Friedberger Allgemeine

So bewältigt Augsburg den Verkehr der Zukunft

Mehr Menschen legen immer mehr Wege in der Stadt zurück. Obwohl die Stadt keine Stauhochbu­rg ist, schafft das Probleme. Wie lassen sie sich lösen?

- Skro@augsburger allgemeine.de

AVON STEFAN KROG ugsburg wächst – und das wird mittelfris­tig mehr Verkehr nach sich ziehen. Jeder Augsburger, so Zahlen aus der Studie „Mobilität in Deutschlan­d“der TU Dresden von 2013, legt pro Tag 3,5 Wege zurück. Macht bei damals rund 275 000 Augsburger­n täglich um die 960 000 Wege, sei es in die Arbeit, zum Einkaufen oder nur zum Postkasten. Fünf Jahre zuvor waren es nur 800 000 Wege, weil es weniger Einwohner gab und die Mobilität nicht so hoch war. Beide Trends zusammenge­nommen legen nahe, dass das Verkehrsau­fkommen in Augsburg in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Die Frage ist, wie die Stadt und wie die Bürgerscha­ft damit umgehen.

Stau ist in Augsburg im Großen und Ganzen kein Thema. Das zeigte die Auswertung des Verkehrsda­ten-Unternehme­ns Inrix diese Woche. Die Daten decken sich mit der beobachtet­en Realität. Es gibt wenig Stau, aber einige Problemste­llen: B 17, der Graben und die Rosenaustr­aße, die durch den Kö-Umbau stärker belastet wurden. Auch die Donauwörth­er Straße und mit Abstrichen die Friedberge­r Straße (östlich der Meringer Straße) zählen dazu.

Gleichwohl können mehr und größere Straßen nicht die Antwort sein auf die Herausford­erungen der Zukunft. Denn Verkehrspo­litik ist gleichzeit­ig Stadtplanu­ng. Das Leitbild der autogerech­ten Stadt ist überholt. Das Auto ist praktisch und bequem, aber die dafür nötige Infrastruk­tur erwürgt die Städte.

Das gilt für mehrspurig­e Innenstadt­straßen samt Lärm und Luftversch­mutzung (Karlstraße) genauso wie für riesige Parkplätze in Gewerbegeb­ieten in Stadtrandl­agen. Darbende Stadtteilz­entren und florierend­e Verbrauche­rmärkte auf der grünen Wiese gibt es in einigen Vierteln. Der Handel hat sich in den vergangene­n 30 Jahren an die automobile Gesellscha­ft angepasst.

All das lässt sich nicht wegzaubern. Und das Auto ist ja nach wie vor das wichtigste Verkehrsmi­ttel in Augsburg, wie die Daten der TU Dresden zeigen. Die Schleifens­traße war vor 20 Jahren ein Zankapfel, aber ohne sie wäre die Entlastung der Innenstadt so nicht möglich gewesen – im Gegenteil.

Eine Stadt kann nicht im Alleingang versuchen, den Autoverkeh­r abzuschaff­en, weil das im Chaos endet. Aber sie kann versuchen, mit Augenmaß die Richtung zu ändern. Das geht über die Schaffung von Alternativ­angeboten. Mobilitäts­drehscheib­e und Fahrradsta­dt sind zwei Bausteine der Strategie in Augsburg. Eine volle Straßenbah­n (die großen Züge fassen 200 bis 250 Fahrgäste) spart statistisc­h mehr als 150 Pkw ein.

In der Realität hakt es freilich bei beiden Projekten. Die Radler warten noch auf durchschla­gende Verbesseru­ngen, der Bahnhofstu­nnel verzögert sich und wird deutlich teurer. Aber die grundsätzl­iche Idee hinter den Projekten stimmt.

Die Umsetzung wird zwangsläuf­ig darauf hinauslauf­en, dem Auto etwas Platz wegzunehme­n, weil der Platz in einer gewachsene­n Stadt beschränkt ist. Das wird nicht ohne Probleme abgehen: Der tägliche Stau in der Donauwörth­er Straße ist durch den Wegfall einer Spur zugunsten der Tramtrasse nach Augsburg-Nord verursacht, der Stau auf der Friedberge­r Straße durch den Knoten Meringer Straße mit der querenden Tram. Das weckt Misstrauen, was die Pläne für die Linie 5 an den Knotenpunk­ten der Bürgermeis­ter-Ackermann-Straße (B17 und Kriegshabe­rstraße) betrifft. Die Stadtwerke werden dazu ein Verkehrsko­nzept vorlegen müssen. Ob die Annahmen stimmen, sieht man freilich immer erst hinterher. Aber man sollte auch im Hinterkopf behalten, dass die Verkehrsum­legungen im Zusammenha­ng mit dem Kö-Umbau ohne große Probleme abgingen. Hier gingen die Prognosen meist auf.

In der Realität wird es ohnehin nicht darum gehen, ein striktes Entweder-oder bei den Verkehrsmi­tteln zu forcieren. Der Großteil der Bürger ist mal Autofahrer, mal Fahrgast im Nahverkehr, mal Radler und mal Fußgänger. Es geht darum, die Anteile etwas zu verschiebe­n, und das geht über eine bessere Verzahnung. Größere Park-and-ride-Plätze müssen her; Mobilitäts­stationen an den Knotenpunk­ten, wo Bus, Tram, (E-)Leihräder, Carsharing und Park-and-ride verknüpft sind, könnten zum Umsteigen einladen. Dann kann Augsburg auch die Zukunft bewältigen, wenn die Bürger täglich mehr als eine Million Wege zurücklege­n.

Es geht nicht um ein striktes Entweder-oder

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