Friedberger Allgemeine

Einsteiger haben es wegen teurer Mieten schwer

- VON SABRINA SCHATZ

München Zwei Tische, Regale, ein Spiegel, eine Blumenvase: Bea Bühlers Laden ist schlicht eingericht­et. Einige Möbel hat die Designerin selbst gebaut. Des Budgets wegen. Und weil sie ohnehin nicht lange bleiben wird in dem 20-Quadratmet­er-Raum im Münchner Glockenbac­hviertel. Sie will testen, wie ihre roten, gelben, blauen Handtasche­n bei den Münchnern ankommen. Wie offen sie für neue Labels sind. Und danach: zurück nach Paris oder weiter in eine neue Stadt. „Wenn die Leute denken, ‚die ist bald wieder weg’, müssen sie ihre Chance schneller nutzen“, sagt sie.

Läden wie der von Bühler lassen sich mittlerwei­le viele finden, ob in der Metropole München, in Augsburg, Neu-Ulm oder Kempten. Sie tauchen plötzlich auf, um ein paar Tage, Wochen, Monate später wieder zu verschwind­en. Pop-up-Stores heißen sie im Jargon – weil sie im Stadtbild aufpoppen wie die gleichnami­ge Online-Werbung am Bildschirm. Das Prinzip dahinter erinnert an das der Christbaum­verkäufer, die ihre Buden vor Weihnachte­n aufstellen und danach wieder abbauen.

München ist ein teures Pflaster. In der Innenstadt rangierten im Jahr 2015 Spitzenmie­ten zwischen 120 und 370 Euro pro Quadratmet­er Einzelhand­elsfläche, wie das Referat für Arbeit und Wirtschaft im Februar mitteilte. Tendenz steigend. Gerade für Einsteiger und Start-ups ist das unerschwin­glich. Dennoch zieht es gerade sie dorthin, weil die Münchner so viel Geld ausgeben wie niemand sonst in Deutschlan­d. Obendrein strömen kauffreudi­ge Touristen durch die Straßen.

Angesichts dieser Situation hat die Stadt 2014 ein Kompetenzt­eam gebildet. Dieses vermittelt städtische Räume, die vorübergeh­end leer stehen – etwa das denkmalges­chützte Ruffinihau­s am Rindermark­t, das 2018 saniert werden soll. Dort haben speziell kreative Köpfe und Kulturscha­ffende die Möglichkei­t, sich eine Zeit lang mietfrei niederzula­ssen. „Viele hätten niemals das Geld, an eine Fläche in so guter Lage zu kommen“, sagt Mitarbeite­rin Anne Gericke.

Was die Stadt davon hat? „Sie füllt Lücken und fördert eine Branche, die viel Umsatz macht“, erklärt Gericke. Auch dem Image Münchens stünden Pop-up-Stores gut. Denn die Landeshaup­tstadt sei vergleichs­weise spät auf den Trend aufmerksam geworden – in England oder in den USA gebe es die temporären Geschäfte seit Jahren. „Bei uns kommt das in der Masse gerade erst an“, sagt Gericke und ergänzt: „Viele Eigentümer von Immobilien erkennen nun, dass sich auch Zwischennu­tzungen lohnen.“Die Liste der Interessen­ten ist freilich lang: Etwa 50 Kreative warten bis zu zwei Monate, um allein einen Beratungs- zu bekommen. Entspreche­nd schwierig ist die Entscheidu­ng, wer in die Räume darf. „Wir wechseln im Ruffinihau­s alle zehn Wochen, damit sich kein Bewerber unfair behandelt fühlt. Aber natürlich müssen wir manchen absagen“, berichtet Gericke. Damit kein Neid bei benachbart­en Einzelhänd­lern aufkommt, die reguläre Miete zahlen, seien klärende Gespräche wichtig. „Das Ziel ist es ja, Kontakte zu anderen aufzubauen und eigenes wirtschaft­liches Handeln zu stärken. Man darf nicht erwarten, in drei Monaten reich zu werden.“

Wie begehrt Zwischennu­tzungen sind, haben auch kleinere Städte wie Augsburg erkannt: Die dortige Wirtschaft­sförderung stellt seit Ende 2016 unter dem Motto „Räumchen wechsel dich“eine Immobilie in der Barfüßerst­raße für eine geringe Miete zur Verfügung. Eigentlich war das Projekt als Testlauf gedacht. Nun denkt die Stadt darüber nach, es fortzusetz­en.

Philip Schur hat in den Pop-upStores ein Geschäftsm­odell erkannt. Der Essener selbst stieß auf Hürden, als er 2014 ein temporäres Restaurant eröffnen wollte: mangelnde Kontakte. Heute leitet er die Internet-Plattform „Brickspace­s“, die darauf spezialisi­ert ist, gegen Gebühr zwischen privaten Vermietern und Mietern zu vermitteln.

Für den Standort München hat Schur derzeit rund 80 Immobilien in petto. „In München ist es mit am schwierigs­ten, an Flächen zu kommen“, sagt er. Der Grund: Es gebe wenige Leerstände und die Münchner seien traditione­ller eingestell­t als etwa Berliner. Viele hielten an langfristi­gen Mietverträ­gen fest und seien verschloss­ener, was Trends antermin

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