Anwalt warnt: Nur kein Prozess
Um die Renovierung des Daches der Kissinger Paartalhalle wird gestritten. Der ursprüngliche Architekt wirft der Gemeinde vor, dass die Halle durch das neue Sanierungskonzept entstellt wird. Ein Jurist erklärt Hintergründe
Herr Blomeyer, um die Paartalhall ist ein Streit um das Urheberrecht entbrannt. Sie sind Jurist bei der Architektenkammer. Was versteht man darunter? Fabian Blomeyer: Es schützt Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst und eben auch der Baukunst. Beim Bauen stellt sich die Frage, ob der Bauherr befugt ist, ein Werk ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers zu verändern. Blomeyer: Als Werke der Baukunst dürfen Unterlagen und Bauwerke, die eine persönliche geistige Schöpfung des Architekten darstellen und einen so hohen Grad an individueller Gestaltungskraft aufweisen, dass sie aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragen, nicht verändert werden. Das kann auch für einzelne Bauteile wie die Fassade zutreffen. Blomeyer: Indizien können zum Beispiel der Siegerentwurf eines Wettbewerbs oder fachliche Auszeichnungen wie ein Architekturpreis sein. Auch die Ausweisung als Baudenkmal gehört dazu. Blomeyer: Selbstverständlich können auch Einfamilienhäuser unter diese Kriterien fallen. Denken Sie im bayerischen Raum beispielsweise an die Einfamilienhäuser von Sep Ruf. Auch bei den jährlichen Architektouren der Bayerischen Architektenkammer finden sich immer wieder Projekte, die als Werke der Baukunst anzusehen sind. Darf ein urheberrechtlich geschütztes Bauwerk niemals verändert werden? Blomeyer: Der Eigentümer darf dieses ändern, wenn er sich das beispielsweise vertraglich vorbehalten hat. Fehlt eine Vereinbarung, sind Änderungen, zu denen der Urheber seine Einwilligung infolge einer Interessenabwägung nicht versagen darf, zulässig.
Blomeyer:
Dienen die Maßnahmen etwa der Instandhaltung des Gebäudes oder überwiegen berechtigte Ansprüche des Eigentümers, muss der Urheber auch eine mögliche Entstellung hinnehmen. Dies kann zutreffen, wenn bauliche Mängel zu beseitigen, bauordnungsrechtliche Auflagen zu erfüllen oder die bestimmungsgemäße Funktion zu erhalten sind. Blomeyer: Ja, auch solche Maßnahmen können dazu zählen. Gegebenenfalls wäre allerdings zu untersuchen, ob die Maßnahme so ausgeführt werden kann, dass das ursprüngliche Erscheinungsbild gewahrt bleibt. Im Idealfall wird eine solche Sanierung in Abstimmung und Einvernehmen mit dem Urheber beziehungsweise seinen Rechteinhabern durchgeführt. Blomeyer: Es erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. So lange werden die gesetzlichen Rechte von den Erben des Urhebers wahrgenommen. Blomeyer: Der Bauherr sollte den Dialog mit dem seinerzeitigen Planer suchen. So kann er feststellen, ob und gegebenenfalls welche Einwände gegen die angedachte Planung bestehen. Gemeinsam lässt sich oft für beide Seiten eine gute Lösung finden. Blomeyer: Sie sollte der letzte Ausweg sein und möglichst vermieden werden. Gerade bei urheberrechtlichen Fragestellungen sind Gerichtsverfahren oft risikobehaftet, auch hinsichtlich der Kosten. Zudem bedeuten sie für den Bauherrn fast immer einen Zeitverlust. Blomeyer: Ein Weg durch die Rechtsinstanzen kann mitunter Jahre dauern. Blomeyer: Hierzu liegen uns keine Zahlen vor. Bekannt werden ja meist auch nur die prominenten Fälle.