Abiturnoten Termin: Noch eine Petition
Auf den erfolgreichen Vorstoß der Schüler reagieren jetzt die Lehrer. Und einer spricht Klartext
Region Wenn Stefan Mandl von seinem Beruf erzählt, kommt er ins Schwärmen. Er erzählt von höflichen und netten Schülern. Davon, wie schön es ist, „wenn es in einem Kinderkopf rattert“. Welche Herausforderung es ist, jungen Leuten die faszinierende Welt der Biologie und Chemie beizubringen. Stefan Mandl ist Lehrer aus Leidenschaft: „Es ist der schönste Beruf der Welt.“Und trotzdem oder gerade deshalb ist er sauer – aufs Kultusministerium. Mandl spricht von „katastrophalen Fehlentscheidungen“und „unsinnigen Weichenstellungen“: „Es ist einfach nicht mehr hinnehmbar, immer und immer wieder dasselbe Spielchen der Politik und des Ministeriumsbetriebes duldsam ertragen zu müssen.“Warum reicht es dem 34-Jährigen endgültig? Die Abinoten werden zwei Wochen früher bekannt gegeben. Lehrer habe man vor dieser Ent- scheidung keine gefragt. Dass die Schüler nun zwei Wochen länger Zeit haben, sich für Nachprüfungen zu rüsten, heißt auch: Die Lehrer haben zwei Wochen weniger Zeit zum Korrigieren. Besonders die Deutschlehrer seien betroffen, erklärt Mandl: Sie müssen in drei Wochen und zwei Tagen etwa 300 Seiten korrigieren. Gleichzeitig geht der Unterricht in den anderen Stufen weiter, es finden Colloquien und der Probeunterricht für die Grundschüler statt.
Überhaupt verkomme das Gymnasium immer mehr zur Gesamtschule. Viele könnten sich nur durch die zwei Oberstufenjahre retten, weil sie sich „durchgequatscht“und so gute mündliche Noten bekommen hätten. Die schriftlichen Leistungen seien oft unterirdisch. Folge: Die Schüler fallen durchs schriftliche Abi und wollen sich durch die Nachprüfung retten. Diese entwickle sich so zu einer regulären dritten mündlichen Prüfung.
der am Gymnasium in Planegg bei München unterrichtet, kennt viele Kollegen, die ähnlich frustriert sind. Sie versuchen es nun auf dem gleichen Weg wie die Schüler: mit einer Online-Petition. Bis gestern Abend hatten diese gut 7000 Menschen unterzeichnet. Sie fordern, dass die Notenbekanntgabe wieder vom 2. auf den 19. Juni zurück verschoben wird. Ihre Begründung: Eine faire Korrektur braucht Zeit. Aussicht auf Erfolg gibt es kaum: Das Datum ist festgesetzt, teilt das Kultusministerium auf Anfrage mit. Die Entscheidung habe man aus pädagogischen Gründen getroffen, „nicht aufgrund einer hohen Zustimmung zu der Online-Petition“.
Gestartet hatte diese Petition für den früheren Termin Florian Bigelmaier aus Emersacker (wir berichteten). Die Resonanz hat ihn selbst überrascht: Mehr als 25000 Unterzeichner sind es mittlerweile. Der 18-Jährige hat zahlreiche Interviews gegeben und viele positive Rückmeldungen bekommen, erzählt er. In einer Dank-Mail an die Unterstützer schreibt er: „Nicht nur von Parlamenten lebt eine Demokratie, sondern auch vom Austausch untereinander – Petitionen, aber auch daraus resultierende Diskussionen sind dabei eine große Chance für den einfachen Bürger ohne politisches Amt. In solchen Zeiten bemerkt man erst, wie wichtig tatsächlich Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind.“Darauf weist auch Lehrer Mandl hin. „Auch wenn ich Beamter bin und nicht streiken darf: Als Privatmann darf ich an der DemoMandl, kratie teilhaben.“Deshalb will er nun nicht mehr schweigen, Missstände benennen, Abgeordnete und Verbände anschreiben. Er plant auch schon eine Demonstration.
Es ist nicht nur die Notenbekanntgabe-Diskussion, die ihn stört. Er kann zig andere Beispiele nennen. Zum Beispiel das Hin und Her um G8 oder G9. Oder die bayernweiten Vergleichstests, die die Schüler vor einiger Zeit schreiben mussten. Zunächst hieß es, die Note fließe ins Zeugnis ein. „Die Lehrer haben korrigiert ohne Ende. Dann waren dem Ministerium die Noten zu schlecht und es hieß, der Test wird doch nicht gezählt.“Die Korrekturarbeit sei also umsonst gewesen. Immer wieder würden so die Spielregeln im laufenden Betrieb geändert. Das ärgert Mandl: „Der Fifa-Chef kann doch auch nicht während eines Fußballspiels entscheiden, dass noch 15 Minuten länger gespielt wird – nur weil ihm das Ergebnis nicht gefällt.“»Kommentar