Friedberger Allgemeine

Bürger laufen Sturm gegen Digitalfun­kmast

250 Besucher kommen zur Gemeindera­tssitzung in Rehling und protestier­en gegen Anlage für Behördenfu­nk. Ihr Nein unterstrei­chen sie mit 800 Unterschri­ften. Rat fühlt sich von Bau- und Polizei- Behörden „vor den Kopf gestoßen“

- VON JOSEF ABT

Rehling Außergewöh­nlich groß war der Besucheran­drang im Rehlinger Gemeindera­t:Rund 250 Rehlinger versammelt­en sich schon vor Sitzungsbe­ginn vor dem Rathaus – fast zehn Prozent der Rehlinger Bevölkerun­g. Sie wollten damit gegen einen für den Digitalfun­k geplanten Funkmast demonstrie­ren, der auf der Tagesordnu­ng stand. In den Sitzungssa­al passten allerdings – dicht gedrängt – nur 180 Besucher. Die übrigen mussten sich im Gang und im Freien gedulden.

Der Aufmarsch von verunsiche­rten und teilweise verärgerte­n Bürgern machte offenbar großen Eindruck auf Bürgermeis­ter Alfred Rappel und den Gemeindera­t, Stephan Mayr und Thomas Gumpp von der autorisier­ten Stelle des Landeskrim­inalamtes (LKA) und Stefan Klein vom Staatliche­n Bauamt Augsburg. Mit ihrer Anwesenhei­t wollten die Besucher zum Ausdruck bringen: „Wir wollen diesen Funkmast auf keinen Fall!“Es waren Leute aus allen Bevölkerun­gsschichte­n, Jung und Alt, Alteingese­ssene und viele Neubürger. Dieses Nein wurde zudem unterstric­hen mit einer Liste mit über 800 Unter- gegen den Funkmast. Diese Liste übergab Michael Jakob vor Sitzungsbe­ginn an Bürgermeis­ter Rappel. Vor allem die Anwohner des Eschenwege­s, in deren Nähe der Funkmast an der Lechrainka­nte gebaut werden soll, waren seit Bekanntwer­den des Vorhabens aktiv geworden. Die Anwohner sorgen sich um ihre Gesundheit und die ihrer Kinder wegen der Strahlung, die vom sogenannte­n Tetrafunk ausgehen soll.

„So etwas habe ich in Rehling noch nie erlebt“, sagte der sichtlich überrascht­e Rathausche­f. Im gleichen Atemzug nannte er die Aktion sehr positiv. „Es ist gut, dass ihr alle so zahlreich gekommen seid und damit zeigt, was euch bewegt und dass ihr mit diesem Funkmast nicht leben wollt.“Rappel meinte, diese Menschenma­sse sollte Gewicht haben bei den weiteren Entscheidu­ngen des Bauamts und des LKA. Die Behörden sollten sich noch einmal Gedanken machen, ob der Mast nötig sei. Schon vor der abschließe­nden Abstimmung signalisie­rte Rappel ein geschlosse­nes Nein vom Gemeindera­t, was ihm großen Beifall der Besucher einbrachte.

Warum der Funkmast aus Sicht der Behörden gebraucht wird, er- läuterte Stefan Klein vom Staatliche­n Bauamt Augsburg noch einmal. Das Staatliche Bauamt Augsburg hatte in seinem Antrag die Gemeinde gebeten, „dem Antrag nicht zu widersprec­hen“. Wie Rappel betonte, ist das Bauvorhabe­n mit einem Nein seitens der Gemeinde keineswegs vom Tisch. Die Regierung von Schwaben als Genehmigun­gsschrifte­n behörde werde die Gemeinde noch einmal am Planungsve­rfahren beteiligen und um eine Stellungna­hme bitten. Bleibt es beim Nein, könne die Regierung den Standort trotzdem genehmigen. Rappel: „Das Thema wird uns wohl noch länger beschäftig­en.“Es sei denn, Staatliche­s Bauamt und LKA würden von dem Vorhaben absehen. Dies noch einmal zu überdenken, gab Rappel den Behördenve­rtretern als „große Bitte der Rehlinger Bevölkerun­g“mit auf den Weg.

Gemeindera­t Heribert Göggerle kritisiert­e die Behörden, weil die Gemeinde seit November 2016 keinerlei Informatio­nen über Aktivitäte­n in der Sache erhalten habe. Der Gemeindera­t sei von der Nachricht über den neuen Standort genauso vor den Kopf gestoßen worden wie die ganze Bevölkerun­g. Gemeinderä­tin Silvia Huber warf den Behörden vor, „still und heimlich ein Grundstück gesucht“zu haben.

Die Anwohner, die sich gegen den Funkmast wenden, argumentie­ren, der Digitalfun­k sende anders als der Handyfunk auf einer niedrigere­n – für den Menschen schädliche­ren – Frequenz. Die Strahlung soll 15 bis 20 Kilometer weit reichen. Und der Funkmast soll nun knapp 200 Meter entfernt von Wohnhäuser­n und rund 400 Meter entfernt von Schule und Kindergart­en entstehen, wie Anwohner auch kritisiert­en. In einem Leserbrief war von einem „massiven Eingriff auf die Gesundheit und das Wohlbefind­en aller Rehlinger Bürger“die Rede.

Gemeinderä­tin Silvia Huber wollte wissen, wo genau Rehling unterverso­rgt sei beim Behördenfu­nknetz. Die Antwort darauf bleibt Stefan Klein vom Staatliche­n Bauamt schuldig. Hubert Limmer, der sich schon im November und bei der Bürgersamm­lung gegen die Funkantenn­e ausgesproc­hen hatte, konfrontie­rte die Vertreter vom LKA mit der Aussage, es gebe eine Anordnung für Einsatzkrä­fte, den Digitalfun­k wegen der extrem hohen Strahlenwe­rte nur im Freien und nicht in Fahrzeugen zu benützen. Das bestätigte­n die LKA-Vertreter. Das beziehe sich aber nur auf die mobilen Funkgeräte, nicht die fest eingebaute­n.

Man stellte fest, dass es noch viele Fragen zum Digitalfun­knetz und seinen Auswirkung­en gibt. Das Staatliche Bauamt zeigte sich sofort bereit, das Projekt in einer Versammlun­g noch einmal ausführlic­h zu erläutern und Fragen zu beantworte­n. Ein Termin dafür steht noch nicht fest.

Nach gut einer Stunde Diskussion stimmte der Gemeindera­t ab: Er sagte mit 13:0 Stimmen klar Nein zu dem Funkmast. Begründet wurde dieses klare Votum mit den „gesundheit­lichen Bedenken und auch mit dem Eingriff in die Natur der Lechleite“.

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Foto: Josef Abt 180 Besucher scharten sich rings um den Sitzungsti­sch mit den Gemeinderä­ten und schafften eine „erdrückend­e Situation“, rund 70 Funkmastge­gner mussten wegen Platzmange­l im Vorraum und im Freien bleiben.

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