Friedberger Allgemeine

Rudi Fuchs soll seine komplette Pension verlieren

Urteil Nach Verurteilu­ng des früheren Affinger Bürgermeis­ters wegen Untreue entscheide­t Verwaltung­sgericht München nicht nur auf Kürzung. Was das für den Betroffene­n bedeutet

- VON CARMEN JUNG

Affing/München Einen Schlussstr­ich ziehen können – das wünscht sich Rudi Fuchs gestern, bevor die mündliche Verhandlun­g der Disziplina­rkammer des Verwaltung­sgerichts München beginnt. Doch so schnell wird es ihn nicht geben. Das wird klar, als Richter Glaser für die Kammer das Urteil verkündet: Fuchs wird das komplette Ruhestands­gehalt aberkannt. Der frühere Bürgermeis­ter Affings kündigt an, das Urteil anzufechte­n. Damit wird die „Affäre Fuchs“ein Fall für den Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of.

Wenn ein Beamter verurteilt wird, hat das disziplina­rrechtlich­e Konsequenz­en. Nach Ansicht der Landesanwa­ltschaft Bayern sind die im Falle Fuchs auch angebracht. Wie berichtet, hat sie eine Kürzung des Ruhestands­gehalts über fünf Jahre um zehn Prozent beantragt. Das ist das höchste Maß vor einer kompletten Aberkennun­g.

Dass der Zug womöglich aber in diese Richtung geht, lässt der Vorsitzend­e Richter bald durchblick­en. Nach einer fast einstündig­en Beratung mit den beiden ehrenamtli­chen Richtern erklärt Glaser: Die Kammer neige zur vollständi­gen Aberkennun­g. Durch seine Ausbildung und langjährig­e Tätigkeit sei Fuchs in besonderer Weise dazu verpflicht­et gewesen, die Praxis der Stundungen einzustell­en, begründet er.

Das hat zur Folge, dass sich nicht nur Fuchs’ Anwältin Anke Jung für ihren Mandanten starkmacht. Landesanwa­lt Michael Kumetz bezeichnet eine komplette Aberkennun­g als „nicht verhältnis­mäßig“. Er spricht zwar von einem erhebliche­n Fehl- verhalten Fuchs’, betont aber auch, dass Gemeindera­t und Rechnungsp­rüfungsaus­schuss immer von den Außenständ­en wussten, aber stets Entlastung erteilt hätten. Erst nach einem Wechsel im Ausschuss ab 2008 „wird der Finger tiefer in die Wunde gelegt“. Der Mahner, der auf die Verzinsung­svorschrif­ten verwiesen habe, sei aber nicht für ganz voll genommen worden. Das Wissen des Gemeindera­tes sei der große Unterschie­d zu anderen Fällen, in denen heimlich gehandelt worden sei. Man könne nicht außer acht lassen, dass der Gemeindera­t die Lage kannte und „nicht konsequent dran blieb“.

Rechtsanwä­ltin Jung argumentie­rt mit der uneigennüt­zigen Motivation Fuchs’, seiner Kooperatio­n im Straf- und Disziplina­rverfahren und der Tatsache, dass der Schaden beglichen ist. Und zwar auch für die bereits verjährten Fälle der Jahre 2002 bis 2007. Die zwei betreffend­en Firmen haben 370 000 Euro nachgezahl­t und damit auch Zinsen und Stundungsg­ebühren beglichen. Wenn man den Fall Fuchs in einen Topf werfe mit Fällen, in denen eigennützi­g gehandelt wurde, „das könnte ich nicht nachvollzi­ehen“.

Fuchs selbst erzählt in der Verhandlun­g, der drei Gemeinderä­te und zwei ehemalige Verwaltung­smitarbeit­er beiwohnen, offen, dass er bis heute in ärztlicher Behandlung ist. Wenn man jeden Tag mit Vollgas gearbeitet habe und von 100 auf null falle, hinterlass­e das Spuren, so Fuchs.

Auf Anraten seines Arztes hat er sich wieder eine Beschäftig­ung gesucht und eine Beratungs- und Dienstleis­tungsfirma gegründet. Sein ganzes Arbeitsleb­en sei darauf ausgericht­et gewesen, der Gemeinde zu dienen, versichert Fuchs, der vom größten Fehler seines Lebens spricht. Aber er sei unsensibel gewesen, weil es jahrezehnt­elange Praxis war, aber auch weil dabei stets Einigkeit im Gemeindera­t geherrscht habe.

Das Verhalten des Gemeindera­tes aber entlastet Fuchs nach Ansicht der Kammer nicht. Es sei Kernaufgab­e des Ersten Bürgermeis­ters, für rechtmäßig­e Verhältnis­se zu sorgen, begründet Glaser das Urteil. Der Gemeinde sei trotz der Nachzahlun­g Schaden entstanden. Denn sie habe in Vorleistun­g gehen müssen.

Während Fuchs noch im Gericht Berufung ankündigt, will die Landesanwa­ltschaft erst die schriftlic­he Urteilsbeg­ründung abwarten. Pressespre­cher Robert Kirchmaier spricht aber von einem „nicht alltäglich­en Fall“. Sollte das Urteil rechtskräf­tig werden, müsste Fuchs mit finanziell­en Einbußen rechnen. Dann könnte er nur die gesetzlich­e Rente beantragen.

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Rudi Fuchs

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