„Das wäre revolutionär!“
Die Fifa-Pläne, das Abseits abzuschaffen, stoßen bei Schiedsrichtern und Fußballern auf wenig Gegenliebe
Friedberg/Augsburg Seit einigen Wochen geistert der Plan des Weltfußball-Verbands Fifa, das Abseits abschaffen zu wollen, durch den Blätterwald. Auch an Stammtischen wird über den Vorstoß von Fifa-Direktor Marco van Basten debattiert. Nachdem die Trainer der Landesligisten Stätzling, Mering und Kissing schon ihre Ablehnung zu diesen Überlegungen kundgetan haben, wollten wir nun von Unparteiischen und Spielern wissen, was sie von den Vorschlägen halten.
Thomas Färber (36, Schiedsrichter-Obmann Kreis Augsburg). Das wäre aus meiner Sicht eine revolutionäre Regeländerung, die würde das ganze Spiel völlig verändern. Für uns als Schiedsrichter wäre es sicher eine Vereinfachung, denn Abseitsentscheidungen sind die schwierigsten Entscheidungen überhaupt. Je höherklassiger gespielt wird, umso schneller geht’s und umso schwieriger wird es. Gäbe es kein Abseits mehr, wäre von unserer Seite eine Fehlerquelle ausgeschlossen, aber der Charakter des Spiels würde sich komplett wandeln. Es ist schwer zu sagen, wie sich diese Entscheidung auswirken würde – ich halte eher nichts von diesen Plänen. Fußball lebt gerade im Abwehrbereich von den geordneten Verhältnissen. Und das würde wegfallen, wenn man – wie in der Jugend auf dem Kleinfeld – ohne Abseits spielen würde. Ich weiß auch nicht, ob man mit Gewalt eine so ra- dikale Änderung anstreben sollte, vielleicht würden es ja auch Modifizierungen tun. Früher war ja gleiche Höhe auch schon Abseits, vielleicht könnte man es mit Zonen probieren – beispielsweise bis zum Strafraum mit Abseits spielen und im Sechzehner ohne. Doch auch das würde wieder zu Problemen führen. Ich bin sicher nicht jemand, der sagt, es darf sich nichts ändern. Grundsätzlich dürfen sicher Regeln auf den Prüfstand gestellt werden – aber da würde ich die Einführung einer Zeitstrafe für wesentlich zielführender halten. Im Jugendbereich machen wir damit ja sehr gute Erfahrungen. Oder dass beispielsweise wie in anderen Sportarten nur mehr der Spielführer mit dem Unparteiischen reden darf – auch das würde was bringen. Eines wäre auch sicher: Der Fußball wäre um einiges an Gesprächsstoff ärmer ohne Abseits, denn die Entscheidungen Abseits oder nicht sorgen doch immer für lebhafte Diskussionen.
Julian Baumann (26, Torhüter FC Stätzling). Das hätte generell schon gravierende Auswirkungen auf den Fußball, da würde sich der Charak- des Spiels völlig ändern – das wäre ein völlig anderes Spiel. Fußball ist mit der Abseitsregel zur beliebtesten Sportart der Deutschen geworden, ich würde daran nichts ändern. Vielleicht würden ohne Abseits mehr Tore fallen, schließlich sind die Spiele ja oft sehr taktisch geprägt – aber auch das macht ja den Fußball aus. Die Einzigen, die sich über diese Regeländerung vielleicht freuen würden, sind die Schiedsrichter und die Assistenten. Auch für uns Torhüter wäre das Wegfallen der Abseitsregel eine gewaltige Umstellung – wir müssen ja jetzt immer mitspielen, um Eins-gegen-eins-Situationen zu verhindern. Das würde es dann wohl so nicht mehr geben. Ich glaube aber nicht, dass es so weit kommt, dass man das Abseits abschafft – das hoffe ich jedenfalls. Ohne Abseits hätten wir ja auch weniger zum Diskutieren.
Manuel Müller (32, Stürmer des SV Mering). Davon halte ich gar nichts, das ist in meinen Augen absoluter Schwachsinn. Da hat sich wieder einer was einfallen lassen und jetzt sollen alle mitspielen. Ohne Abseits wäre es kein Fußball mehr, da könnte sich ja jeder nur einfach vorne reinstellen – und das hätte mit Fußball nichts mehr zu tun. Das würde das ganze Spiel verändern. Lieber werde ich einmal zu oft zurückgepfiffen, als dass es kein Abseits mehr gibt. Auch im Mannschaftskreis wird immer mehr über diese Pläne diskutiert und die große Mehrheit ist gegen diese Veränderungen. Ich spiele jetzt seit 25 Jahren Fußball und finde, die sollten alter les so lassen, wie es jetzt ist – ich halte auch nichts von der Einteilung in Zonen oder von Zeitstrafen. Was soll das bringen? Gelbe Karten, Gelb-Rote und Rote Karten reichen völlig aus.
Fotos: Peter Kleist/2, Walter Brugger