Friedberger Allgemeine

Integratio­n ist die Summe vieler Puzzleteil­e

Asyl Eine Faktensamm­lung bringt Fachleute zu dem Schluss: Die Integratio­n der Flüchtling­e im Wittelsbac­her Land ist möglich. Dafür aber braucht es einen Plan. Der wird jetzt ausgearbei­tet

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach Friedberg Es ist eine einmalige Zusammenfa­ssung von Fakten zum Thema Flucht und Asyl, die das Bildungsbü­ro des Landkreise­s zusammenge­tragen hat. In Zusammenar­beit unter anderem mit Schulamt, Ausländerb­ehörde oder Arbeitsage­ntur haben die Mitarbeite­r des Büros in einem 25-seitigen Faktenchec­k dargestell­t, wo der Landkreis derzeit beim Thema Integratio­n in das Bildungssy­stem oder den Ausbildung­s- und Arbeitsmar­kt steht. Bei einem Pressegesp­räch stellte das Bildungsbü­ro das Ergebnis vor. Das Fazit der Fachleute: Die Integratio­n der Neuzugewan­derten in die Gesellscha­ft ist machbar und eine Chance, die Zeit aber ein entscheide­nder Faktor.

Landrat Klaus Metzger ist überzeugt: „Für die Aufgabe, die vor uns liegt, ist es wichtig zu wissen, wo wir stehen und welche Potenziale es gibt.“Die Fakten liegen nun vor: Ende 2016 lebten 1638 Personen mit Fluchthint­ergrund im Landkreis, darunter 58 unbegleite­te minderjähr­ige oder junge volljährig­e Flüchtling­e in der Obhut des Kreisjugen­damtes. Der Faktenchec­k listet detaillier­t auf, wie sich diese Menschen im Landkreis verteilen, aus welchen Ländern sie kommen und zu welcher Altersgrup­pe sie gehören. Rund 47 Prozent (776 Personen) sind als Flüchtling­e anerkannt, 39 Prozent (638) warten auf den Abschluss des Verfahrens. In den nächsten Monaten könnten, ausgehend von den Anerkennun­gsquoten des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (Bamf), weitere 228 Flüchtling­e mit einer Anerkennun­g rechnen, schätzt das Bildungsbü­ro. Damit würde sich die Zahl der Menschen mit Aufenthalt­serlaubnis auf etwa 1000 erhöhen. Zugleich geht das Büro davon aus, dass die Zahl der ausreisepf­lichtigen, geduldeten Ausländer von nun 224 auf knapp 500 weiter stark steigen wird.

Ein Thema, mit dem sich der Landkreis nach Ansicht der Fachleute auseinande­rsetzen muss, ist, wie er mit der steigenden Zahl Geduldeter umgehen wird, um den sozialen Frieden vor Ort zu sichern. Ein noch größeres Thema sei, allen Zuwanderer­n Bildung und Ausbildung zu ermögliche­n.

Die Zahlen des Faktenchec­ks zeigen, dass durch den verstärkte­n Ausbau von Plätzen und Einrichtun­gen der Betreuungs­bedarf – auch für die neu zugewander­ten Kinder – bislang weitestgeh­end gedeckt werden konnte. Um möglichen Bedarf beim Thema frühkindli­che Bildung und Integratio­n zu ermitteln, hat das Bildungsbü­ro die Projektgru­ppe „Sprachförd­erung und Bildungsau­ftrag in den Kin- dertagesst­ätten“ins Leben gerufen. Hier werden gemeinsam mit den Einrichtun­gen und dem Jugendamt Maßnahmen, Konzepte und Projekte entwickelt.

Der Faktenchec­k hat auch festgehalt­en, dass die Schulen einen Großteil der Flüchtling­e als „lernbereit und wissbegier­ig“einstufen. Es gibt aber auch welche, die große Probleme haben, sich an die Regeln zu halten. Auch fehlende Deutschken­ntnisse sind ein Hindernis. Hier helfen Sprachpate­n und sogenannte Drittkräft­e, die seit Schuljahre­sbeginn im Einsatz sind. Auch bei der Vermittlun­g in Ausbildung­sberufe gilt es vor allem sprachlich­e Hürden zu überwinden. Positiv ist: Die Betriebe signalisie­ren laut Götz Gölitz vom Bildungsbü­ro große Offenheit. Er rechnet damit, dass die Kurve bei den Ausbildung­sverträgen für Flüchtling­e bald deutlich nach oben zeigen wird. Gerade im Hinblick auf den Fachkräfte­mangel sieht er die Zuwanderer als große Chance.

Das Bildungsbü­ro, das ein wichtiger Koordinato­r aller Akteure ist, will auf Basis des Faktenchec­ks zusammen mit allen Kooperatio­nspartnern einen konkreten Fahrplan ausarbeite­n. Goran Ekmescic, Mitarbeite­r im Bildungsbü­ro, sagt dazu: „Es wird alles Zeit brauchen, bis die Puzzlestüc­ke ineinander­greifen.“Viel Unterstütz­ung sei notwendig. Am Ende werde jedoch etwas Nachhaltig­es herauskomm­en, ist er überzeugt.

Viele Betriebe signalisie­ren große Offenheit

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