Frisch – aber liegen geblieben
Mit unverkauften Lebensmitteln gehen Friedberger Händlern bewusst um. Dank verschiedener Möglichkeiten geht nur ein Minimum der noch guten Ware verloren
Friedberg Semmeln, Brezen, Torten und Kuchen reihen sich in der Auslage vor Lieselotte Schwab auf. „Nur produzieren zum Wegschmeißen ist nicht unsere Philosophie“, sagt die Chefin der gleichnamigen Friedberger Bäckerei. Doch die Verbraucher machen es den Lebensmittelhändlern nicht leicht. Der Kunde erwartet, dass bis Ladenschluss alles vorrätig ist. Und wenn er etwas nicht bekommt, geht er zu Konkurrenz. Doch was passiert am Ende des Tages mit der zwangsläufig übrig gebliebenen Ware? Ein Problem, mit dem sich Friedberger Händler auseinandersetzen müssen.
Und hier funktioniert das beispielhaft, denn dank verschiedenster Möglichkeiten muss nur ein Bruchteil frischer Ware vernichtet werden. Das freut auch Lieselotte Schwab: „Ich bin heilfroh, dass wir so viel als möglich wegschaffen können.“Übrig gebliebene Ware geht von der Bäckerei an der Ludwigstraße zum Teil an die Friedberger Tafel. Die Meringer Filiale arbeitet mit der dortigen Tafel zusammen. Außerdem holt ein Bauer mit lokaler Schweinezucht regelmäßig einige Körbe ab, berichtet Schwab. Alte Semmeln und Brot könne er gut unter das Trockenfutter seiner Schweine mischen. Nur Kuchen dürfe auf gar keinen Fall dazwischen fallen, „dann frisst das Schwein nichts anderes mehr“, ergänzt Schwab lachend. Zusätzlich nimmt die Seniorchefin der Bäckerei immer wieder einiges mit. Privat hat sie selber viele Tiere, die sich über das Aussortierte freuen.
Die Friedberger Tafel in der Hermann-Löns-Straße ist für den hiesigen Rewe-Markt ebenfalls die erste Anlaufstelle: „Übrige frische Ware wird komplett an die Tafel gespendet“, erzählt Manfred Sandner von der Friedberger Filiale und freut sich deutlich darüber, dass von dem bewussten Umgang mit den Lebensmitteln auch die weniger Bemittelten profitieren können.
Beim Edeka-Markt an der Bozener Straße wird gleich auf mehrere, verschiedene Möglichkeiten zurückgegriffen, um den Verlust und die Abfälle gering zu halten. „Zum Teil nehmen unsere Mitarbeiter aussortierte Ware reduziert oder auch gratis mit. Oder sie wird von Privatleuten abgeholt. Das funktioniert ganz gut“, erklärt Inhaber Mi- chael Wollny. So hole eine Frau jeden Tag einen vollgepackten Wagen mit Beständen für die Fütterung von Tieren auf einem Gnadenhof ab. Auch nehmen einige Anwohner die Ware zur Selbstversorgung entgegen. Bei abgepackter Ware greifen einige Hersteller selber ein, wenn ihre Ware das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht hat. Denn aus steuerlichen Gründen lohnt es sich für sie, die Artikel zurücknehmen, so bekommen sie beispielsweise die Kaffeesteuer zurückerstattet.
Die Bäckerei Knoll versucht von Anfang an, die Retouren möglichst gering zu halten. Auch wenn dies nicht immer einfach sei, denn die Kalkulierbarkeit des Tagesgeschäfts halte sich in Grenzen. Oft beeinflusse schon das Wetter das Kaufverhalten der Kunden, berichtet Mitarbeiterin Anna Mahl. „Der Rest wird dann von einem Bauern abgeholt.“Der Frischemarkt Sigl versucht ebenfalls, dass möglichst die gesamte Ware an den Mann oder die Frau kommt. „Wir verkaufen die Reste einfach günstiger, da geht dann so gut wie alles weg“, so Egon Sigl.
Ausverkäufe zum halben Preis gibt es auch bei der Firma Ihle. Zwar sei es das Hauptziel, möglichst die gesamte Ware frisch zu verkaufen, sagt Vertriebs- und Marketingleiter Michael Schaeffer. Doch sei dies kaum zu realisieren durch den Anspruch des Kunden, bis zum Schluss das ganze Sortiment vorzufinden. „Er will nicht schon um 17 Uhr in einen halb leeren Laden kommen.“
Um diese Auswahl bieten zu können und die Abfallmengen trotzdem so gering wie möglich zu halten, arbeitet auch die Firma Ihle mit verschiedenen Tafeln in der Region zusammen. »Kommentar