„Die Kohle Jobs kommen nicht zurück“
Präsident Trumps neues Energie-Dekret soll Obamas Klimaschutzpolitik beenden. Aber selbst die Industrie bleibt skeptisch. „Es hängt alles am Preis“, sagt ein Manager. Die Kohle sei inzwischen einfach zu teuer
Washington Die Überschrift über dem Exekutiv-Befehl des Präsidenten ist so irreführend wie das Strahlen der Kumpel, die hinter Trump im Weißen Haus Aufstellung genommen haben. „Energy Independence“(Energie-Unabhängigkeit) verspricht das Dekret, das dem „Clean Power Plan“von Trumps Vorgänger Barack Obama den Todesstoß versetzen soll.
Trump spricht bei der Unterzeichnung von einem „historischen Schritt“, der darauf abziele, „Regeln zu streichen, die Jobs vernichten“. Amerika werde unter seiner Führung nicht auf den Import von Energie aus anderen Ländern ange- wiesen sein. Der Energie-Experte Robert N. Stavins von der Harvard Universität hält Trumps Argument für absurd. „Wir importieren überhaupt keine Kohle.“Darüber hinaus sind die USA dank des Fracking-Booms bereits unter Präsident Barack Obama zu einem Exporteur von Öl und Gas geworden. „Der Clean Power Plan hat mit Energie-Unabhängigkeit gar nichts zu tun“, meint Stavins. Vielmehr handele es sich um einen Angriff auf das Herzstück der Klimapolitik Obamas, die darauf abzielte, fossile Kraftwerke sauberer zu machen. Damit sollte die Selbstverpflichtung gemäß dem Pariser KlimaschutzAbkommen erfüllt werden.
Weil mehrere Bundesstaaten und die betroffene Industrie dagegen geklagt hatten, legte das oberste Verfassungsgericht den „Clean Power Plan“bis zur Entscheidung der nachgeordneten Gerichte auf Eis. Zu den Klägern gehörte der Generalstaatsanwalt von Oklahoma, Scott Pruitt, der nun als neuer Chef der Umweltbehörde EPA den Exekutiv-Befehl Trumps umsetzen soll.
Die Aufgabe für den ausgewiesenen Klima-Leugner Pruitt gestaltet sich komplizierter, als es auf den ersten Blick erscheint. Denn die Gesetze schreiben der Regierung vor, den kassierten Plan durch einen neuen zu ersetzen. Selbst wenn der EPA-Chef zügig zu Werke ginge, wird es mindestens ein Jahr dauern, ehe ein neues Regelwerk aufgestellt ist. Dieses erwartet dann eine Klageflut aus mindestens 18 Bundesstaaten, die bereits signalisierten, auf strengeren Vorschriften zum Klimaschutz zu beharren.
Auch die von Trump versprochenen Jobs in der Kohle-Industrie werden nach Einschätzung von Experten nicht zurückkommen. Fossile Brennstoffe sind angesichts des billigen Erdgases und dem rasant wachsenden Sektor für erneuerbare Energien auch ohne Umweltauflagen kaum mehr wettbewerbsfähig.
Die frühere EPA-Chefin Gina McCarthy meint, den Bergleuten sei nicht damit geholfen, die Laufzeit von ein paar Kohlekraftwerken zu verlängern. Sie weist darauf hin, „dass die Solarbranche zwölf Mal schneller wächst als die Wirtschaft insgesamt“. Nicht einmal die Kohle-Konzerne selbst erwarten durch den Abbau des Klimaschutzes einen Beschäftigungseffekt. Die Deregulierung helfe, maximal zehn Prozent der verlorenen Marktanteile zurückzuholen. „Wir müssen am Ende immer noch mit anderen Energien konkurrieren“, sagt der Sprecher des führenden Kohle-Produzenten Cloud Peak Energy, Rick Curtsinger. „Es hängt alles am Preis“, bestätigt Mark Boling von Southwestern Energy. Der Trend gehe weg von der teuren Kohle.
Die Produzenten erneuerbarer Energien stimmen ein. „Wir haben Millionen Kunden und Investoren, die saubere Energie wollen“, meint Ignacio S. Galán vom WindkraftProduzenten Iberdrola. Die Haltung des neuen Chefs der Umweltbehörde, der die Erderwärmung für kein Problem hält, „ist ein Witz“.
Trotzdem können nur wenige Klimaschützer über das Dekret Trumps lachen. Sie fürchten vor allem die negativen Konsequenzen des politischen Signals. „Ohne Unterstützung aus der Politik wird sich das Tempo verlangsamen, in dem wir weniger CO2 freisetzen“, kritisiert Klimaforscher Jason Bordoff von der Columbia University.