Friedberger Allgemeine

Hier einer mehr, dort einer weniger

Die CSU-Landtagsfr­aktion streitet um eine Änderung des Auszählung­sverfahren­s. Welche Auswirkung­en würde diese Änderung auf Wahlen im Altlandkre­is haben?

- VON KONSTANTIN SCHÖN

Aichach Friedberg Ein Sitz mehr für die CSU, dafür keine FDP mehr im Stadtrat von Friedberg. Das wäre eine der Folgen, wenn bei den Kommunalwa­hlen von 2014 das d’Hondtsche statt des Hare-Niemeyer-Verfahrens angewandt worden wäre. Für die entspreche­nde Änderung des Auszählver­fahrens spricht sich die CSU-Landtagsfr­aktion aus – sehr zum Ärger von Ministerpr­äsident Horst Seehofer. Und auch in den Kommunen werden die Überlegung­en aus München kritisch gesehen.

Thomas Kleist, der CSU-Fraktionsv­orsitzende im Friedberge­r Stadtrat, steht auf der Seite des Parteichef­s: „Bisher wurden alle Gremien nach Hare-Niemeyer ausgezählt. Es ,bevorzugt‘ zwar die kleinen Parteien, aber in der aktuellen politische­n Lage in Friedberg müssen wir uns nicht um die Handlungsf­ähigkeit unseres Rates sorgen.“Kleist sieht in der Bewegung hin zu d’Hondt einen Rückschrit­t. Dies sei eine kurzfristi­ge Entscheidu­ng, die der Partei nicht gut zu Ge- stünde, warnte Kleist er die Landtagsfr­aktion. „Durch eine Änderung des Verfahrens würde die CSU in Friedberg vielleicht einen Sitz mehr bekommen, es würde aber dauerhaft dem Image der Partei schaden“, ergänzt Kleist.

Dass die Umstellung des Auszählver­fahrens in Friedberg Auswirkung­en gehabt hätte, bestätigt Frank Büschel, Pressespre­cher der Stadtverwa­ltung. Nach seinen Worten hätte die CSU einen Sitz dazu gewonnen. Dafür hätte die FDP ihre Präsenz im Stadtrat komplett verloren. Für Hare-Niemeyer hat sich der Stadtrat im Interesse der kleineren Gruppierun­gen auch dort entschiede­n, wo er freie Hand hat, nämlich bei der Besetzung der Ausschüsse. Darüber herrsche seit einigen Wahlperiod­en Einigkeit, so Büschel.

Auch Wolfgang Müller, der Pressespre­cher das Landratsam­tes Aichach-Friedberg, kann dem Vorschlag nichts Positives abgewinnen. Er sagt, dass die Verhältnis­se gut seien, wie sie sind. „Das Hare-NiemeyerVe­rfahren hat sich bewährt und so soll es bleiben. Die Gremien und gewinnen so eine gute Diskussion­skultur durch kleinere Parteien“, sagt Müller. Man habe damit gute Erfahrunge­n gemacht.

In der Gemeinde Ried hätte der Wechsel zum d’Hondtschen Verfahren eine Änderung der Verhältnis­se zur Folge gehabt: „Auf Grundlage des Wahlergebn­isses von 2014 würde die Partei mit den meisten Stimmen, also die CSU, einen Sitz mehr erhalten, die Partei mit den wenigsten Stimmen, die Lebensqual­ität Ried, hingegen einen weniger“, berichtet Andreas Sausicht senthaler, der Kämmerer der Gemeinde Ried, in einer E-Mail. Darüber hinaus stellt er fest, dass es auf Kommunaleb­ene, im Gegensatz zur Landes- und Bundeseben­e, in erster Linie auf die Kandidaten und nicht auf die Parteizuge­hörigkeit ankäme. Daher sei dieser Vorschlag in Ried kein wirklich brisantes Thema.

Für Merchings Bürgermeis­ter Martin Walch macht es kaum einen Unterschie­d, wie ausgezählt wird. „Da geht es bei uns kleinen Kommunen höchstens um einen Sitz num oder rum“, sagt er. Aus der VerwalRäte tung habe er allerdings die Rückmeldun­g erhalten, dass die Stimmen nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren unkomplizi­erter auszuzähle­n seien.

Peter Tomaschko, der Landtagsab­geordnete aus Mering, gibt Einblicke, wie es weitergeht: „Wir haben im Innenaussc­huss einstimmig beschlosse­n, dass es dazu eine Diskussion­srunde mit Experten geben soll. Erst im Mai oder Juni soll darüber abgestimmt werden. Es ist also noch alles offen.“Es sei wichtig, dass sich die Kommunen selbst einbringen. „Mir ist Transparen­z sehr wichtig und auch, dass der Wählerwill­e bestmöglic­h abgebildet wird“, räumt er ein. In Extremfäll­en, wie bei der FDP in Friedberg, müsse man es sich genauer anschauen, bevor man ein Urteil fälle.

„Wir wollen niemandem etwas wegnehmen. Es geht darum, einen gesetzlich­en Rahmen zu schaffen, der den Interessen der Bürger dient“, erklärt er: „Es soll eben nicht so sein, dass eine Partei einen deutlich höheren Sitz- als Stimmenant­eil hat“, sagt der CSU-Abgeordnet­e. »Kommentar

Newspapers in German

Newspapers from Germany