Geschändete Kirchen werden „reingewaschen“
Nach dem Vandalismus in zwei katholischen Gotteshäusern vollzieht Bischof Zdarsa einen seltenen Ritus
Vöhringen Nicht nur für viele Gläubige war es ein Schock: Wochenlang hat ein Sprayer im Landkreis NeuUlm sein Unwesen getrieben – und unter anderem das Innere zweier Kirchen in Vöhringen und Bellenberg beschmiert. Den mutmaßlichen Täter, einen 19-Jährigen, hat die Polizei mittlerweile geschnappt. Zurück blieben geschändete Kirchen, die heute in einer äußerst seltenen katholischen Zeremonie reingewaschen werden sollen.
Wenn Bischof Konrad Zdarsa am Abend den Bußritus in den Kirchen der beiden Gemeinden vollzieht, ist das nicht nur für die Pfarrei vor Ort, sondern für das ganze Bistum etwas Besonderes. Vergleichbare Fälle seien im Bistum Augsburg nicht bekannt, teilt die Pressestelle auf Anfrage mit. Wie Bistumssprecherin Romana Kröling erklärt, werde ein Bußritus nur dann vollzogen, wenn in einer Kirche „schwer beleidigende, frevelhafte Handlungen“vorgenommen worden seien, die „bei den Gläubigen Ärgernis hervorgerufen haben“.
Durch die Feier eines Bußritus wird laut Kröling „die Verletzung der Heiligkeit des Ortes“behoben. Zuletzt etwa in der Kirche im nordfranzösischen Saint-Etienne-duRouvray, in der zwei selbsternannte Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates im Juli 2016 den Priester Jacques Hamel ermordeten.
So schlimm traf es den Landkreis Neu-Ulm nicht. Doch auch in Vöhringen und Bellenberg lösten der Vandalismus in den Kirchen große Bestürzung aus. Statuen und Bilder wurden verschandelt, der Altar mit goldener Sprühfarbe beschmiert. Von einem „Anschlag auf Würde und Heiligkeit des Gotteshauses“sprach etwa der örtliche Pfarrer Martin Straub. Die Kirche „Unsere liebe Frau vom Rosenkranz“in Bellenberg wurde nach den Attacken geschlossen und wird erst mit Vollzug des Bußritus wieder geöffnet.
Wenn Bischof Konrad Zdarsa um 19.30 Uhr das Gotteshaus betritt, wird der Altar zu Beginn der Feier nicht geschmückt sein. „Keine Kerzen, kein Altartuch“, sagt Kröling. Außerdem tragen die Geistlichen lila Gewänder, um den Bußcharakter zum Ausdruck zu bringen. Während des Ritus werde dann Wasser gesegnet, mit dem zunächst die Gläubigen „in Erinnerung an ihre Taufe und ihre besondere Christusbeziehung“besprengt werden. Mit dem Wasser werden schließlich Altar und Wände der Kirche symbolisch abgewaschen.
Nach Angaben der Sprecherin geht es nicht nur darum, die Unversehrtheit der Kirche optisch wiederherzustellen. Der Sinn des Bußritus liege vor allem im Verzeihen und in der Versöhnung. Auch Pfarrer Martin Straub sagt: „Es ist Unrecht geschehen. Dem muss man begegnen, indem wir Gottes Erbarmen anrufen, für uns selbst, ja für alle Menschen. Den Täter nicht verurteilen, sondern den Hass überwinden.“