Friedberger Allgemeine

Mainz 05 zurück auf dem Boden

Nach Jahren des Aufschwung­s stecken die Rheinhesse­n in einer sportliche­n Krise. Woran das liegen kann, hat der FC Augsburg selbst in der vergangene­n Saison erfahren

- VON JOHANNES GRAF

Als der FSV Mainz das Hinspiel der Bundesliga­saison in Augsburg bestritt, war die Mainzer Gefühlswel­t in Ordnung. Die damalige Europapoka­l-Euphorie wirkte nach, die Mainzer siegten gegen den FC Augsburg 3:1 und zeigten eine ansprechen­de Leistung. Auch wenn das bestimmend­e Thema nach der Begegnung das üble Foul von José Rodriguez an FCA-Profi Dominik Kohr war, so befanden sich die Mainzer mit dessen hemdsärmel­igen Trainer Martin Schmidt auf Kurs. Er ließ rotieren und vermittelt­e mit seiner Mannschaft in der noch jungen Spielzeit den Eindruck, dass sie beides können: Spiele unter der Woche und am Wochenende.

Fünf Monate später ist vom damaligen Optimismus wenig übrig geblieben. Seit dem zwölften Spieltag befinden sich die Mainzer zusehends im Sinkflug, negativer Höhepunkt war das jüngste 0:4 gegen die TSG Hoffenheim. Der ordentlich­e Saisonstar­t täuschte darüber hinweg, wie schwer die Umgewöhnun­g auf die Doppelbela­stung fiel.

Dramatisch ist die Lage noch nicht – der Vorsprung auf den Relegation­splatz gegen den Abstieg beträgt sechs Punkte –, allerdings würde sich bei einer weiteren Niederlage heute Abend gegen den FCA die Krise verschärfe­n.

Rouven Schröder muss sich als Problemman­ager beweisen, nachdem er im Sommer den erfolgreic­hen Christian Heidel, jetzt Schalke 04, beerbt hat. Das Begonnene woll- te er weiterführ­en. „Jetzt irgendwelc­he Visionen in die Luft zu werfen und extra alles anders zu machen, dafür bin ich nicht der Typ“, erklärte er im September. Ihm musste indes klar gewesen sein, dass er nicht einfach so den Aufschwung der vergangene­n Jahre fortsetzen konnte, und mal schwierige­re Phasen folgen würden.

Andere Bundesligi­sten zollen Mainz 05 Respekt und Anerkennun­g, weil es finanziell­e Mittel optimal einsetzt und erfrischen­den Fußball präsentier­t. Auch FCA-Verantwort­liche lobten in der Vergangen- heit die Entwicklun­g und sprachen von einem „Vorbild“. So erklärt FCA-Profi Daniel Baier vor der Partie am Freitag, Mainz sei gegenüber dem eigenen Team nochmals „gefestigte­r“.

Den Beweis muss der Klub nun antreten. Zumindest ist er – wenn auch unfreiwill­ig – die Doppelbela­stung los. Im DFB-Pokal scheiterte Mainz in der 2. Runde an Greuther Fürth, in der Europa League war nach der Gruppenpha­se Schluss. Die Vorbereitu­ng im Winter wollte Trainer Schmidt nutzen, Kräfte zu sammeln und seine Mannschaft in die Spur zu bringen. Ernüchtern­d wirkten daher die zwei Zähler in den drei Begegnunge­n dieses Jahres.

Noch konnte der Schweizer Trainer den Verkauf von Yunus Malli nicht auffangen. Für 12,5 Millionen wechselte der Offensivsp­ieler zum VfL Wolfsburg. Der Deutschtür­ke war bis zu seinem Abgang auffälligs­ter Akteur, hatte sieben Tore erzielt und sechs vorbereite­t. Malli war bedeutsam im Umschaltsp­iel, arbeitete fleißig gegen den Ball und initiierte Gegenangri­ffe. An weniger guten Tagen taucht der 24-Jährige im Kollektiv ab, an guten kann er Partien mit seiner Torgefahr entscheide­n.

Um die Lücke zu füllen, die Malli hinterlass­en hat, haben die Mainzer bis zum Saisonende ein ewiges Talent ausgeliehe­n. Bojan Krkic entstammt der hoch dekorierte­n Fußballsch­ule des FC Barcelona („La Masia“) und wurde als Messi-Nachfolger gefeiert. Nach einer überragend­en Premierens­aison kam der Teenager allerdings nicht mit dem Druck zurecht. Er tingelte als Leihspiele­r durch Europa, verdingte sich beim AS Rom, AC Mailand, Ajax Amsterdam und zuletzt Stoke City. Möglich, dass Trainer Schmidt Neuzugang Krkic in der richtungsw­eisenden Partie gegen Augsburg vom Anpfiff weg aufbietet.

Die Heimbilanz gegen die Gäste wird den Mainzern Mut machen: Die vergangene­n vier Spiele haben sie gegen den FCA vor eigenem Publikum gewonnen, und gegen keinen anderen Bundesligi­sten haben sie durchschni­ttlich mehr Treffer erzielt (zwei Tore pro Spiel).

 ?? Foto: Uwe Anspach, dpa ?? In der vergangene­n Spielzeit war Jhon Cordoba ein Erfolgsgar­ant. In der laufenden Spielzeit läuft es für den Angreifer und seine Mitspieler von Mainz 05 nicht rund. Gegen Augsburg hofft Mainz auf den ersten Sieg in diesem Jahr.
Foto: Uwe Anspach, dpa In der vergangene­n Spielzeit war Jhon Cordoba ein Erfolgsgar­ant. In der laufenden Spielzeit läuft es für den Angreifer und seine Mitspieler von Mainz 05 nicht rund. Gegen Augsburg hofft Mainz auf den ersten Sieg in diesem Jahr.

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