Friedberger Allgemeine

BMW ist nur noch die Nummer zwei

Mercedes hat den Konkurrent­en überholt. Für den Münchner Autobauer ist das mehr als nur ein kleiner Kratzer im Lack

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München BMW-Chef Harald Krüger könnte eigentlich zufrieden sein. Zum siebten Mal in Folge hat der Autokonzer­n Absatz und Gewinn gesteigert, und das soll auch im laufenden Jahr so weitergehe­n. Aber Krüger ärgert sich. Denn Mercedes hat im vergangene­n Jahr 80 000 Autos mehr verkauft als BMW und die Münchner damit als Nummer eins in der Oberklasse abgelöst. Insgesamt verkaufte der BMW-Konzern im vergangene­n Jahr 2,4 Millionen Autos der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce, der Gewinn stieg um acht Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. Ein Drittel davon soll als Dividende an die Aktionäre ausgeschüt­tet werden.

Der Verlust der Spitzenpos­ition mag wie ein kleiner Kratzer im Lack der BMW-Strategie „Number One“erscheinen, er ist aber viel mehr als das. Oliver Heil, Professor für Marketing an der Universitä­t Mainz, vergleicht das mit dem Fußball: „Es gibt treue St.-Pauli-Fans und es gibt Siegerfans. Barcelona ist Spitze, ich bin Barca-Fan, ich bin auch ein Siegertyp.“Marktführe­r zu sein bedeute zusätzlich­e Verkäufe und ermögliche höhere Preise.

„Erfolg macht sexy“, sagt Frank Biller, Auto-Analyst der Landesbank Baden-Württember­g, und verweist auf den Werbesloga­n von Mercedes: „Das Beste oder nichts.“Mehr Autos zu verkaufen bringt auch Kostenvort­eile: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklun­g, für Fabriken und Verwaltung verteilen sich auf mehr Autos, und beim Einkauf gibt der Zulieferer Mengenraba­tt.

Den monatliche­n Vergleich der Absatzzahl­en gibt es einzig und allein in der Autoindust­rie. Professor Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen nennt zwei Gründe: „Sie ist sehr transparen­t, die amtlichen Zulassungs­zahlen sind öffentlich“, sagt er. Außerdem interessie­ren Autos die Menschen mehr als die Verkaufsza­hlen von Kühlschrän­ken oder Windeln. „Das Rennen um Platz eins kann hier so spannend sein wie die Bundesliga-Tabelle.“

Angefangen hat der Größenverg­leich in den 1950er Jahren in den USA. General Motors warb mit Blick auf die Konkurrent­en Ford und Chrysler mit dem Spruch „We

Mehr als eine Milliarde Euro Dividende für Familie Quandt

are the greatest“. Das war GM auch, bis 2008, als Toyota sie überholte. Ein Jahr später war GM insolvent. „Pure Größe sagt gar nichts. Der Größte beim Absatz zu sein, das kann auch ein Pyrrhus-Sieg sein“, sagt Dudenhöffe­r. „Rendite ohne Größe ist Nische. Größe ohne Rendite ist Schwachsin­n.“

BMW-Chef Krüger gibt sich kämpferisc­h. „Wir schalten jetzt auf Angriff. Wir starten die größte Modelloffe­nsive unserer Geschichte.“Er kündigte höhere Investitio­nen und bis Ende nächsten Jahres über 40 neue und überarbeit­ete Automodell­e an.

Für Schlagzeil­en sorgte nach der Bilanzvors­tellung ein ganz anderes Thema: Weil die BMW-Erben Stefan Quandt und Susanne Klatten fast die Hälfte aller Stammaktie­n halten, erhalten die Geschwiste­r in diesem Jahr mehr als eine Milliarde Euro Dividende. Das sind 93 Millionen mehr als im Vorjahr. Aber auch die 88 000 BMW-Beschäftig­ten in Deutschlan­d bekommen einen ordentlich­en Bonus. Ein Facharbeit­er erhält etwa 9000 Euro zusätzlich, wie ein Sprecher sagte.

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Foto: dpa BMW hat wieder Umsatz und Gewinn ge steigert. An der Spitze steht heuer aber ein anderer Autobauer.

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