Friedberger Allgemeine

Ein kurzes Innehalten im Konfettire­gen

Der Augsburger Dominik Scherer hat mit seiner Band „Osca“bei der Eröffnung der Berlinale gespielt. Warum er während des Konzerts an seinen Mentor gedacht hat und warum sich das Multitalen­t nicht auf ein Projekt versteifen will

- VON ADRIAN BAUER

Mit Stillstand hat es Dominik Scherer nicht so. Seine Leidenscha­ft für Musik umgibt ihn den ganzen Tag und treibt ihn vorwärts. In seinem Studio in Leitershof­en produziert er Songs, unterricht­et Kinder in seiner Musikschul­e und macht selbst Musik. Sein „Baby“unter den vielen Projekten hat ihm einen besonderen Karrieremo­ment eingebrach­t: Mit seiner Band „Osca“spielte Scherer bei der Eröffnung der Berlinale.

„Genieße den Moment, wenn Du etwas Großes erlebst“– den Ratschlag seines Mentors Dirk Erchinger hat sich Dominik Scherer an dem Abend beherzigt. „Als ich während des Konzerts von meinen Drums aufgeschau­t habe, ging gerade Mario Adorf über den roten Teppich. Dieser Moment wird mir lange bleiben“, sagt Scherer. Die dreiköpfig­e Band spielte in einem Glaskasten über dem Defilee der Stars. Auf der selben Bühne auf der am nächsten Tag die Weltstars von „Mando Diao“standen.

Viel Zeit zum Schwelgen blieb Scherer nicht: Denn die Auftritte von „Osca“sind weniger Konzert, sondern als Show ein Gesamtkuns­twerk. Konfetti und Glitter fliegt über die Bühne, die mit japanische­n Papierblum­en und Lampions geschmückt ist, die Band ist viel in Bewegung. Bei einem Lied klettert Sängerin Yuka Otsuki auf die Schultern von Dominik Scherer, und sie singen zweistöcki­g zweistimmi­g. Die Show haben sie mit einem Theatercoa­ch von der Deutschen Oper erarbeitet. „Wir wollen die Zuschauer in unsere eigene Welt, Osca-Land, entführen. Das hat auf der Berlinale super geklappt, weil das Publikum sehr aufmerksam war“, sagt Scherer. „Hyperpop“nennt die Band ihre Musik, beeinfluss­t durch Jazz, den Chansons der Berliner 20er Jahre und Spielarten der Popmusik.

Diese Vielseitig­keit spiegelt sich in Scherers musikalisc­hem Werdegang wieder. Als Sohn der Königsbrun­ner Musiker-Familie Scherer hatte er jede Menge Gelegenhei­t, sich auszuprobi­eren: „Wir hatten fast jedes Instrument zu Hause. Bei mir ist es mit Schlagzeug ausgerechn­et eines geworden, das wir nicht hatten“, sagt Scherer. In Berlin hat er Schlagzeug und Trompete studiert, dort traf er seine Bandkolleg­en Yuka Otsuki und Matthias Erhard. Klavier, Gitarre, Bass und Gesang hat er im Repertoire. „Das haben unsere Eltern gut hingekrieg­t, ich hatte trotz der vielen Arbeit immer Lust auf Musik.“Diese Lust geht ihm auch jetzt nicht aus – weder auf den stundenlan­gen Zugfahrten zu den Bandkolleg­en nach Berlin, noch bei den eigenen Trainingss­tunden und bei sieben Tagen Arbeit pro Woche.

Auftritte wie der bei der Berlinale geben neuen Treibstoff, sich weiterzuen­twickeln. Sich auf ein Projekt zu konzentrie­ren, kam für Scherer nie infrage. In seiner Musikschul­e, die er mit Bruder Valentin betreibt, unterricht­et er drei Tage pro Woche, nebenbei produziert er Alben für andere Künstler wie Sarah Straub, steht im Augsburger Theater beim Stück „If Dogs run free“auf der Bühne und spielt pro Jahr 80 bis 100 Konzerte mit „Osca“.

Alles unter einen Hut zu bringen, erfordert viel Organisati­onstalent, doch das ist es ihm wert: „Das alles bringt Inspiratio­n, eines befruchtet das andere. Als Musiker kann man keinen festgefahr­enen Alltag haben, sondern muss immer am Puls der Zeit bleiben“, sagt er. So funktionie­rt auch die Band: Alle haben eine klassische Ausbildung, kommen aber aus anderen Spielarten des Pops, einer inspiriert den anderen.

Abschottun­g kommt nur infrage, wenn es sich am Ende lohnt. Das aktuelle Album von „Osca“ist in einer spanischen Einöde entstanden, wo sich die Band zwei Wochen lang von der Welt löste, um den Kopf für die Musik frei zu haben. „Wir haben Mittel aus der Kulturförd­erung bekommen und dafür verwendet. Nach zwei Wochen war das Album fertig“, sagt Scherer. Gearbeitet wurde im vollen Bühnenoutf­it, um Osca-Land nahe zu sein. Das funktionie­rt nur mit voller Intensität.

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Foto: Paul Green Beim Hyperpop von „Osca“fliegt das Konfetti. Dominik Scherer und Yuka Otsuki sin gen zweistöcki­g zweistimmi­g.

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