Bordell König sitzt auf der Anklagebank
Staatsanwaltschaft wirft Hermann Müller und einem Kollegen Steuerhinterziehung vor. Er machte oft Schlagzeilen
Hermann Müller hat viele Kritiker, die den 64-Jährigen wegen seines Geschäfts mit der Lust gerne im Knast sähen. Das wird von Richtern des Landgerichts in Augsburg abhängen, wo Müller ab dem heutigen Mittwoch – gemeinsam mit Horst E. – auf der Anklagebank sitzt. Der 57-Jährige, der nach Recherchen unserer Zeitung im Landkreis Augsburg leben soll, führt in München das Bordell Pascha. Beide waren 2016 festgenommen worden, sie saßen seither in Untersuchungshaft.
Was die Staatsanwaltschaft ihnen vorwirft, hat nur indirekt mit Frauen und Prostitution zu tun. Sie sollen, so der Vorwurf, mehrere Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben. Außerdem glaubt die Anklagebehörde Müller nachweisen zu können, dass die Geschäftsführer seiner Bordelle in Deutschland und Österreich in Wahrheit nur Strohleute sind. Hermann Pascha, wie er im Rotlichtmilieu genannt wird, habe in seinen fünf Häusern das Sagen, heißt es in Ermittlerkreisen. Dem 64-Jährigen gehören Bordelle in Köln – laut Eigenwerbung „das größte Laufhaus Europas“–, in München, Linz, Graz und Salzburg, wo er seit elf Jahren wohnt.
Nach Razzien in Bordellen in München und Salzburg war Müller vorigen Mai in Österreich festgenommen worden. Nach nur einer Nacht im Gefängnis kam er dank einer Intervention seiner Anwälte wieder frei. Im August entschied dann das Oberlandesgericht in Linz, dass er sich einem deutschen Gericht stellen muss. Um nicht in Auslieferungshaft zu kommen, hinterlegte Müller 100000 Euro Kaution, gab seinen Pass ab und tauchte dennoch unter. Nicht ohne die Fahnder zu provozieren: In einem Facebook- Video dankte er der Justiz für die bis dato korrekte Behandlung. Der Bordell-König schien sich trotz eines existierenden internationalen Haftbefehls sicher zu fühlen.
Ein Fehler. Schon zwei Monate später, am 5. Oktober, verhafteten Zielfahnder den 64-Jährigen in seinem Haus am Münchner Westpark. Die Polizei hatte Telefonate abgehört, wusste, dass er an dem Mittwoch in München sein würde. Seither sitzt Müller in der JVA Stadel- heim in Einzelhaft. Die Gefängniskost bleibt ihm immerhin erspart. Nach Zeitungsberichten lässt er sich jeden Tag von Sternekoch Alfons Schuhbeck das Essen liefern. Untersuchungshäftlingen ist dies erlaubt, sofern sie es selber zahlen.
Der gebürtige Franke Müller sorgt gerne für Schlagzeilen, er weiß sich zu inszenieren. Öffentlich bot er in der Moderatorin Sandra Maischberger eine Wette an. Sie werde in seinen Häusern keine Zwangsprostituierten finden, behauptete er in der Talkshow. Im Juni 2015 gelang Müller in der Mozart-Stadt Salzburg ein besonderer Coup. „Gratis-Sex im Ösi-Bordell“titelten die Zeitungen damals. Öffentlich warb Müller für ein „Summer Special“: freier Eintritt, freie Getränke, freier Sex.
Der erwartete Erfolg blieb nicht aus. Tagelang standen Männer vor seinem Salzburger Bordell Schlange. Damit habe er die Behörden ärgern wollen, begründete der BordellBoss seine Aktion. „Bevor ich Millionen dem Finanzamt zahle, verschenke ich das Geld lieber.“Ob Müller sein Verhalten gegenüber Finanzbehörden ändern muss, wird ab heute der Prozess zeigen. Er ist vorerst bis Ende Mai terminiert. Ursprünglich sollte übrigens ein weiterer Betriebsleiter aus Müllers Puff-Imperium auf der Anklagebank sitzen. Er ist vor wenigen Tagen gestorben.