Friedberger Allgemeine

Was die Deutschen in Namibia anrichtete­n und warum der Bundestags­präsident die Aufarbeitu­ng des Völkermord­es als „peinlich“empfindet

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In Namibias Hauptstadt Windhuk er innert noch heute vieles an die deut sche Kolonialhe­rrschaft – von der „Bismarck Straße“bis zu einem Krie gerdenkmal. Den Grundstein für die Ko lonialisie­rung legte der aus Bremen stammende Kaufmann Adolf Lüderitz. 1883 erwarb er von den Ureinwoh nern eine bis heute nach ihm benannte Bucht und weitere Gebiete.

1884 erklärte das Deutsche Reich seine Schutzherr­schaft über das von Lüderitz erworbene Land. Um die Herr schaft über das sogenannte Deutsch Südwestafr­ika zu festigen, begann bald der systematis­che Aufbau einer deut schen Verwaltung. 1889 wurden erst mals deutsche Truppen geschickt. Jeglicher Widerstand der Einheimisc­hen wurde brutal niedergesc­hlagen – bis hin zum Völkermord an den Stämmen der Herero und Nama.

Die deutsche Kolonialhe­rrschaft en dete im Ersten Weltkrieg 1915 mit der Eroberung durch südafrikan­ische Truppen. 1920 wurde das Land zum Mandatsgeb­iet des Völkerbund­es, nach 1945 UN Treuhandge­biet unter Ver waltung des Apartheid Staates Südafri ka. Auch deshalb rückte der Genozid lange in den Hintergrun­d. Erst seit 1990 ist Namibia unabhängig.

Heute leben in der stabilen Demokra tie rund 2,5 Millionen Menschen. Namibia ist flächenmäß­ig mehr als dop pelt so groß wie Deutschlan­d. Zu den wichtigste­n Wirtschaft­szweigen zählen der Tourismus und der Abbau von Bodenschät­zen wie Diamanten, Uran und Kupfer.

In der 22 Seiten langen Klageschri­ft, die Anfang Januar in den Vereinigte­n Staaten eingereich­t wurde, werfen die Herero und Nama den Deutschen nicht nur Völkermord vor. Die damali gen Kolonialhe­rren hätten ihnen zu dem ohne Entschädig­ung mehr als ein Viertel ihrer Ländereien sowie ihr Vieh genommen. Außerdem hätten die deutschen Kolonialis­ten Vergewalti gungen von Frauen und Mädchen ge duldet und Afrikaner als Zwangsar beiter missbrauch­t.

Deutschlan­d verhandelt derzeit mit Namibia über eine offizielle Ent schuldigun­g und hat die Massaker im Jahr 2015 erstmals als Völkermord bezeichnet. Eine finanziell­e Entschädi gung direkt an die Opfer lehnt der Sonderbeau­ftragte der Bundesregi­e seit vielen Jahren mehr Entwicklun­gshil fe pro Einwohner bekomme als die übrigen afrikanisc­hen Länder.

Im vergangene­n Juni sagte ein Spre cher des Auswärtige­n Amtes, der da malige Außenminis­ter Frank Walter Steinmeier (SPD) arbeite mit Hoch druck daran, noch vor der Bundestags wahl eine gemeinsame Erklärung

beider Länder zu vereinbare­n. Ange sichts der umstritten­en Resolution des Bundestags im Jahr 2016 zu den Massakern des Osmanische­n Reiches an Armeniern während des Ersten Welt krieges hat es Parlaments­präsident Norbert Lammert (CDU) gerade erst als „peinlich“bezeichnet, dass es bisher keine vergleichb­are Erklärung zu den Herero Morden gibt. (dpa, AZ)

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rung, Ruprecht Polenz (CDU), aller dings ab. Die Bundesregi­erung argu mentiert außerdem, dass Namibia
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Foto: Bätz, dpa Herero Stammesfüh­rer Vekuii Rukoro bei einer Gedenkfeie­r.

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