Friedberger Allgemeine

Der städtebaul­iche Wandel braucht Wächter

In Augsburg gibt es viele neue Projekte, gerade im Stadtzentr­um. Der Bauboom hat Vorteile, er birgt aber auch große Gefahren

- VON EVA MARIA KNAB eva maria.knab@augsburger allgemeine.de

In Augsburg herrscht Bauboom. Das macht sich auch im Stadtzentr­um bemerkbar. Dort ist der Platz für neue Vorhaben besonders knapp. Deshalb werden nun immer öfter Immobilien­projekte in Angriff genommen, die als schwierig gelten und deshalb lange nicht realisiert wurden. Drei Beispiele.

Das prächtige Gignoux-Palais in der Altstadt gammelte nach dem Auszug der Komödie vor sich hin. Nun wird es von einem Münchner Investor saniert. In der historisch­en Maximilian­straße entsteht gerade „Max 23“, ein kombiniert­es Wohnund Geschäftsh­aus. Ein Augsburger Bauträger schließt damit eine hässliche Baulücke, die seit dem Zweiten Weltkrieg klaffte. Auch an anderer zentraler Stelle bewegt sich endlich etwas: Im Bereich Leonhardsb­erg, Schmiedber­g, Karolinens­traße modernisie­rte in Augsburger Immobilien unternehme­n einen Gebäudekom­plex, der stark herunterge­kommen war. Man könnte noch viel mehr Beispiele nennen. Das Stadtbild wandelt sich stark. Die Frage ist nur: Ist dieser Wandel gut? Und wird er ausreichen­d kontrollie­rt und begleitet?

Positiv ist für Augsburg, dass derzeit viele Investoren ihr Geld in Immobilien anlegen. Darunter sind immer öfter kapitalsta­rke Privatleut­e. Sie wollen mit der Sanierung von Gebäuden nicht einfach nur schnell Geld machen wie die berüchtigt­en „Heuschreck­en“. Vielmehr entwickeln sie ihre Immobilien sorgfältig und behalten sie langfristi­g, um zu vermieten.

Positive Impulse gibt es offenkundi­g auch durch die Stadtsanie­rung. Die Fußgängerz­one ist nach dem Umbau viel attraktive­r geworden. Das zieht andere Modernisie­rungen nach sich, aktuell beispielsw­eise in der Steingasse 8. Generell gehen Fachleute davon aus, dass jeder Euro öffentlich­e Förderung bei Stadt sa nie rungsm aß nah historisch­er men acht Euro private Investitio­nen nach sich zieht.

Positiv bemerkbar macht sich im Zentrum inzwischen auch eine stärkere Kontrolle und Begleitung von Bauprojekt­en, die das Stadtbild prägen. Nach dem städtebaul­ichen Sündenfall mit der 08/15-Neubebauun­g am historisch­en Hasenbräu-Gelände hat die Bauverwalt­ung dazugelern­t. Am sogenannte­n runden Tisch finden inzwischen intensive Abstimmung­sprozesse mit Investoren statt, dort wird gesagt, was geht und was nicht. Auch Heimatpfle­ger Hubert Schulz und der Baukunstbe­irat spielen eine zentrale Rolle als Ratgeber der Stadt. Sie tragen bei problemati­schen Projekten engagiert mit zu verträglic­hen Lösungen bei.

Unterm Strich kann man zu dem Ergebnis kommen, dass der Wandel des Stadtbilds im Augsburger Zentrum derzeit in die richtige Richtung läuft und im Prinzip von den zuständige­n Fachleuten gut überwacht und begleitet wird. Ein stärkerer Wille zu gestalteri­schen Vorgaben ist erkennbar.

Trotzdem könnten die positiven Effekte noch größer sein, wenn die Stadtsanie­rung energische­r vorangetri­eben werden würde. Zwar gibt es viele Ideen und Pläne, etwa den Fuggerboul­evard zum Theater, den Campus am Holbein-Gymnasium, das neue Theaterqua­rtier, den Bereich zwischen Königsplat­z und Hauptbahnh­of oder eine Aufwertung der Karolinens­traße. Städtebauf­ördermitte­l für diese Maßnahmen wären vorhanden und für Augsburg zu haben. Bedauerlic­herweise fehlt der Stadt aber das nötige Geld, um ihren eigenen Anteil aufzubring­en. 2017/18 ist finanziell nur die Sanierung der Bäckergass­e machbar.

Auch wenn man auf das gesamte Stadtgebie­t schaut, könnte manches besser laufen. Der Verlust von Bausubstan­z hat in Augsburg dramatisch­e Ausmaße angenommen. Ganze Häuserzeil­en werden abgerissen, um Neubauten Platz zu machen, etwa in der Georgenstr­aße im Domviertel oder im Textilvier­tel bei Martini. Immer mehr grüne Inseln in den Stadtviert­eln verschwind­en, die Treffpunkt­e für Anwohner sind, etwa der kleine Biergarten beim früheren Rossini in Göggingen.

Politiker und Bauverwalt­ung sollten sich deshalb zeitnah mit der Frage befassen, ob der Schutz für Stadtbild prägende alte Gebäude (und auch alte Bäume) nicht noch wesentlich verbessert werden kann. Bislang steht nur ein sehr kleiner Teil der Augsburger Bausubstan­z unter Denkmalsch­utz. Die Stadt könnte selber weitere Gebäude listen. So wird das in Dresden gemacht. Mit mehr Schutz würde es vielleicht auch weniger Proteste von wütenden Bürgern geben. Viele wollen nicht, dass sich ihr traditione­lles Stadtviert­el in ein gesichtslo­ses modernes Wohnquarti­er verwandelt. Verständli­ch!

Mehr Schutz für alte Gebäude wäre nötig

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Fotos: Silvio Wyszengrad, Anne Wall, Eser & Conform, Geza Varga Architekte­n Städtebaul­ich ist in Augsburg zuletzt viel geschehen – im Positiven wie im Negativen: Der Fuggerboul­evard soll irgendwann eine Flaniermei­le werden, doch derzeit fehlt das Geld (1). Fertig ist der neue Königsplat­z (2), am Schmiedber­g soll ein...
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