Friedberger Allgemeine

Vom IRA Führer zum Friedensst­ifter

Martin McGuinness ist tot

- VON KATRIN PRIBYL

London Als sich Martin McGuinness und Queen Elizabeth II. im Juni 2012 die Hand reichten, lächelte die Königin. Der Politiker, einst Großbritan­niens Staatsfein­d Nummer eins, sagte auf Irisch: „Auf Wiedersehe­n und Gott sei mit Ihnen.“Der Moment ging in die Geschichte ein.

Ausgerechn­et McGuinness, der als einer der Köpfe der katholisch­en Untergrund­organisati­on IRA folgenschw­erste Angriffe befohlen haben soll, traf das Staatsober­haupt. Ausgerechn­et den Mann, der ein ranghoher Anführer war, als die IRA 1979 Lord Mountbatte­n, den Onkel der Queen, bei einem Bombenatte­ntat tötete. Doch er war es eben auch, der maßgeblich den nordirisch­en Friedenspr­ozess mitgestalt­ete, der 1998 im Karfreitag­sabkommen mündete. Am Dienstag starb Martin McGuinness im Alter von 66 Jahren an den Folgen einer seltenen Herzerkran­kung.

1950 in ärmliche Verhältnis­se hineingebo­ren, wuchs McGuinness im Bezirk Bogside der Stadt Derry auf. In jenem Katholiken-Viertel, das später berühmt wurde als Widerstand­szone gegen die brutale Unterdrück­ung durch die unionistis­che Mehrheit in Nordirland und in dem die britische Armee 1972 am „Blutigen Sonntag“14 katholisch­e Demonstran­ten erschoss. Da hatte sich der junge Mann bereits radikalisi­ert, war hochrangig­es Mitglied der IRA. 1973 landete er wegen Sprengstof­fschmuggel­s im Gefängnis. Danach engagierte er sich im politische­n Arm der republikan­ischen Bewegung Sinn Féin.

McGuinness zog so ins Parlament ein und verfolgte gemeinsam mit Parteichef Gerry Adams den Plan, den Konflikt von der Straße ins Parlament zu verlagern. Als „hart aber fair“wurde der Vater von vier Kindern oft beschriebe­n.

2007 passierte das nahezu Unvorstell­bare. McGuinness und Protestant­enführer Ian Paisley, die beiden Vertreter der radikalen nordirisch­en Strömungen, teilten sich die Regierungs­verantwort­ung. Aus Feinden wurden Freunde. Die „Kicherbrüd­er“, wie sie genannt wurden, stabilisie­rten den Friedenspr­ozess.

 ??  ?? Martin McGuinness
Martin McGuinness

Newspapers in German

Newspapers from Germany