Abstand zum Fenster nimmt sowieso die Lichtstärke, die in Lux gemessen wird, ab.
Laut Herrmannsdörfer ist immer ein Wert von 500 Lux erforderlich, um eine Pflanze am Leben zu halten. Das ist die übliche Größe, mit der zum Beispiel im Büro Schreibtische erhellt werden. Für einen gesunden Wuchs und eine vitale Ausstrahlung muss aber mehr Licht vorhanden sein. „Man muss auch beachten, wo der Wert an der Pflanze gemessen wird“, ergänzt der Gärtnermeister. Denn die inneren Blätter einer buschig wachsenden Zimmerpflanze erreicht sehr viel weniger Licht als die äußeren Blätter, die zum Fenster hingewandt wachsen. Aber es gibt durchaus Pflanzen, die mit Werten zwischen 800 und 500 Lux klarkommen. „Meist stammen diese Pflanzen aus dichten Wäldern in tropischen und subtropischen Klimazonen“, erläutert Andreas Bettin, Professor für Zierpflanzenbau.
Robust und flexibel
Drachenbäume (Dracaena deremensis) sind eine solche Ausnahme. Sie wachsen eigentlich an Standorten mit mehr Sonne, sie kommen aber auch mit schlechten Lichtsituationen zurecht. Herrmannsdörfer rät zur Sorte ’Lemon Lime’ mit hell- und dunkelgrün gestreiften Blättern mit einem feinen weißen Rand. Neben dem hübschen Blattschmuck ist ein Vorzug dieser Pflanze der kompakte, nicht ausladende Wuchs. „Ein Standort mit einem Durchmesser von 50 bis 60 Zentimetern reicht für die Pflanze, die es in verschiedenen Größen von etwa 70 bis 180 Zentimetern Höhe gibt.“
Auch der Baumfreund (Philodendron), ebenfalls als Kletternder Philodendron bekannt, kommt mit weniger Licht klar. Und Herrmannsdörfer nennt die Efeutute (Epipremnum aureum) einen Überlebenskünstler. „Wenn das Licht zu schwach ist, schlängeln sich die Triebe dem Licht entgegen.“
Ebenfalls für Standorte mit weniger Licht eigne sich als Solitär die Schusterpalme (Aspidistra elatior), erklärt Prof. Bettin. Diese pflegeleichte, krautige Grünpflanze aus der Familie der Spargelgewächse, die ursprünglich aus Ostasien kommt, war früher in Geschäften beliebt. Daher stammt auch die deutsche Bezeichnung Schusteroder Metzgerpalme.
Wer aber tatsächlich nach einer Palme für einen eher dunklen Standort sucht, dem empfiehlt Herrmannsdörfer die Kentia-Palme (Howea). Die Art wurde Ende des 18. Jahrhunderts auf einer Insel östlich von Australien entdeckt. „Selbst bei nur 600 Lux kann diese Palme überleben“, sagt der Experte. Der optimale Bereich liegt aber bei 800 bis 1200 Lux.
Auch viele blühende Zimmerpflanzen kommen mit wenig Licht aus. Die Blüten des Einblatts (Spathiphyllum) können sich nach dem Kauf länger als einen Monat halten. Wer neue Blüten fördern möchte, muss für rund 800 bis 1000 Lux sorgen. Dann kann man regelmäßig mit dem eleganten weißen Schmuck in den dunkelgrünen Blattbüscheln rechnen.
Die Lichtuntergrenze für die Assimilation – das ist der Stoffaufbau mittels Licht, Wasser und Kohlendioxid – hängt neben der Pflanzenart von der Temperatur ab. „Das Platzieren auf einer Fensterbank mit darunter liegendem Heizkörper bedeutet doppelten Stress für die Pflanze: trockene, warme Heizungsluft erhöht Wasserverbrauch und Atmungsverluste“, erklärt Prof. Bettin.
Herrmannsdörfer erläutert: „Die meisten Pflanzen fühlen sich bei Temperaturen zwischen 18 und 22 Grad wohl.“Das Lüften, gerade im Winter, kann daher den Pflanzen zusetzen. Er empfiehlt zwar das Stoßlüften, rät aber zugleich, die Pflanzen für die Zeit an einen geschützten Platz zu rücken. „Man muss sich vorstellen, dass die Pflanze quasi nackt im Raum steht.“