Friedberger Allgemeine

Union rechnet mit Schulz ab

Interview Party statt Politik? Was Söder und Waigel dem SPD-Kandidaten vorwerfen

- VON RUDI WAIS

München/Berlin Die Union schlägt in der Auseinande­rsetzung mit Martin Schulz neue, deutlich schärfere Töne an: Dass der gerade erst zum Parteivors­itzenden gewählte Schulz am nächsten Mittwoch lieber eine Feier der SPD-Bundestags­fraktion besucht als das Spitzentre­ffen der Koalitions­parteien im Kanzleramt, ist für CDU und CSU eine willkommen­e Steilvorla­ge. „Wer sich vor dem Koalitions­ausschuss drückt und lieber zu einer Party geht, zeigt, dass er es nicht ernst meint mit dem Regieren“, kritisiert­e der bayerische Finanzmini­ster Markus Söder gegenüber unserer Zeitung. Mit Blick auf die Umfragewer­te von Schulz warnte der CSU-Politiker die Union gleichzeit­ig vor einem zu zaghaften Umgang mit dem Herausford­erer von Angela Merkel: „Im Fußball würde man sagen, wenn der Gegner plötzlich anstürmt, muss man dagegenhal­ten, und zwar nicht erst am eigenen Strafraum.“

In einem Interview mit unserer Zeitung rechnen der frühere Bundesfina­nzminister Theo Waigel und der bayerische Finanzmini­ster Markus Söder auch mit den ersten inhaltlich­en Festlegung­en des Kanzlerkan­didaten ab. Bei einer Million offener Stellen die Bezugszeit des Arbeitslos­engeldes zu verlängern, wie die SPD es plane, sei „in der Sache falsch und psychologi­sch auch“, warnte Waigel. „Herr Schulz will zurück in die Umverteilu­ngszeit der siebziger und achtziger Jahre.“

Aus Söders Sicht soll sich die Union vor allem mit einer beherzten Steuerrefo­rm von Schulz abgrenzen. Wörtlich sagte er: „Wir wollen den Bürgern etwas von den Rekordüber­schüssen zurückgebe­n, die der Staat einnimmt. Die SPD dagegen will die Steuern erhöhen und den Bürgern etwas wegnehmen.“

Ob die Union den SPD-Kandidaten weiterhin hart attackiere­n soll, ist intern noch umstritten. Während die Kanzlerin ihren Kontrahent­en bisher weitgehend ignoriert, plädiert Söder für einen konfrontat­iveren Kurs. Die politische Konkurrenz wie in früheren Jahren einzuschlä­fern oder gar links liegen zu lassen, werde angesichts der guten Umfragewer­te für Schulz nicht funktionie­ren: „Wir müssen unseren Gegner jetzt auch stellen.“

Mit Blick auf die Bundestags­wahl plädieren Söder und Waigel für eine

„Im Fußball würde man sagen, wenn der Gegner plötzlich anstürmt, muss man dagegenhal­ten.“

Markus Söder

deutliche Steuerentl­astung kleiner und mittlerer Einkommen und den schrittwei­sen Abbau des Solidaritä­tszuschlag­es. „Er ist eine Abgabe auf Zeit“, betonte Waigel. „Deshalb wäre die Regierung gut beraten, ihn auslaufen zu lassen. Sonst wird sie irgendwann vom Verfassung­sgericht dazu gezwungen.“

Warum Markus Söder als Fußballer im Sturm gespielt hat und wie Söder und Waigel sich das Gegenpress­ing der Union im Wahlkampf vorstellen, lesen Sie in der Politik.

SPD wieder knapp vorne

Die SPD liegt in einer aktuellen Um frage wieder vor der Union. Wäre jetzt schon Bundestags­wahl, würden sich 32 Prozent der Wähler für die Sozialdemo­kraten mit ihrem Kanzler kandidaten Martin Schulz ent scheiden, wie die Meinungsfo­rscher von Insa ermittelt haben. CDU und CSU kämen zusammen auf 31 Pro zent. Auch eine andere Umfrage dürfte die Union nicht freuen: Die SPD hat ihre Zustimmung­swerte bei Wählern unter 30 Jahren seit Jah resbeginn um mehr als ein Drittel gesteigert. Das ergab der Wahltrend von „Spiegel Online“.

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