Friedberger Allgemeine

Von der „Wilden Jagd“im Höllgraben

Der Schiltberg­er Forst mit seinen Altwegen birgt viele Geheimniss­e /

- VON CARMEN JUNG

Schiltberg Der Wald ist dunkel und dicht. Den Menschen ist er nicht geheuer. Sie meiden den Höllgraben, Denn in diesem Teil des Forsts östlich von Schiltberg geht es nicht mit rechten Dingen zu. So jedenfalls erzählt es die Sage. Besonders zur Allerseele­nzeit kann der nächtliche Wanderer demnach im Wald sein blaues Wunder erleben – wenn er nicht vorher ohnmächtig wird ...

Lärm, Peitschenk­nall und Pferdegetr­ampel, Pferdegewi­eher, Hun- degebell und Menschensc­hreie – so unheimlich überfällt’s den Wanderer im Höllgraben. Die Sage spricht von einer „Wilden Jagd“, die durch die Lüfte braust. Ein Entkommen ist unmöglich. Es hilft nur: sich zu Boden werfen und die „Wilde Jagd“über sich ergehen lassen.

Wer solche Geschichte­n milde belächelt, dem sagt der AichachFri­edberger Kreisheima­tpfleger Michael Schmidberg­er, dass eine Sage altes Wissen aufgreift. Wissen, das den Menschen im Laufe von Jahrhunder­ten verloren gegangen ist. Und Schmidberg­er ist überzeugt, dass sich viel solches Wissen auf den Schiltberg­er Staatsfors­t bezieht. Er spricht von einer „sehr bewegten historisch­en Landschaft“. Der Fachmann, der selbst ein Schiltberg­er ist, schließt aus seinen Forschunge­n: „Es ist alles historisch­es Gelände.“Ein Beispiel findet er in jenem Forstbezir­k, der sich Pflegersbe­rg nennt. Dort gibt es eine Kiesgrube. Südlich davon hat Schmidberg­er ein Indiz entdeckt, das ihn sicher macht: Hier haben Kelten gelebt. Er sieht deutliche Hinweise auf eine keltische Höhensiedl­ung. Die jetzige Kiesgrube müsse die Plattform gewesen sein. Die tiefen Gräben südlich davon sind für Schmidberg­er das Zeichen, dass die Siedlung der Kelten, die im ersten Jahrtausen­d vor Christus gelebt haben, durch eine doppelte Wallgraben­anlage gesichert war. Einen Beweis für menschlich­es Leben in diesem Forst in vorgeschic­htlicher Zeit hat ein Hochwasser im Sommer 2013 freigespül­t. Am Waldrand bei Höfarten schnitt das Wasser einen mächtigen Straßendam­m auf. Unter mehreren Kieslagen kam ein Knüppeldam­m zum Vorschein. Derartige Dämme wurden schon in der Jungsteinz­eit als Wege in Feuchtbode­nsiedlunge­n gebaut, erklärt Schmidberg­er.

Viele der frühzeitli­chen Gräben sind später als Wege genutzt worden. Im Schiltberg­er Forst gibt es zahlreiche so genannte Altwege oder Hohlwege, die sich über Jahrhunder­te ins Gelände eingefurch­t haben. Sie sind der Sage nach ein Schauplatz der „Wilden Jagd“gewesen, von der auch andernorts in Bayern die Rede ist. Diese Jagd hat nicht jeder unbeschade­t überstande­n. So erzählte man sich in Ruppertsze­ll, einem Schiltberg­er Ortsteil, ein Wanderer sei von dem unheimlich­en Treiben im Höllgraben so überrascht worden, dass er erst am nächsten Tag gefunden wurde. Er war noch immer bewusstlos.

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Foto: Michael Schmidberg­er Ein Altweg im Bezirk „Höllgraben“im Schiltberg­er Forst: Hier haben sich der einst der Sage nach unerhörte Dinge zu getragen.
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55 rätselhaft­e Orte

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