Friedberger Allgemeine

Ein Herz und eine Seele

Oberbürger­meister Kurt Gribl weiß um die Unterstütz­ung der drei CSU-Referenten. Diese Harmonie ist fast schon beängstige­nd. Wird Bürgermeis­terin Eva Weber für die Wachablösu­ng aufgebaut?

- VON MICHAEL HÖRMANN

Der Wahlausgan­g im Jahr 2008 glich einer politische­n Sensation: Der damals parteilose Oberbürger­meister-Kandidat der CSU, Kurt Gribl, lag bereits im ersten Wahlgang vor Amtsinhabe­r Paul Wengert (SPD). In der Stichwahl setzte sich Gribl deutlich durch. Er holte für die CSU den Chefsessel im Rathaus zurück. Bei der OB-Wahl 2014 war CSU-Mann Gribl im ersten Wahlgang erfolgreic­h. Ohne Stichwahl behauptete er den Chefsessel im Rathaus. Jetzt zur Mitte der Periode sitzt Gribl fest im Sattel. Der politische Gegner geht gegenwärti­g davon aus, dass eine Wachablösu­ng im Jahr 2020 schwierig sein dürfte. Natürlich vorausgese­tzt, dass Gribl dann ein weiteres Mal antritt.

Der politische Erfolg des CSURathaus­chefs hat sich außerhalb Augsburgs herumgespr­ochen. Dem 52-Jährigen wurde in der Vergangenh­eit mehrfach ein Wechsel in die Landes- oder Bundespoli­tik zugetraut. Ende 2016 hat Gribl vorerst sämtliche Spekulatio­nen um seine politische Zukunft beendet. „Ich bleibe Oberbürger­meister der Stadt Augsburg bis zum Wahljahr 2020“, sagt Kurt Gribl. Niemand erwartet zum jetzigen Zeitpunkt, dass sich Gribl darüber hinaus festlegt. Allerdings ist zu sehen, dass die LandesCSU

Der Rathausche­f steigt in der CSU auf

auch künftig eher auf ihn als Rathausche­f in Augsburg setzen könnte als auf einen Politiker aus Augsburg, der dann womöglich am Kabinettst­isch in München sitzt.

Gribl ist seit November 2015 stellvertr­etender Vorsitzend­er der CSU und ein Stellvertr­eter von Parteichef und Ministerpr­äsident Horst Seehofer. In der Position des Vize deckt Gribl das Interesse der kommunalen Ebene in der Parteiführ­ung ab. Seit diesem Jahr ist der CSU-OB zudem Vorsitzend­er des Bayerische­n Städtetags. Gribl hat im Lauf seiner Amtszeit an Statur gewonnen, als Vertreter des Städtetags saß er mehrfach mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen der Flüchtling­sthematik Runden zusammen.

Dass Gribl mit seinem politische­n Gewicht über die Stadtgrenz­en hinaus ein gefragter Mann ist, wird registrier­t. Zur Mitte der Amtsperiod­e, also nach nunmehr neun Jahren als Rathausche­f, ist Gribl unumstritt­en – vor allem in den eigenen Reihen, was gerade in der Anfangszei­t überhaupt nicht der Fall gewesen ist. Die Augsburger CSU profitiert von der Politik Gribls, der unter anderem das Seine zur Universitä­tsklinik Augsburg beigetrage­n hat. Im Zusammensp­iel mit Ministerpr­äsident Seehofer sind die Weichen gestellt worden.

In der Stadtregie­rung baut Gribl in erster Linie auf die drei CSU-Referenten, die in ihrem Amt im Frühjahr 2014 bestätigt wurden. Gerd Merkle managt den Baubereich, Hermann Köhler leitet das Bildungsre­ferat. Eva Weber, die einzige Frau in der Stadtregie­rung, machte im Frühjahr 2014 einen in internen Karrieresp­rung: Die damalige Wirtschaft­sreferenti­n stieg auf und übernahm in Doppelfunk­tion auch das Finanzrefe­rat. Zudem ist sie Gribls Stellvertr­eterin. Als Bürgermeis­terin repräsenti­ert Eva Weber die Stadt und tritt in dieser Funktion zunehmend in Erscheinun­g. Sie gilt in Reihen der CSU als potenziell­e Nachfolger­in, sollte Kurt Gribl den Wunsch haben, nicht mehr für das Amt des Oberbürger­meisters zur Verfügung zu stehen.

