Asylheime stehen leer, obwohl Wohnraum fehlt
Warum man die Unterkünfte nicht einfach regulär vermietet? Experten erklären die vielen Hürden – und berichten von Beispielen, wie es trotzdem geht
Aichach Friedberg Anerkannte Flüchtlinge aber auch viele andere Menschen suchen verzweifelt nach Wohnraum – und gleichzeitig stehen teilweise komplette Asylbewerberunterkünfte leer. Das ist für viele Menschen schwer verständlich. Im Landkreis Aichach-Friedberg sind fast 800 Plätze frei. Simone Losinger, Leiterin der Ausländerbehörde am Landratsamt, erklärt, warum man diese nicht einfach in Wohnungen umwandeln kann.
Beispiel Kissing: Hier gibt es sechs Unterkünfte, die insgesamt 308 Menschen aufnehmen könnten. 214 Plätze sind frei. Wie die Flüchtlingsbeauftragten der Gemeinde berichteten, steht ein Gebäude in der Industriestraße komplett leer. Problem: Es liegt in einem Gewerbegebiet. Als der Druck groß war, hatte die bayerische Staatsregierung eine Sonderregelung getroffen, wonach Asylbewerber auch in solchen Gebieten übergangsweise untergebracht werden dürfen. Normalerweise ist eine dauerhafte Wohnnutzung hier jedoch nicht erlaubt. Dies trifft auf eine ganze Reihe der Asyl- einrichtungen zu. Am besten geeignet sind nach Einschätzung der Leiterin des Ausländeramtes Einzelwohnungen. In Mering hat das Landratsamt beispielsweise in einer Anlage gleich mehrere Wohnungen angemietet. In Aichach ist es ein komplettes Haus, in dem sich drei bis vier Wohnungen befinden. Im Moment dürfen die Landkreise ihre Unterkünfte aber nicht als Wohnungen untervermieten. Der Freistaat lässt dies nicht zu (unsere Zeitung berichtete im Bayernteil). Dagegen haben sich die schwäbischen Landräte, unter ihnen auch Klaus Metzger, in einer gemeinsamen Aufforderung an die Staatsregierung gewandt – bisher allerdings ohne Erfolg.
Das Landratsamt versucht jedoch, Eigentümer davon zu überzeugen, direkt an Flüchtlinge zu vermieten. „Dazu haben wir gerade am Anfang viele Informationsveranstaltungen gemacht und versucht, zu überzeugen. Aber es war sehr schwierig“, sagt Wolfgang Müller, Sprecher am Landratsamt. Im Lauf dieses Jahres werden 20 Mietverträge auslaufen. In den wenigsten Wohnungen werden die Flüchtlinge bleiben können. Einzelne Erfolgsgeschichten kann Losinger jedoch erzählen: „In Mering hatten wir von der Kirche für eine Familie eine Wohnung angemietet. Da kannte man sich und es hatte alles gut geklappt.“So schloss die Kirche den Vertrag direkt mit der Familie. In Friedberg hatte das Amt bei einer privaten Vermieterin eine Mutter mit mehreren Kindern untergebracht. Als deren Asylverfahren positiv entschieden war, durften sie ebenfalls bleiben.
Doch hinderlich sind nicht nur Sorgen der Menschen, dass sie ihre Miete nicht gezahlt bekommen. Die Mieten im Landkreis sind auch zu hoch für Flüchtlinge. Wenn sie noch keine Arbeit haben, kommt für die Unterkunft das Jobcenter auf. Dieses zahlt in der Regel maximal 6,10 Euro pro Quadratmeter. Dafür sind viele der bislang zu ortsüblichen Preisen vom Landratsamt angemieteten Unterkünfte nicht zu haben.
Notlösung: Das Landratsamt lässt die anerkannten Flüchtlinge, die noch keine Wohnung haben, als sogenannten Fehlbeleger in den Unterkünften wohnen. Und das sind viele. In Friedberg leben derzeit 292 Flüchtlinge, davon sind 146 Fehlbeleger. In Aichach sind es bei 317 Menschen immerhin 107 Fehlbeleger. „Indem wir sie hier wohnen lassen, tragen wir der Situation ja Rechnung. Und auch den Familiennachzug haben wir bisher bei uns noch aufgenommen“, sagt Losinger. Würde das Landratsamt die Flüchtlinge nach der Anerkennung auf die Straße setzen, müssten die Gemeinden Obdachlosenunterkünfte zur Verfügung stellen.
Für die Fehlbeleger ist das Dach über dem Kopf jedoch teuer. Der Freistaat hat für ihre Unterbringung einen Satz festgelegt, der deutlich über dem liegt, was für Asylbewerber verlangt wird. 297 Euro pro Person und Monat kassiert eine zentrale Abrechnungsstelle pauschal – egal, ob ein Flüchtling in einer Einzimmerwohnung lebt oder sich mit anderen ein Mehrbettzimmer teilt. Verdient der Betreffende nicht selbst, zahlt das Jobcenter.
300 Anerkannten ist es bisher gelungen, im Landkreis AichachFriedberg eine eigene Wohnung zu finden. Fast 500 leben noch als Fehlbeleger in den Unterkünften im Landkreis.