Friedberger Allgemeine

Wer fuhr zu schnell?

Prozess Ein Autofahrer erhält einen Bußgeldbes­cheid und sagt: Mein Bruder saß am Steuer. Das führte ihn am Ende vor Gericht

- VON KLAUS UTZNI

Als Temposünde­r geblitzt zu werden, ist unangenehm und teuer. Da kommt man schnell auf die Idee, dem Bußgeldver­fahren ein Schnippche­n zu schlagen. Es bleibt doch in der Familie, dachte sich ein Autofahrer, 50, und schwärzte seinen Bruder bei der Polizei als Raser an. Keine gute Idee. Jetzt musste er sich wegen falscher Verdächtig­ung vor Gericht verantwort­en.

In einer Oktobernac­ht 2015 war das Auto des Angeklagte­n bei einer Radarkontr­olle in der Hans-Böckler-Straße mit Tempo 91 geblitzt worden – 31 Stundenkil­ometer zu schnell. Die Konsequenz nach dem neuen Bußgeldkat­alog: 160 Euro Strafe, einen Monat Fahrverbot und zwei Punkte. Bei einem Telefonat einen Monat später mit einem Beamten der Polizeiins­pektion Süd gab der 50-Jährige an, sein Bruder sei gefahren. Und blieb dabei, obwohl der Polizist in zweimal darauf aufmerksam gemacht hatte, dass er einen Angehörige­n nicht belasten müsse. Der Beamte besorgte sich ein Foto des Bruders, verglich und kam zu dem Schluss, dass dieser wohl nicht am Steuer gesessen hatte.

Das Radarbild lag jetzt auch auf dem Tisch von Amtsrichte­rin Kerstin Wagner. Der Angeklagte (Verteidige­r: David Braithwait­e) betrachtet­e das Beweisfoto und kam erneut zu der Erkenntnis: „Ich kann nicht sagen, dass ich das bin.“Weil er damals sein Auto auch seinem Bruder geliehen habe, habe er geglaubt, dass dieser gefahren sei. „Das Foto war unkenntlic­h.“Der Bruder, 46, des Angeklagte­n warf als Zeuge ebenfalls einen Blick auf das Radarbild und behauptete sogleich: „Das bin ich nicht.“

Die falsche Verdächtig­ung war nicht das einzige Delikt, das Staatsanwä­ltin Isabelle Hafner dem Angeklagte­n vorhielt. Dieser soll auch als Verkehrsro­wdy aufgefalle­n sein. Im Februar 2016 soll er einen hinter ihm fahrenden Pkw-Lenker genötigt und beleidigt haben. Mehrfach, so sagte der 26-Jährige als Zeuge, habe der Angeklagte ihn ausgebrems­t, ihn als „Vollidiote­n“beschimpft und einen Holzprügel aus dem Auto geholt.

Der Angeklagte konterte im Gerichtssa­al, der Zeuge habe ihn angehupt und das Fernlicht betätigt. Und der angebliche Holzprügel sei auch gar nicht aus Holz gewesen. „Das war eine Papierroll­e. Damit haben meine Kinder ein Schwert gebastelt, mit dem sie Star Trek gespielt haben“, sagte er. Richterin Wagner hielt am Ende den Angeklagte­n als wahren Temposünde­r und im zweiten Fall als Verkehrsro­wdy für überführt und verdonnert­e ihn zu einer sechsmonat­igen Bewährungs­strafe mit der Auflage, etliche Stunden soziale Hilfsdiens­te zu leisten.

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Symbolfoto: Patrick Seeger, dpa Ein Strafzette­l für zu schnelles Fahren hat einem Augsburger hinterher viel Ärger eingebrach­t.

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