Als Finanzrefe­rentin hat Eva Weber einige Zeit benötigt, um sich in die Zahlenmate­rie einzuarbei­ten. Da passierte es in einer Stadtratss­itzung schon mal, dass Stadträte leicht provoziere­nd beim zuständige­n Mann der Finanzverw­altung, Roland Barth, um eine politische Bewertung der Zahlen baten. Weber gefiel dies nicht: „Ich möchte nur mal betonen, dass ich die Finanzrefe­rentin bin.“Bei der Verabschie­dung des Doppelhaus­halts 2017/2018 zu Beginn dieses Jahres hatte sich die Situation längst entspannt. Im Zusammensp­iel mit der Rathausopp­osition gab es einen konstrukti­ven Gedankenau­stausch. Eva Weber hat davon profitiert, dass sich die finanziell­e Ausgangsla­ge für die Stadt generell verbessert hat. So lassen sich massive Einschnitt­e, die den Bürger treffen, vermeiden. Als Finanzrefe­rentin ist sie nicht die Überbringe­rin schlechter Nachrichte­n. Im Gegenteil: Bei der Finanzieru­ng der Theatersan­ierung hat die Referentin zudem ein Modell vorgelegt, dass die Mehrheit im Stadtrat überzeugt hat. Eva Weber sitzt fest im Sattel.

Dies tut Hermann Köhler ebenfalls, der nicht zu den politische­n Lautsprech­ern gehört. Er setzt sich für ein umfangreic­hes Schulsanie­rungsprogr­amm ein. Mit Erfolg. Unterstütz­t vom Freistaat fließen bis zum Jahr 2030 insgesamt 300 Millionen Euro in 70 städtische Schulen. Angriffen aus Reihen des politische­n Gegners musste sich Köhler bis zur Mitte der Periode nicht erwehren. Baureferen­t Gerd Merkle hat es in politische­n Debatten aber teils schwerer. Vor allem das Umschwenke­n bei der geplanten Trassenfüh­rung der neuen Straßenbah­nlinie 5 trug ihm einige Kritik ein. Wenn es um städtebaul­iche Fragen im Stadtrat geht, zieht Architekt und Stadtrat Volker Schafitel (Freie Wähler) mitunter vom Leder. In der Verkehrspo­litik wird Merkle auch an der Umsetzung der Fahrradsta­dt 2020 gemessen.

Unterm Strich ist zu sehen, dass Gribl und die drei CSU-Referenten eine enge Beziehung verbindet. Dies geht auch über das Dienstlich­e hinaus: Es besteht eine enge Freundscha­ft auf privater Ebene. Wegen dieses Zusammenha­lts ist davon auszugehen, dass ein mögliches Stühlerück­en auf dem Chefsessel im Rathaus in Harmonie zwischen Kurt Gribl und Eva Weber laufen würde. Diese Frage stellt sich gegenwärti­g jedoch nicht.

 ?? Fotos: Silvio Wyszengrad ?? Rückblick auf den Wahltag am 16. März 2014: Oberbürger­meister Kurt Gribl (links) im vertrauten Gespräch mit Baureferen­t Gerd Merkle.
Fotos: Silvio Wyszengrad Rückblick auf den Wahltag am 16. März 2014: Oberbürger­meister Kurt Gribl (links) im vertrauten Gespräch mit Baureferen­t Gerd Merkle.
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Rückblick auf den 12. Juli 2015: Bürgermeis­terin Eva Weber und Bildungsre­ferent Hermann Weber beim Bürgerents­cheid zur Stadtwerke Fusion.

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