Eine Woche mit großen Begegnungen
Auch in den Künsten finden sich Menschen, die ihre Arbeit eher als Beruf denn als Berufung begreifen. Nicht jeder Regisseur zum Beispiel, der ein Stück angeboten bekommt, sagt „Nein“, auch wenn er weiß, dass er nichts damit anfangen kann. Es geht ja immer auch ums Geld. Bei einem Probenbesuch der Inszenierung von Bertolt Brechts „Die Maßnahme“, mit der das Brechtfestival in einer Woche eröffnet wird, bei diesem Probenbesuch hingegen war ein Regisseur zu erleben, der entflammt ist von seinem Thema. Für Selcuk Cara hat die Begegnung mit Bertolt Brecht existenzielle Züge angenommen, weil dieser Brecht den Blick auf Caras Leben verändert. „Hätte ich ihn früher so intensiv gelesen, hätte ich mir einige Erfahrungen sparen können“, hat Cara gesagt.
Man spürt in solchen Augenblicken, welche Wucht und Kraft Begegnungen zwischen Künstlern – hier zwischen Bertolt Brecht und dem Opernsänger, Filmemacher, Autor und Regisseur Selcuk Cara – haben können. Und man ahnt gleichzeitig, welche Offenheit solche Begegnungen erfordern. Sich als Mensch von einem anderen Menschen im Denken, im Wahrnehmen, am Ende auch im Tun so umkrempeln zu lassen, erfordert Mut, erfordert die Entschlossenheit, lieb gewonnene Gedanken und Gewohnheiten aufzugeben.
Ein Maximum an Entschiedenheit bei einer Begegnung brachte der französische Schriftsteller Charles Baudelaire auf. Der war in den 1850er Jahren geradezu besessen von dem amerikanischen Schriftsteller Edgar Allen Poe. Für Baudelaire war Poe eine künstlerische Rettung, der Amerikaner machte Schluss mit der Romantik und dem Fortschrittsglauben der Menschen. Und jetzt wird dieser beispiellosen Begegnung von Poe und Baudelaire von Augsburg aus ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Der Schriftsteller und Übersetzer Andreas Nohl hat den ersten Band von Baudelaires PoeAusgabe übersetzt. Das Buch erscheint Mitte März.
Und da sei jetzt noch einmal an dieses wunderbare Zitat von Franz Kafka erinnert: „Ich glaube, man sollte überhaupt nur solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? Damit es uns glücklich macht? … Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück, das uns sehr schmerzt“. ***