Friedberger Allgemeine

Kita Leiterinne­n stehen unter Druck

Eine Studie zeigt, dass das Führungspe­rsonal in Kindertage­sstätten viel zu wenig Zeit hat. Welche Auswirkung­en hat das auf die Kinder?

- VON LISA ZAUBER

Aichach Friedberg Ein ungeduldig­es Kind zupf am Ärmel der Bluse, auf dem Tisch stapelt sich Schreibarb­eit, gleichzeit­ig klingelt das Telefon – eine Situation, die viele KitaLeiter­innen und Stellvertr­eterinnen kennen. „Es ist wirklich eine Gratwander­ung“, sagt Silke Müller, Leiterin des katholisch­en Kindergart­ens St. Franziskus in Friedberg. „Genauso wie die Kinder nicht warten können, können auch bestimmte Büroarbeit­en nicht liegengela­ssen werden.“Für das Führungspe­rsonal einer Kindertage­sstätte fallen neben Verwaltung­sarbeiten zusätzlich pädagogisc­he Aufgaben an – selbst wenn man als Leiterin von der Gruppe freigestel­lt ist, wie Silvia Genise, Leiterin des evangelisc­hen Kindergart­ens Friedberg und der evangelisc­hen Kindertage­sstätte St. Ulrich in Augsburg. Sie ist bereits seit über zehn Jahren Führungskr­aft, seit gut drei Jahren nun ohne Gruppe: „Ich habe noch immer pädagogisc­he Aufgaben, wie die Kontrolle über den Ablauf der pädagogisc­hen Arbeit und die Einhaltung des pädagogisc­hen Prinzips. Außerdem muss ich für die Eltern präsent sein.“

ist sie für die Unterstütz­ung von Ekita. „Der Träger federt viel ab und durch meine Freistellu­ng und die personelle Ersetzung meiner Rolle in der Gruppe hat sich einiges geändert.“Früher habe es sie manchmal innerlich fast zerrissen: Arbeit musste mit nach Hause genommen werden und die Kollegen und Kinder litten darunter, das kein Ersatz da war, in der Zeit, in der organisato­rische Aufgaben geregelt werden mussten.

Auch der Träger des katholisch­en Kindergart­ens St. Anna in Friedberg ist eine Hilfe für die Leiterinne­n Luise Tausch und Elisabeth Geiger, denn Personalfr­agen werden ihnen abgenommen. „Trotzdem fehlt uns Zeit für die Kinder. Man ist immer wieder weg von der Gruppe und fest Geplantes geht zeitlich nicht auf“, erzählt Tausch. „Mal geht das Telefon, mal kommt ein Elterngesp­räch dazwischen, und die Gruppe hat man immer im Hinterkopf.“Als Entlastung könnte sie sich eine Bürokraft oder freigestel­lte Leitung vorstellen.

Bei der Möglichkei­t einer Freistellu­ng muss unterschie­den werden zwischen großen Kitaverbän­den und kleineren Einrichtun­gen, in denen die Team-Größe das oftmals nicht möglich macht. Für einige Leiterinne­n wäre jedoch bereits der Einsatz einer Stellvertr­eterin eine Entlastung. Aufgaben könnten leichter delegiert oder aufgeteilt werden.

So funktionie­rt es in der evangelisc­hen Kindertage­sstätte Spielburg in Kissing. Hier nimmt die Stellvertr­eterin Martina Hämmer der KitaLeitun­g Manuela Mrasek Verwaltung­saufgaben ab. Beide wollen ihre Gruppen nicht missen und haben dank eines guten Personalsc­hlüssels die Möglichkei­t, sich gegenseiti­g zu entlasten. „Wirklich schwierig wird es nur, wenn jemand krank oder im Urlaub ist. Oder auch wenn man selDankbar ber mal nicht da ist, solange die Einrichtun­g offen ist“, so Manuela Mrasek.

Das in Kitas viel zu tun ist, sei nichts Neues, weiß Christine Hintersber­ger, Leiterin des gemeindlic­hen Kindergart­ens am Sommerkell­er in Mering: „Die bürokratis­chen Auflagen sind aber heute höher. Es sind mehrseitig­e Beobachtun­gsbögen für jedes Kind auszufülle­n, was nicht nur uns Leiterinne­n trifft, sondern das ganze Personal.“Für sie haben die Kinder stets Priorität, Abstriche mache sie lieber im Büro. Länder wie Schweden oder Norwegen, in denen mehr Personal eingesetzt wird, nennt sie als Vorbilder: „Hier kommt es auf den Staat an, er muss die Situation personell besser regeln, der Arbeitgebe­r kann nichts dafür.“

Zu diesem Ergebnis kommen auch die Macher einer Bertelsman­nStudie. Mindestens eine halbe Stelle sei pro Einrichtun­g nötig, um den deutlich gestiegene­n Anforderun­gen gerecht zu werden. Das trifft aktuell nur auf jede zweite Kita zu, heißt es in der Studie. „Die Null-Ausstattun­g für Leitung geht zulasten der Kinderbetr­euung, des pädagogisc­hen Konzepts und der Gesundheit der Leiterin“, sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsman­n-Stiftung. »Kommentar

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Manuela Mrasek (links) und Martina Hämmer von der Kissinger Kindertage­s stätte Spielburg können sich gegenseiti­g entlasten.

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