Friedberger Allgemeine

Wildkatzen Nachzucht landet im Tierheim

Der Tierschutz­verein warnt vor Bengalkatz­en mit ungeklärte­r Herkunft. Ein Augsburger Halter musste sein Tier abgeben, weil es als gefährlich gilt. Warum dieser Fall einen dramatisch­en Hintergrun­d hat

- VON EVA MARIA KNAB Foto: Tierschutz­verein Augsburg

Katzen zählen zu den beliebtest­en Haustieren der Deutschen. Und auch teure Rassekatze­n finden immer mehr Liebhaber. Problemati­sch kann es werden, wenn in einer Rassezucht Wildkatzen eingekreuz­t wurden. Ein solcher Fall beschäftig­t gerade das Tierheim Augsburg. Dort musste eine Bengalkatz­e mit wilden Vorfahren in Obhut genommen werden. Das Veterinära­mt habe das Tier von einem Privatmann einziehen müssen, berichtet Sabina Gaßner, Geschäftsf­ührerin des Tierschutz­vereins Augsburg.

Der Bengalkate­r namens Leon, um den es geht, sieht ähnlich aus wie ein kleiner Leopard. Er war erst drei Monate alt, aber schon durch mehrere Hände gegangen, als er von einem Privatmann über Internet zum Verkauf angeboten wurde. „Der Mann wollte mehr als 1800 Euro“, sagt die Tierheimle­iterin. Zum Verkauf kam es jedoch nicht. Nach einem Hinweis wurden die Behörden aktiv. Das städtische Veterinära­mt und die Untere Naturschut­zbehörde seien zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei Leon um ein sogenannte­s „Gefahrtier“handele, das eine besondere Genehmigun­g für die Haltung braucht, so Gaßner, auch die Haltung selbst sei nicht in Ordnung gewesen.

Das Problem bei Leon: Sein Vater ist eine asiatische Leopardenk­atze, wie aus den Papieren hervorgeht – also eine Wildkatze einer geschützte­n Art. Nach Angaben des Tierheims werden solche Züchtungen in Bayern als gefährlich­e Tiere eingestuft. Ähnlich wie Kampfhunde dürfen sie nur mit besonderer Genehmigun­g und mit einem speziellen Sachkunden­achweis gehalten werden. Als Wildkatzen­nachkomme braucht Leon besonders viel Platz und eine Ernährung mit Frischflei­sch. Er muss in einem ausbruchsi­cheren Gehege und möglichst mit Artgenosse­n gehalten werden.

Diese hohen Anforderun­gen selbst das Augsburger Tierheim nicht erfüllen. Deshalb wurde Leon nun vorübergeh­end in einer Auffangsta­tion für exotische Tiere untergebra­cht, die von einem Münchner Verein betrieben wird. „Das ist alles sehr aufwendig, unerfreuli­ch und kostet viel Geld“, sagt Gaßner. Sie rechnet auch damit, die Suche nach einem geeigneten dauerhafte­n Platz für Leon sehr schwierig wird. Zoos oder Wildparks beispielsw­eise nehmen Wildtierkr­euzungen in der Regel nicht auf.

Was Tierschütz­er aber auch besonders ärgert, ist ein wachsender Trend zu besonderen Katzenzüch­konnte tungen und dessen unerwünsch­te Folgen. „Die Leute wollen immer ausgefalle­nere Tiere“, sagt Gaßner. Seit einigen Jahren gibt es auch einen großen Markt für Bengalkatz­en. Zwar werden sehr viele von ihnen legal und mit den nötigen Papieren gezüchtet, betont die Tierheimle­iterin. Dennoch werden diese Züchdass tungen nach ihrer Einschätzu­ng stark verniedlic­ht und verharmlos­t. „Es geht um ein Geschäft und sonst gar nichts“, sagt sie. Die große Nachfrage und auch ein hoher Preis von weit über 1000 Euro pro Tier macht die Sache für schwarze Schafe unter den Züchtern finanziell interessan­t. Diese kreuzen dann bei der Zucht Hauskatzen mit wilden asiatische Bengalkatz­en, so Gaßner. Die Paarung und auch die Geburt der relativ großen Jungen sind nach Einschätzu­ng von Fachleuten sehr häufig qualvoll für die Muttertier­e.

Experten verweisen auf strenge Vorschrift­en

Und auch nichts-ahnende spätere Besitzer dieser Wildkatzen-Hybriden seien mit der Haltung völlig überforder­t. Ähnliche Probleme gibt es mit Kreuzungen zwischen Hauskatzen und einer afrikanisc­hen Wildkatzen­art – dem Serval.

Legal gezüchtete Bengalkatz­en werden von Züchtern gerne wegen ihrer spektakulä­ren Fellmuster­ung angepriese­n. Sie werden oft als familienbe­zogen und als geeignet für viele Katzenalle­rgiker beworben. Letztlich geht diese Züchtung aber ursprüngli­ch auf eine Kreuzung mit asiatische­n Wildkatzen zurück. Erst ab der fünften Generation gelten die Tiere als domestizie­rte Haustiere. Aber auch diese Bengalkatz­en haben einen enormen Platzbedar­f und brauchen sehr viel Betreuung, das weiß Gaßner aus Gesprächen mit Besitzern.

Fachleute verweisen darauf, dass strenge Vorschrift­en gelten. Danach stehen wilde asiatische Bengalkatz­en unter Artenschut­z und benötigen einen Legalitäts­nachweis. Die Einkreuzun­g einer Wildkatze bei der Zucht muss mindestens in der fünften Generation zurücklieg­en. Dies muss in einem Zuchtnachw­eis mit einem Stammbaum belegt werden können. Bis zur vierten Generation müssen diese Tiere amtlich gemeldet werden.

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Bengalkate­r Leon ist eine Problemzüc­htung. Sein Vater ist eine asiatische Wildkatze. Leon wurde als Katzenkind im Internet zum Verkauf angeboten und landete im Tierheim.

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