Eine selbstbewusste Frau prägt Martin Luther
In der Bücherei erzählt Manfred Kosch über Katharina von Bora. Warum ihr Mann sie zunächst nicht heiraten wollte
Kissing In der Kissinger Bücherei hat Manfred Kosch die Besucher in das 16. Jahrhundert entführt, als die Frau des Reformators Martin Luther lebte. Kosch arbeitet sonst im Informations- und Präsentationspavillon in Königsbrunn studierte früher Geschichte und Theologie. In Kissing ist er bekannt. Bereits vor zehn Jahren referierte er auf Gut Mergenthau über den Sozialrebellen Matthias Klostermayr.
Dieses Mal interessierten sich vorwiegend Besucherinnen für die „berühmteste Pfarrfrau“in Deutschland, aber auch drei Männer waren zu dem Vortrag im Rahmen des Reformationsjahrs gekommen. Katharina von Boras Lebensweg ist außergewöhnlich. Geboren am 29. Januar 1499 in der Nähe von Leipzig, kam sie bereits im Alter von zehn Jahren ins Kloster Nimbschen. Ihre Mutter starb 1505 und der Vater sah sich nicht in der Lage, das Mädchen aufzuziehen. Katharina von Bora lernte das Lesen, Schreiben, Rechnen, Singen, Latein, Heilkunde und die Hauswirtschaft. Aber das Klosterleben war hart: Sechs Gottesdienste und nur zwei Mahlzeiten am Tag, mittwochs und freitags Fasten, ein strenges Schweigegebot herrschte – nur Fingersprache war erlaubt. Im Jahr 1514 legte die junge Nonne ihr Gelübde ab, als Braut Christi nicht zu heiraten und den Nonnen stets gehorsam zu sein. Dabei blieb es aber nicht. Nachdem Martin Luther seine 95 Thesen gegen den Missbrauch des Ablasshandels an die Kirchen versandt hatte, löste er 1522 die Wittenberger Beschlüsse. Das stellte es frei, ein Kloster zu verlassen. Neun Nonnen des Klosters Nimbschen kamen nach Wittenberg, darunter Katharina von Bora. 1524 dachte Luther über mögliche Ehemänner für sie nach. Er selbst stand der Ehe skeptisch gegenüber und empfand diese Frau als zu selbstbewusst. Am 15. Juni 1525 heirateten sie dennoch und lösten Kritik aus. Die Reformation erfolgte nur zur Befriedigung seiner Geilheit, sagte König Heinrich VIII.
Jedenfalls versorgte Katharina von Bora im Schwarzen Kloster von Wittenberg nicht nur ihre sechs Kinder, sondern kümmerte sich auch um Kranke. Zudem unterrichtete sie im christlichen Glauben. Für ihren Ehemann war sie Beraterin, half ihm bei Krankheiten und aus seinen Depressionen.
Die Lutherin entsprach nicht dem konservativen Frauenbild: Sie war gebildet, redete mit, stellte hohe Ansprüche an ihren Mann und änderte sein Frauenbild. Aber wäre sie nicht an Luthers Seite gewesen, wäre ihr außergewöhnliches Leben schnell in Vergessenheit geraten, sagte Kosch.
Vortrag Am Mittwoch, 29. März, wird Manfred Kosch ab 19.30 Uhr einen zweiten Vortrag über den Reformator Martin Luther in der Bücherei Kissing, Bahnhofstraße 69 a, halten.