Als es noch Musterungsbescheide gab
Das Theater Augsburg bringt Bov Bjergs Roman „Auerhaus“auf die Bühne. Darin nehmen vier junge Menschen das Publikum mit auf eine Zeitreise in die 1980er Jahre
Vera trägt eine Lederjacke mit Schulterpolstern, Höppner lässt seine Post vom Kreiswehrersatzamt (die Musterung) einfach liegen, Frieder stimmt immer wieder das Gebet vor dem Essen an: „Der Hunger treibt’s rein … der Geiz behält’s drin! Amen.“Die drei leben in den 1980er Jahren in der westdeutschen Provinz allein in einem Haus. Frieders Eltern haben die Unterkunft gestiftet, damit die beiden anderen auf ihren Sohn achten. Dieser war gerade wegen eines Selbstmordversuchs in der Psychiatrie.
Das Theater Augsburg hat Bov Bjergs Roman „Auerhaus“im Hoffmannkeller auf die Bühne gebracht. Die Zeitreise wird schon vor Vorstellungsbeginn mit Musik eingeläutet: mit Songs von Soft Cell, Dire Straits und Queen. Regisseurin Bibiana Picado Mendes und Dramaturgin Kathrin Mergel haben eine schlüssige, anderthalbstündige Büh- erarbeitet, wobei sie die Darsteller Kerstin König (Vera), David Dumas (Höppner), Thomas Prazak (Frieder) und Sebastian Arranz (Harry) durchweg ihre Rollen spielen und nie das Buch nacherzählen lassen.
Schauplatz ist das Auerhaus. Im Hintergrund läuft manchmal das Radio, oder die WG-Band greift selbst zu Mikrofon, Gitarre, Melodica und Schlagzeug. Getrunken wird Imiglykos, gegessen wird, was gerade geklaut werden konnte.
Es fühlt sich im Hoffmannkeller tatsächlich wie eine Zeitreise an, als die Heranwachsenden noch Musterungsbescheide bekamen und sich zwischen Bund, Berlin und dem Verweigern entscheiden mussten, als die RAF-Terroristen auf Plakaten gesucht waren und ein homosexuelles Outing ein Skandal auf dem Land war (wobei sich in diesem Punkt vielleicht gar nicht so viel geändert hat).
Das Ensemble spielt mit dem ge- botenen Humor und großer Leidenschaft. Nachdem sich anfangs alles wie ein großer Spaß anfühlt, werden auch die Misstöne des Lebens angestimmt. Bei den 90 kurzweiligen Minuten hat das Theater vor allem ein jugendliches Publikum im Vinenfassung sier. Diejenigen, die sich an ihre Jugend in den 80ern erinnern möchten, kommen auch auf ihre Kosten.
Karten gibt es noch für die Vorstellun gen am 20. Februar, Restkarten für die Vorstellung am 15. März