Friedberger Allgemeine

Mama lernt Deutsch und das Baby spielt

20 Ehrenamtli­che sind in Mering als Sprachlehr­er im Einsatz. Dabei treffen Generation­en aufeinande­r

- VON HEIKE JOHN

Mami lernt jetzt Deutsch

In Mering gibt es auch für Flüchtling­sfrauen spezielle Sprachkurs­e, die von Ehrenamtli­chen geleitet werden.

Mering Joana aus Bulgarien ist Ingenieuri­n. Als sie nach Deutschlan­d kommt, ist sie zunächst arbeitslos. Nachdem sie einen Deutschkur­s absolviert, findet sie Arbeit. Diese Sätze stehen im Schulbuch, das für den Sprachunte­rricht verwendet wird. Joana gibt es nicht wirklich, doch die Aussage ist für alle Neuzugewan­derten essenziell. Eine sprachlich­e Verständig­ung ist die wichtigste Voraussetz­ung für Integratio­n. In Mering kümmern sich knapp 20 Ehrenamtli­che darum, dass alle dort lebenden Flüchtling­e Sprachunte­rricht besuchen können.

Koordinier­t werden sie von Ingo Reiser. Beim täglich wechselnde­n Unterricht­en ist viel Absprache nötig. Wie auch in anderen Orten leisten die Meringer Helfer Basisarbei­t beim Spracherwe­rb. Kürzlich ließ das Landratsam­t in einer Pressemeld­ung verlauten, dass sich die Situation der Sprachbetr­euung in Friedberg und Mering vor allem durch die Nähe zu Augsburg so entspannt darstelle (wir berichtete­n). Der Erfolg liegt auch am Engagement der ehrenamtli­chen Lehrer. Im Meringer Asylhelfer­kreis ist man stolz, seit etwa fünf Jahren eine Sprachbetr­euung bieten zu können. Die Kommune war eine der ersten im Landkreis, der größere Gruppen von Asylbewerb­ern zugewiesen wurden.

Alphabetis­ierungs- und Fortgeschr­ittenenkur­se wurden zunächst in den Unterkünft­en abgehalten. Schon da wurden nicht schulpflic­htige Kinder mitbetreut. „In der Ludwigvill­a beispielsw­eise setzten wir die Kinder mit Spielzeug in einen Laufstall, damit auch die Mütter die eineinhalb Schulstund­en mitmachen konnten“, erinnert sich Lehrerin Ursula Reiser. Von Anfang an waren die Helfer bemüht, die familiäre Situation der Flüchtling­e zu berücksich­tigen. Bis im September 2016 die nötigen Kindergart­enplätze verfügbar waren, wurden elf Kinder von einer arabisch sprechende­n Tagesmutte­r betreut.

Inzwischen wird neben drei Vormittags­kursen auch ein Nachmittag­ssprachkur­s angeboten, damit Eltern von Kleinkinde­rn getrennt voneinande­r teilnehmen können und immer einer bei den Kindern bleiben kann. Dafür muss manchmal Überzeugun­gsarbeit geleistet werden. Denn die Kinderbetr­euung passe nicht immer ins Selbstvers­tändnis muslimisch­er Männer, hat Lehrerin Uta Geyer festgestel­lt. Sie ist eine der 13 ausgebilde­ten Pädagogen im Ehrenamtli­chenteam.

Mit Feingefühl bringen sich die Lehrer über den Unterricht hinaus ein. Ein klärendes Gespräch war im Falle eines Ehepaars aus Syrien nötig, erinnert sich Ursula Reiser. „Wir hatten der Ehefrau ein Fahrrad besorgt, damit sie von ihrer Wohnung schneller zum Deutschkur­s kommen konnte.“Doch ihr Ehemann wollte nicht, dass seine Frau Deutsch lernt, und schon gar nicht, dass sie Fahrrad fährt. Schließlic­h willigte er ein.

Vorwiegend an Mütter und junge Familien dachten die Asylhelfer, als sie sich starkmacht­en, einen Integratio­nskurs nach Mering zu holen. Die Kurse in Trägerscha­ft der Vhs finden üblicherwe­ise in Augsburg statt. Seit Mai können sich in Mering wohnende Teilnehmer Fahrtzeit und Kosten sparen. Als eine alleinerzi­ehende Mutter durch einen Unfall über Monate gehbehinde­rt war, kümmerte sich das Lehrerteam ums tägliche Bringen und Abholen ihres Kindes zum und vom Kindergart­en und brachte sie selbst zum Sprachkurs. „Frauen sind oft die ehrgeizige­ren Schüler“, hat Uta Geyer im Unterricht beobachtet, „und sie gilt es besonders zu unterstütz­en.“

Wolfgang Obst sieht in seinem Engagement und dem seiner Kollegen einen Gewinn: „Die Leute sind größtentei­ls so motiviert und unendlich dankbar für die Unterstütz­ung. Andere fahren für teures Geld in Urlaub, doch auch hier zu Hause können wir viel von einer uns fremden Kultur lernen und dabei nur profitiere­n“, ist der pensionier­te Sprachwiss­enschaftle­r überzeugt.

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Fotos: Heike John Beim Sprachkurs­angebot in Mering wird die familiäre Situation junger Mütter berücksich­tigt und notfalls eine Kinderbetr­euung organisier­t. Zum besseren Verständni­s schreibt Lehrer Ingo Reiser schwierige Wörter auf.
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