Weltmeister mit Chicago?
Dass Bastian Schweinsteiger bei seinem neuen Klub einiges an Aufklärungsarbeit zu tun hat, wird schon bei der ersten Pressekonferenz deutlich. Der Neuzugang reagiert geschickt
Chicago Amerikaner und Fußball, das ist so eine Sache. Weltmeister Bastian Schweinsteiger schaut erst irritiert, fragt seinen neben ihm sitzenden Trainer Veljko Paunovic, was gemeint ist. Wie ungewohnt sein Sport für Chicago und den Rest der USA ist, hatte Schweinsteiger gerade erfahren. Ein Reporter fragte ihn, ob für sein neues Team Chicago Fire „eine Weltmeisterschaft ein realistisches Ziel“sei. Ein Sprecher des Klubs rettet die Situation und justiert die Frage nach: Ist der MLS-Cup – der Meistertitel in der Major League Soccer – ein realistisches Ziel für Fire?
Der 32 Jahre alte Mittelfeldspieler lacht und antwortet geschickt: Er hoffe, dass Fire zu einem „Weltklub“werde. Doch: „Ich kann keine Titel garantieren“, sagt er auch. „Aber ich will versprechen, dass ich alles dafür tun werde, eines Tages dahin zu kommen.“In den USA, und auch ganz besonders in Chicago, ist Soccer nur am Rand relevant. Auch wenn in der „Windy City“das Medieninteresse der vergangenen Tage ungewöhnliche Tendenzen erlebte: Nicht die Vorbereitung der Chicago Cubs, Amerikas aktueller Baseball-Champion, dominierte die Sportnews, sondern der Wechsel eines Fußballstars.
Wie viel von dem Interesse bleibt, ist stark abhängig vom Erfolg des Neuzugangs mit seiner neuen Mannschaft. Die Chicago Bulls zählen zu den berühmtesten BasketballMannschaften der USA und auch die Footballer der Chicago Bears formen die Identität der Metropole am Lake Michigan. „Ihr habt hier ein sehr gutes Baseballteam, eine sehr gute Eishockeymannschaft und ein sehr gutes American-FootballTeam“, versicherte Schweinsteiger während seiner Vorstellung. „Hoffentlich habt ihr auch bald eine sehr gute Fußballmannschaft.“Inwieweit er dazu beitragen kann, die Popularität des Fußballs und der Liga zu steigern, bleibt allerdings abzuwarten.
Fire-Fans feierten ihn zwar bereits am Flughafen, doch die USMedien sind skeptisch. Zudem wartet der Klub seit 1998 auf einen Titelgewinn und beendete die vergangenen beiden Spielzeiten auf dem letzten Platz in der Eastern Conference. „Ich weiß, dass wir in der Vergangenheit nicht gut waren, aber das will ich ändern“, sagte Schweinsteiger. „Ich mag Herausforderungen.“
Auch Schweinsteigers jüngere Vergangenheit kann als Herausforderung beschrieben werden: Beim englischen Spitzenklub Manchester United wurde der langjährige Nationalspieler im Sommer von Startrainer José Mourinho erst aussortiert und war zuletzt nur noch Reservist. Diese Rolle wird ihm in den USA wohl kaum blühen. „Ich glaube, Bastian kann in der Zukunft zu einer Ikone der gesamten MLS werden“, sagt Chicago-Coach Paunovic. Ob er aber bereits am Samstag beim Heimspiel gegen Montreal Impact endlich wieder auf den Platz kann, ist noch ungewiss. Paunovic riet den Fans jedoch, „bereit zu sein“.