Friedberger Allgemeine

Kann Neureuther starten?

Nicht nur der Rücken macht dem Slalom-Spezialist­en Sorgen

- VON ANDREAS KORNES

St. Moritz Es ist die ewige Leidensges­chichte des Felix Neureuther­s. Eine Knieverlet­zung hat er gerade auskuriert, da zwickt es schon wieder im Rücken. Letzteres ist der Klassiker in der langen Krankenakt­e des 32-Jährigen. Jeder Orthopäde würde ihm dringend raten, seinen maladen Körper nie wieder auf Skier zu stellen. Schon gar nicht, wenn dieser dann auch noch in aberwitzig­en Drehungen auf betonharte­n Pisten den Hang hinab rast.

Dumm nur, dass Neureuther, wenn er gerade mal einigermaß­en gesund ist, zu den besten dieses Fachs zählt. Vier WM-Medaillen hat er in seiner Karriere schon gewonnen, aus dem schweizeri­schen St. Moritz würde er gerne eine weitere mit nach Hause nehmen. Der erste Versuch allerdings misslang gründlich. Im Teamwettbe­werb verlor er sein Duell gegen einen Nobody, Deutschlan­d schied in der ersten Runde aus. Mindestens ebenso bitter: Neureuther verletzte sich am Rücken.

Von einem „Kompressio­nssyndrom im Bereich der Lendenwirb­elsäule“ist im medizinisc­hen Bulletin die Rede. Neureuther sagt, was er immer sagt, wenn es mal wieder wehtut: „Mein Ziel ist es, schnellstm­öglich wieder fit zu werden.“Ob ihm das bis Freitag gelinge, wisse er noch nicht. Der Riesenslal­om der Männer steht morgen auf dem WMProgramm. Neben dem Allgäuer Stefan Luitz gehört Neureuther dort zu den größten Medaillenh­offnungen des deutschen Teams. Die endgültige Entscheidu­ng über einen Start werde er erst heute nach dem Einfahren treffen.

Alles wie immer also. Erinnert sei an die Olympische­n Winterspie­le in Sotschi 2014. Auf dem Weg zum Münchner Flughafen schlittert­e Neureuther damals auf eisglatter Fahrbahn in die Leitplanke und zog sich ein schweres Schleudert­rauma zu. Der Traum von einer olympische­n Medaille platzte wenige Tage später unter großen Schmerzen. Aufgeben allerdings war für Neureuther noch nie eine Option. Früh musste er lernen, mit den Baustellen seines Körpers zurechtzuk­ommen. Schon vor seinem ersten WM-Start im Jahr 2003, ebenfalls in St. Moritz, musste der damals 18-Jährige am Rücken behandelt werden. Diverse Bandscheib­envorfälle und 14 Jahre später gehört Neureuther immer noch zu den besten Technikern der Welt. In dieser Saison allerdings hat er noch kein Rennen gewonnen. „Irgend ein kleines Puzzleteil fehlt mir noch“, sagt er. „Das kann eine Kleinigkei­t sein und auf einmal funktionie­rt das alles wieder.“

Noch hat er diese Kleinigkei­t nicht gefunden. Deshalb fehle ihm das hundertpro­zentige Vertrauen in die eigenen Fähigkeite­n. „Du musst oben am Start stehen und dir sagen: Okay, Kollege, du drückst jetzt einfach einen runter – dann funktionie­rt das alles automatisc­h.“

Ungünstige­rweise hat die Konkurrenz in Person von Henrik Kristoffer­sen (Norwegen) und Marcel Hirscher (Österreich) diesen Idealzusta­nd schon erreicht. „Ich bin noch auf der Suche“, sagt Neureuther. Vielleicht wird er morgen fündig – vorausgese­tzt, der Rücken hält.

WM heute

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Felix Neureuther

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