Ofen, mir ist kalt!
Neue Technik soll Heizungen intelligenter machen. In Zukunft werden sie sogar auf unsere Stimme reagieren. Wie damit auch Reparaturen einfacher werden
Frankfurt/Main Bei Autos und in der Mode gibt es jedes Jahr, wenn nicht gar jede Saison etwas Neues zu sehen. Bei Heizungen dauert das länger – auch, weil Hausbesitzer sich nicht so oft neue Geräte kaufen. Auf der alle zwei Jahre stattfindenden ISH, der Weltleitmesse für Badezimmer, Heiz- und Klimatechnik, wurden jüngst die neuesten Heizungs-Trends präsentiert. In diesem Jahr kommt es bei den Heizungsanlagen besonders auf die digitale Bedienbarkeit an. Dadurch sollen Nutzer ihr Zuhause effizienter warm machen können.
Andreas Lücke, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie, verspricht sich viel von der Technik: „Wir können mit einer digitalen Heizung gegenüber einer analogen Heizung alter Machart 15 Prozent zusätzlich einsparen.“Die neuen Systeme könnten sich etwa merken, wann kein Bewohner zu Hause ist, oder nachts die Temperatur absenken, wenn alle im Haus unter warmen Bettdecken schlafen. Oder der Bewohner informiert die Heizung ganz spontan aus der Ferne, dass er nun nach Hause fahren wird. Das heißt: Die neuen Technologien verlangen eine bewusstere Auseinandersetzung mit der Heizung.
Zugleich versprechen die neuen Systeme zusätzlichen Komfort. Ein Beispiel: Wer sein Smartphone oder Tablet einbindet, kann, noch während der „Tatort“über den Bildschirm flimmert, von der Couch im Erdgeschoss aus die Temperatur in allen Schlafzimmern im Obergeschoss hochdrehen – mit einem Handstreich. Dann ist es warm, wenn der Bewohner ins Bett will.
Auf der ISH wurden einige neue präsentiert, darunter selbstständig denkende Systeme: Die Anwesenheitserkennung des Heizungsreglers „Bosch EasyControl“von Junkers Bosch zum Beispiel berechnet mithilfe von GPSDaten des Smartphones, wie lange der Bewohner nach Hause braucht. Darauf abgestimmt wird die Heizung mithilfe von schlauen Thermostaten rechtzeitig hochgedreht. Aber der Regler erinnert sich auch an regelmäßige Unterbrechungen auf dem Heimweg, etwa am Fitnessstudio, und bedenkt das bei der Heizungssteuerung.
Vaillant stellte eine Plattform namens iFTTT vor, die auch Heizgeräte ins „Smart Home“, also die vernetzte Steuerung des Haushalts, einbindet. Die Kommunikation erfolgt nach dem Prinzip „Wenn dies, dann das“, erläutert der Hersteller. Die Aktivität einer Anwendung löse bei einer anderen eine Reaktion aus: Öffnet man ein verkabeltes Fenster, geht die schlaue Heizung automatisch aus. Nähert sich das vernetzte Auto dem Haus, erhöht sich die Raumtemperatur.
So manches Unternehmen bastelt derzeit an noch mehr KommunikaKonzepte tion mit dem Wärmelieferanten im Haus: So stellte der Anbieter Wodtke auf der ISH „Karl“vor, einen Prototypen zur virtuellen Sprachsteuerung eines vernetzbaren Pelletofens. Karl begrüßt den Nutzer mit einem herzlichen „Grüß Gott“, reagiert auf Kommandos wie „Karl, mir ist zu kalt“, gibt Tipps zur Bedienung und fragt seinen Besitzer nach dem Wohlbefinden. Das System kann ohne Internet-Anbindung betrieben werden. Die Markteinführung ist für das Jahr 2019 geplant.
Solche technischen Lösungen haben im Grunde zwei Ziele: Die Menschen sollen bewusster heizen, um Energie und Kosten zu sparen. Aber sie können auch ihren persönlichen Komfort steigern, indem sie nie mehr in kalte Räume kommen. Zukunftsmusik ist das nicht mehr. „Die digitale Heizung ist jetzt Realität und wird flächendeckend angeboten von den Herstellern“, betont Lücke vom Heizungsindustrieverband.
Wobei Stefan Seitz, Leiter Brandmanagement der ISH, sich skeptisch zeigt, wie gut sich die Digitalisierung in den Eigenheimen durchsetzen wird: Das sei vor allem etwas für die dem Smartphone zugeneigten jüngeren Generationen. „Ob die, die keine Digital Natives sind, das auch nutzen werden, muss man sehen.“Doch die Digitalisierung ermöglicht auch einen besseren Kontakt zwischen Heizung und Installateur. Dieser kann die Daten nutzen und die Funktionstüchtigkeit der Heizungsanlage am Monitor in seinem Betrieb prüfen. Der Fachmann kann bei Bedarf die Heizung aus der Ferne optimieren und eine Störung beheben.