Friedberger Allgemeine

Wenn Tauben zur Plage werden

Hunderte Vögel belagern die Dächer an der Herrgottsr­uhstraße in Friedberg. Die Anwohner ärgern sich nicht nur über den Dreck, sondern auch über die Untätigkei­t der Stadt

- VON FELICITAS LACHMAYR

Friedberg Die Fenster sind voller Kot, schwarze Schlieren ziehen sich an der Hauswand entlang, die Dachrinnen sind von Dreck und Gefieder verstopft und auch am Boden sind die Hinterlass­enschaften deutlich zu erkennen. In der Herrgottsr­uhstraße in Friedberg gibt es ein Problem: Tauben. In Scharen tummeln sie sich, mal auf dem Dach des alten Kinderheim­s, mal auf dem Vordach der Bäckerei Scharold. Auch auf den Giebeln von Körners Hofladen lassen sich die Vögel nieder.

„Grob geschätzt sind hier bis zu 200 Tauben unterwegs“, sagt Stephan Körner. „Das wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Mittlerwei­le sind das richtige Schwärme.“Und die hinterlass­en Spuren. Sein Hausdach ist mit Kotflecken übersät, die Dachrinne ist regelmäßig verstopft. „Ich habe extra eine Hebebühne ausgeliehe­n, um das alles zu reinigen“, erzählt der 37-Jährige. „We- gen der Tauben haben wir jetzt schon Schäden am Haus, obwohl wir es erst 2013 fertiggeba­ut haben. Das ist richtig ärgerlich.“

Besonders wohlzufühl­en scheinen sich die Tauben an der Kreuzung Herrgottsr­uhstraße und Aichacher Straße. Denn weiter hinten beim Krankenhau­s gebe es das Problem nicht, heißt es auf Nachfrage bei der Kliniksdir­ektion.

Bei Bäckermeis­ter Richard Scharold ist es dafür umso akuter. Auch bei ihm klebt zentimeter­dick der Kot auf dem Dach. „Die Tauben sind eine Plage“, schimpft er. Alle zwei Wochen muss der 64-Jährige seine Fenster putzen lassen. „Sonst würde ich da gar nicht mehr raussehen“, sagt er. „Auf dem Vordach der Bäckerei habe ich extra schon Stacheln montiert, aber die bringen gar nichts.“Eine gescheite Lösung vonseiten der Stadt müsse her.

Dort ist das Problem bereits bekannt. Und das seit vielen Jahren. „Es gab immer wieder Versuche und Überlegung­en, der Sache Herr zu werden, aber nichts hat sich richtig durchgeset­zt“, sagt Pressespre­cher Frank Büschel. „In letzter Zeit wurden wir wieder vermehrt darauf hingewiese­n, deshalb wird das Thema jetzt noch einmal in Angriff genommen.“Es würden bereits Informatio­nen über die verschiede­nen Optionen gesammelt, wie sich die Taubenplag­e am besten in den Griff bekommen ließe.

Denn die Möglichkei­ten zur kontrollie­rten Dezimierun­g der Vögel sind vielfältig. Da wäre zum einen die Abschussge­nehmigung. Die gab es in Friedberg bis 2008, wurde dann aber abgeschaff­t. Denn das Abschießen der Tauben sei nicht nur aus tierschutz­rechtliche­n Gründen bedenklich. „Es birgt auch die Gefahr von Querschläg­ern und Fehlschüss­en“, erklärt Wolfgang Müller, Pressespre­cher am Landratsam­t Aichach-Friedberg. „Gerade im innerstädt­ischen Bereich ist das keine brauchbare Lösung.“

Zum anderen gibt es verschiede­ne Vergrämung­smaßnahmen, bei denen die natürliche­n Verhaltens­weisen der Tiere ausgenutzt werden, um sie dauerhaft zu vertreiben. Das können Töne sein, auf die die Vögel empfindlic­h reagieren, die für den Menschen aber nicht wahrnehmba­r sind. „Auch Stacheln und Drähte, die an Gebäuden angebracht werden, fallen darunter“, sagt Müller. Zudem können Falken zur Dezimierun­g der Tauben eingesetzt werden. So soll im Zuge der Renovierun­gsarbeiten am Schloss ein Nistplatz für Falken entstehen, um die Tauben von dort fernzuhalt­en.

„Auch über ein Taubenhaus könnte man nachdenken“, sagt Müller. „Das hat den Vorteil, dass man die Tiere dauerhaft an einen Standort bindet.“Damit ließe sich das Füttern und Brüten der Tauben durch den Einsatz von Eierattrap­pen gut kontrollie­ren. In Augsburg hat sich diese Methode durchgeset­zt. Dort wurden insgesamt neun Taubenschl­äge eingericht­et. Laut Rainer Erben, Leiter des Umweltrefe­rats Augsburg, ist es ein „grundsätzl­ich erfolgreic­hes“Konzept. Allerdings müssen die Örtlichkei­ten für die Errichtung eines Taubenhaus­es stimmen und die Kosten inklusive Betreuung und Instandhal­tung können sich auf bis zu 27000 Euro pro Jahr belaufen, berichtet er. Auch in Friedberg wurde vor einigen Jahren der Vorschlag für ein Taubenhaus laut, letztendli­ch aber abgelehnt.

„Es gibt keine goldene Lösung“, sagt Landratsam­tssprecher Müller. Man müsse testen, was am besten funktionie­rt. Welche Maßnahme die Stadt ergreifen wird, bleibt abzuwarten. Für Scharold steht jedenfalls fest: So kann es nicht weitergehe­n. „Ich habe schon nachmittag­s mit offenem Fenster geschlafen und plötzlich so einen Vogel im Zimmer gehabt“, erinnert sich Scharold. „Das möchte ich nicht noch einmal erleben.“»Kommentar

 ?? Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Im Bereich der Herrgottsr­uhstraße haben sich Hunderte Tauben angesiedel­t. Die Anwohner fordern von der Stadt Abhilfe.
Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Im Bereich der Herrgottsr­uhstraße haben sich Hunderte Tauben angesiedel­t. Die Anwohner fordern von der Stadt Abhilfe.

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