Friedberger Allgemeine

„Das wäre revolution­är!“

Die Fifa-Pläne, das Abseits abzuschaff­en, stoßen bei Schiedsric­htern und Fußballern auf wenig Gegenliebe

- VON PETER KLEIST

Friedberg/Augsburg Seit einigen Wochen geistert der Plan des Weltfußbal­l-Verbands Fifa, das Abseits abschaffen zu wollen, durch den Blätterwal­d. Auch an Stammtisch­en wird über den Vorstoß von Fifa-Direktor Marco van Basten debattiert. Nachdem die Trainer der Landesligi­sten Stätzling, Mering und Kissing schon ihre Ablehnung zu diesen Überlegung­en kundgetan haben, wollten wir nun von Unparteiis­chen und Spielern wissen, was sie von den Vorschläge­n halten.

Thomas Färber (36, Schiedsric­hter-Obmann Kreis Augsburg). Das wäre aus meiner Sicht eine revolution­äre Regeländer­ung, die würde das ganze Spiel völlig verändern. Für uns als Schiedsric­hter wäre es sicher eine Vereinfach­ung, denn Abseitsent­scheidunge­n sind die schwierigs­ten Entscheidu­ngen überhaupt. Je höherklass­iger gespielt wird, umso schneller geht’s und umso schwierige­r wird es. Gäbe es kein Abseits mehr, wäre von unserer Seite eine Fehlerquel­le ausgeschlo­ssen, aber der Charakter des Spiels würde sich komplett wandeln. Es ist schwer zu sagen, wie sich diese Entscheidu­ng auswirken würde – ich halte eher nichts von diesen Plänen. Fußball lebt gerade im Abwehrbere­ich von den geordneten Verhältnis­sen. Und das würde wegfallen, wenn man – wie in der Jugend auf dem Kleinfeld – ohne Abseits spielen würde. Ich weiß auch nicht, ob man mit Gewalt eine so ra- dikale Änderung anstreben sollte, vielleicht würden es ja auch Modifizier­ungen tun. Früher war ja gleiche Höhe auch schon Abseits, vielleicht könnte man es mit Zonen probieren – beispielsw­eise bis zum Strafraum mit Abseits spielen und im Sechzehner ohne. Doch auch das würde wieder zu Problemen führen. Ich bin sicher nicht jemand, der sagt, es darf sich nichts ändern. Grundsätzl­ich dürfen sicher Regeln auf den Prüfstand gestellt werden – aber da würde ich die Einführung einer Zeitstrafe für wesentlich zielführen­der halten. Im Jugendbere­ich machen wir damit ja sehr gute Erfahrunge­n. Oder dass beispielsw­eise wie in anderen Sportarten nur mehr der Spielführe­r mit dem Unparteiis­chen reden darf – auch das würde was bringen. Eines wäre auch sicher: Der Fußball wäre um einiges an Gesprächss­toff ärmer ohne Abseits, denn die Entscheidu­ngen Abseits oder nicht sorgen doch immer für lebhafte Diskussion­en.

Julian Baumann (26, Torhüter FC Stätzling). Das hätte generell schon gravierend­e Auswirkung­en auf den Fußball, da würde sich der Charak- des Spiels völlig ändern – das wäre ein völlig anderes Spiel. Fußball ist mit der Abseitsreg­el zur beliebtest­en Sportart der Deutschen geworden, ich würde daran nichts ändern. Vielleicht würden ohne Abseits mehr Tore fallen, schließlic­h sind die Spiele ja oft sehr taktisch geprägt – aber auch das macht ja den Fußball aus. Die Einzigen, die sich über diese Regeländer­ung vielleicht freuen würden, sind die Schiedsric­hter und die Assistente­n. Auch für uns Torhüter wäre das Wegfallen der Abseitsreg­el eine gewaltige Umstellung – wir müssen ja jetzt immer mitspielen, um Eins-gegen-eins-Situatione­n zu verhindern. Das würde es dann wohl so nicht mehr geben. Ich glaube aber nicht, dass es so weit kommt, dass man das Abseits abschafft – das hoffe ich jedenfalls. Ohne Abseits hätten wir ja auch weniger zum Diskutiere­n.

Manuel Müller (32, Stürmer des SV Mering). Davon halte ich gar nichts, das ist in meinen Augen absoluter Schwachsin­n. Da hat sich wieder einer was einfallen lassen und jetzt sollen alle mitspielen. Ohne Abseits wäre es kein Fußball mehr, da könnte sich ja jeder nur einfach vorne reinstelle­n – und das hätte mit Fußball nichts mehr zu tun. Das würde das ganze Spiel verändern. Lieber werde ich einmal zu oft zurückgepf­iffen, als dass es kein Abseits mehr gibt. Auch im Mannschaft­skreis wird immer mehr über diese Pläne diskutiert und die große Mehrheit ist gegen diese Veränderun­gen. Ich spiele jetzt seit 25 Jahren Fußball und finde, die sollten alter les so lassen, wie es jetzt ist – ich halte auch nichts von der Einteilung in Zonen oder von Zeitstrafe­n. Was soll das bringen? Gelbe Karten, Gelb-Rote und Rote Karten reichen völlig aus.

Fotos: Peter Kleist/2, Walter Brugger

 ?? Foto: Rudi Fischer ?? Sind die Schiedsric­hter Assistente­n in Zukunft nur mehr dazu da, Einwürfe und Auswechslu­ngen anzuzeigen? Die Fifa jedenfalls verfolgt Pläne, das Abseits abzuschaff­en – eine Überlegung, der Fußballer und Schieds richter aus unserem Verbreitun­gsgebiet...
Foto: Rudi Fischer Sind die Schiedsric­hter Assistente­n in Zukunft nur mehr dazu da, Einwürfe und Auswechslu­ngen anzuzeigen? Die Fifa jedenfalls verfolgt Pläne, das Abseits abzuschaff­en – eine Überlegung, der Fußballer und Schieds richter aus unserem Verbreitun­gsgebiet...
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Thomas Färber
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Julian Baumann
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Manuel Müller

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