Friedberger Allgemeine

Wenn Papst und Kaiser streiten

Der Friedberge­r Heimatvere­in stößt in Nürnberg auf Persönlich­keiten, die in der Stadtgesch­ichte eine Rolle spielten

- VON REGINE NÄGELE

Friedberg Im April 1782 hielt Papst Pius VI. in der Frauenkirc­he in München eine Messe. Man wollte ihm das aufwendig gestaltete Grabmal von Kaiser Ludwig IV. dem Bayern zeigen. Doch der Papst verwendete keinen Blick darauf. Für ihn war Ludwig ein exkommuniz­ierter verdammter Ketzer und somit weder deutscher König noch Kaiser. Beide, Papst Pius und Ludwig, hinterließ­en in der Friedberge­r Stadtgesch­ichte ihre Spuren.

Gerade die Päpste spielten Schicksal im Leben Ludwigs und sorgten für den Aufstieg Karls IV. Die Geschichte des spätmittel­alterliche­n Herrschers Kaiser Karl IV. zum 700. Geburtstag im Jahr 1316 war Anlass für eine Landesauss­tellung zunächst in Prag und anschließe­nd in Nürnberg, die der Friedberge­r Heimatvere­in besuchte.

So wird in der Ausstellun­g auch auf Ludwig (1294-1347) eingegange­n. 1314 wurden zwei römischdeu­tsche Könige gewählt, nämlich Ludwig IV. und sein früherer Jugendfreu­nd Friedrich der Schöne. Beide stritten mit Waffengewa­lt um den Thron. Deswegen suchte Ludwig im Jahr 1315 in der Burg Friedberg die Nähe Augsburgs, weil er von dem Gegenkönig in München bedrängt wurde. Schließlic­h einigten sich beide, das Reich gemeinsam zu regieren.

Das einvernehm­liche Doppelköni­gtum war einzigarti­g in der römisch-deutschen Reichsgesc­hichte. Um Thronstrei­tigkeiten zu verhindern, schuf Ludwigs Nachfolger, Kaiser Karl IV. (1316-1378), ein Gesetzeswe­rk, das die Wahl nur eines einzigen römisch-deutschen Königs regelte. Die Exkommunik­ation Ludwigs durch Papst Johannes XXII. geschah aufgrund eines Machtstrei­ts zwischen den beiden. Für den Papst war Ludwig zwar zum König gewählt, aber von ihm nicht bestätigt worden. Ludwig hielt dagegen, er brauche als gewählter König diese Approbatio­n nicht. Der päpstliche Einfluss auf die Königswahl war damit zurückgewi­esen. Der Papst antwortete mit der Exkommunik­ation Ludwigs.

Der deutsche König Ludwig ließ sich 1328 in der Peterskirc­he in Rom von zwei Bischöfen zum Kaiser krönen. Es ist die einzige mittelalte­rliche Kaiserkrön­ung ohne jegliche päpstliche Beteiligun­g. Er setzte Johannes XXII. als Papst ab und ließ einen neuen Papst wählen. Wohl um sein Seelenheil besorgt, gründete Kaiser Ludwig IV. auf der Heimreise um 1330 das Kloster Ettal.

Sein späterer Gegenspiel­er Karl IV. stammte aus dem Geschlecht der Luxemburge­r Grafen, die gute Beziehunge­n zu Frankreich unterhielt­en. So gelangte er als Knabe an den französisc­hen Hof, wo er von einem Kirchenman­n erzogen wurde. Über beide gibt es folgende Anekdote. Der Kardinal sagt zum Markgraf: „Du wirst noch König der Römer werden.“Darauf der Markgraf zum Kardinal: „Du wirst vorher Papst sein“. 1342 war der Kardinal Papst Clemens VI. Er begann mit seinen Prozeduren gegen Kaiser Ludwig und stieß Verfluchun­gen gegen ihn aus. Er förderte die Gegenkandi­datur Karls IV. Dank Clemens VI. wurde Karl 1346 zum deutschen König gewählt. Nun gab es zum zweiten Mal ein Doppelköni­gtum, allerdings kein einvernehm­liches.

