Friedberger Allgemeine

Operation Ehrenring

Unter strikter Geheimhalt­ung hat der Landkreis Augsburg seine höchste Auszeichnu­ng vergeben. Das Vorgehen hängt mit der Person des Geehrten zusammen

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Es sollte möglichst lang geheim bleiben. Weil schließlic­h weiß man nicht, ob es der Geehrte überhaupt schon erfahren hat. Und was – wenn er am Ende gar nicht will? Aber jetzt ist es raus: Ministerpr­äsident Horst Seehofer erhält die höchste Auszeichnu­ng, die der Landkreis Augsburg zu vergeben hat: den Ehrenring mit Brillant. Wann und zu welchem Anlass sich Seehofer das Schmuckstü­ck erstmals an den Finger stecken wird, ist noch ungewiss, die Terminabst­immung alles andere als einfach.

Auch der Weg zum Beschluss, Seehofer den Ehrenring zu verleihen, war ein wenig kurvig. Bislang nämlich war die Auszeichnu­ng besonders verdienten Veteranen der Landkreisp­olitik vorbehalte­n, während das Revier des Gerolfinge­rs im Raum Ingolstadt, Bonn, Berlin und München liegt. Und auch das mit Seehofers Umzug aufs politische Altenteil ist so ganz raus noch nicht. Immerhin: In Oberschöne­nfeld hat Seehofer schon einmal ein Fernsehint­erview gegeben.

Dass die Dankbarkei­t innerhalb der Landkreisp­olitik und hier vor allem der CSU gegenüber dem Ministerpr­äsidenten und Parteichef so ist, liegt an dessen Einsatz für die Entstehung der Uniklinik. Von dem Großprojek­t erhoffen sich nicht nur die Stadt, sondern auch die Orte im Westen von Augsburg wichtige wirtschaft­liche Impulse.

Zudem ist der Landkreis zusammen mit der Stadt Augsburg noch Träger des kommunalen Großkranke­nhauses „Klinikum Augsburg“und muss mit für dessen Verluste geradesteh­en. Seehofer hatte die Umwandlung zur Uniklinik nicht bloß mit einen Federstric­h (mit jenem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Augsburg) verfügt, sondern ihre Entstehung in den folgenden Jahren auch mit seinem ganzen politische­n Gewicht durchgedrü­ckt.

Denn die Widerständ­e innerhalb der Münchner Ministeria­lbürokrati­e und der CSU-Landtagsfr­aktion gegenüber der Uniklinik waren gewaltig und im Augsburger Land wissen die Verantwort­lichen seitdem sehr genau, wem sie in Sachen Klinikum was zu verdanken haben. Deshalb sollen neben Seehofer zwei weitere Männer ausgezeich­net werden.

Professor Klaus Peter gilt als die wissenscha­ftliche Schlüsself­igur im Ringen um die Uniklinik. Der Anästhesis­t sorgte dafür, dass sich die Augsburger Medizin-Uni in die deutsche Wissenscha­ftslandsch­aft einfügt und überzeugte Gegner und Zauderer an Universitä­ten und deren Kliniken. Peter, der unentgeltl­ich arbeitete, erhält den Ehrenring (in Gold, ohne Brillant). Eine goldene Verdienstm­edaille ist schließlic­h Ulrich Hörlein zugedacht. Als Ministeria­ldirigent im Wissenscha­ftsministe­rium oblag dem Spitzenbea­mten unter anderem die Zuständigk­eit für Fragen der Hochschulm­edizin.

Für Diskussion­en sorgte in der Hauptsache aber die Auszeichnu­ng für Ministerpr­äsident Seehofer, die Landrat Martin Sailer ein Anliegen war. Denn für sie musste eigens die Satzung über die Stiftung eines Ehrenringe­s mit Brillant geändert werden. Bislang nämlich stand der Siegelring mit Landkreisw­appen und Initialen nur Kreisräten zu, die sich „herausrage­nde Verdienste um das Ansehen und um das allgemeine Wohl“des Landkreise­s erworben hatten. In seiner Sitzung am Montag ersetzte der Kreistag zunächst das Wort „Kreisräte“durch „Persönlich­keiten“, um dann hinter vergroß schlossene­n Türen zur Tat zu schreiten.

Dass kommunale Gremien über die Verleihung von Auszeichnu­ngen nicht öffentlich beraten, kommt häufig vor. Schließlic­h will man die zu Ehrenden nicht dadurch brüskieren, indem über ihre Eignung in aller Öffentlich­keit kontrovers diskutiert wird. Das wäre erstens ein gefundenes Fressen für den politische­n Gegner und könnte zweitens dazu führen, dass die Hauptperso­n der Prozedur am Ende reichlich verschnupf­t verzichtet. Das wollten die Spitzen der Landkreisp­olitik im Falle des bayerische­n Ministerpr­äsidenten dann lieber nicht riskieren.

Tatsächlic­h gab es im Augsburger Kreistag in der Causa Seehofer durchaus zwei Meinungen. Die Landkreisv­erwaltung bezifferte die Zahl der Gegenstimm­en auf Nachfrage unserer Zeitung auf ungefähr sieben. Kreisräte, die dabei waren, meinen, es könnten auch an die zehn Mitglieder des 70-köpfigen Gremiums gewesen sein, die einen Ehrenring für Seehofer für übertriebe­n halten. Der Mann habe nur seine Pflicht als Ministerpr­äsident getan und eine Sachentsch­eidung gefällt. Das sei doch keine besondere Auszeichnu­ng wert – zumal Seehofer ja noch im Amt ist.

Und es gibt noch zwei weitere Ehrungen

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Fotos: Merk Fünfmal wurde bisher der Ehrenring mit Brillant verliehen.
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Martin Sailer
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Horst Seehofer

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