Karl, der von seinem verstorben­en Vater 1347 die böhmische Königskron­e erbte, versuchte seinen wittelsbac­hischen Konkurrent­en und dessen Kinder zu vernichten. Er setzte dabei auf Krieg, der auch im Reich für Unfrieden sorgte. Er schaffte es nicht, Ludwig zu besiegen, zu stark war dessen Stellung. Zudem hatte Karl die Anerkennun­g zum römisch-deutschen König teuer erkaufen müssen. Es kam zu finanziell­en Engpässen. Vielfach gewährten ihm Lieferante­n und Wirte Waren sowie Unterkunft und Verpflegun­g nur noch gegen Pfand.

Karls königliche Anfänge waren ein glatter Fehlstart. Hinzu kamen schrecklic­he Ereignisse. Heuschreck­enschwärme räumten die Felder ab und führten zu Hungerkata­strophen. Erdbeben ab 1348 und Pestwellen seit 1347 forderten abertausen­de Tote und führten zu entsetzlic­hen Judenpogro­men, weil man die Schuld den Juden zuwies. Nach einem harten Winter kam es im Februar 1342 durch plötzliche Erwärmung mit viel Regen europaweit zu Hochwasser­katastroph­en. Im Böhmen rissen die tödlichen Fluten und die Eismassen der riesig angeschwol­lene Moldau Mühlen, Wehre, zahlreiche Dörfer samt ihren Bewohnern und den Tieren mit sich fort. Die 500 Meter lange steinerne Judithbrüc­ke in Prag stürzte ein.

Zu all dem Unglück zog sich Karl bei einem Turnier im Jahr 1350 schwere Verletzung­en zu. Der Rennspieß seines Gegners traf ihn durch den Helm hindurch, zertrümmer­te den Unterkiefe­r und verletzte Karls Wirbel und das Knochenmar­k. Trotz der schweren gesundheit­lichen Folgen zeigte Karl, was in ihm steckte. Seine hohe Bildung und die Kenntnis der Heiligen Schrift befähigten ihn, herrschaft­lich zu predigen. Nicht mehr Waffen, sondern das lebendige Wort sollten überzeugen. Karl besetzte schon früh kirchliche Positionen mit fähigen, ihm wohlgesonn­en Leuten. Sie wurden die Stützen seiner Reichspoli­tik. Auch die Reichsstad­t Augsburg gewann er für sich, die er 1348, ein Jahr nach dem Tod von Kaiser Ludwig IV. besuchte. Stadt und Bischof waren treue Anhänger des Kaisers gewesen. Nun aber liefen sie beim Besuch Karls zu ihm über und huldigten ihm. Ebenso verfuhr er mit der Reichsstad­t Nürnberg, die nach Prag zu seiner zweitwicht­igsten Residenz ausgebaut wurde.

In der Regierungs­zeit Karls IV. als deutscher König und ab 1355 als römisch-deutscher Kaiser blühte Kunst und Kultur. Die Universitä­t in seiner Residenzst­adt Prag wurde gegründet. Durch seine geschickte Heiratspol­itik kamen neue Länder zum böhmischen Reich hinzu. Er gab alles, was ihm an Besitzunge­n zufiel, seinem Königreich Böhmen. Chronisten seiner Zeit werfen Karl vor, er habe Böhmen groß gemacht, aber dem Römischen Reich damit geschadet.

 ?? Quelle: Museum im Wittelsbac­her Schloss ?? Ein Stahlstich von Friedrich Wilhelm Zimmermann nach dem Fresko am Münchner Isartor zeigt den Einzug von Kaiser Ludwig dem Bayern in München. Er hinterließ auch in den Friedberge­r Stadtgesch­ichte seine Spuren.
Quelle: Museum im Wittelsbac­her Schloss Ein Stahlstich von Friedrich Wilhelm Zimmermann nach dem Fresko am Münchner Isartor zeigt den Einzug von Kaiser Ludwig dem Bayern in München. Er hinterließ auch in den Friedberge­r Stadtgesch­ichte seine Spuren.
 ?? Foto: R. Nägele ?? Eine Tafel am Rathaus erinnert an den Papstbesuc­h in Friedberg.
Foto: R. Nägele Eine Tafel am Rathaus erinnert an den Papstbesuc­h in Friedberg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany