Friedberger Allgemeine

Gottes Wort auf 1,17 Kilometern

Die Augsburger Kirchen stellen fünf Wochen lang die Bibel in den Mittelpunk­t

- VON ALOIS KNOLLER

So winzig ist das kleinste Exponat, dass man selbst mit Lupe diese Bibel im Streichhol­zschachtel-Format nicht lesen kann. Erst wieder sichtbar machen musste man den griechisch­en Bibeltext des 6. Jahrhunder­ts in dem Kodex aus dem 9. Jahrhunder­t vom Sinai; das abgeschabt­e Pergament wurde wiederverw­endet und neu mit einem syrischen geistliche­n Text beschriebe­n. Beide Prachtstüc­ke gehören zur Ausstellun­g „Unser Buch“, die im Reformatio­nsjahr vom 7. April bis 13. Mai im Rathaus sowie in den Kirchen St. Anna und St. Moritz gezeigt wird.

Sie speist sich aus der Sammlung des amerikanis­chen Museum of the Bible in Washington und wurde mit 120 Exponaten extra für Augsburg zusammenge­stellt. Ihr Manager Stephen Gorman sagte gestern vor der Presse, die Fuggerstad­t stelle ja den „Ground Zero der Reformatio­n“dar. Deshalb wird es in einer besonderen Vitrine auch einen Brief Martin Luthers vom Oktober 1518 auf seinem Weg nach Augsburg zu sehen geben, die Bannbulle von Papst Leo X. von 1520 und ein Gebetbuch von Kaiser Karl V. Vermittelt hat die Ausstellun­g die lokale Evangelisc­he Allianz, die dazu einen breiten ökumenisch­en Trägerkrei­s gewann. 216 Ausstellun­gsgastgebe­r und 60 Führer wurden zum Einsatz während der fünf Wochen Laufzeit geschult, berichtete Allianz-Pfarrer Bernd Fischer.

Gezeigt werden Keilschrif­ttafeln, hebräische Fragmente und Thorarolle­n, antike und mittelalte­rliche Handschrif­ten, Übersetzun­gen und etliche kuriose Ausgaben. Etwa Elvis Presleys Bibel mit persönlich­en Notizen, die zwischen 1928 bis 1930 gedruckte Waynai Bible, die eine halbe Tonne wiegt, die aus 3333 Bildern gemalte Wiedmann-Bibel, die ausgerollt 1,17 Kilometer misst, oder die Mikrofiche-Bibel, die mit Apollo 14 auf dem Mond war. Fast alle Exponate sind Originale.

Stadtdekan­in Susanne Kasch freute sich, dass im Mittelpunk­t des Reformatio­nsjahres die Bibel steht, „die uns Christen alle verbindet“. Bei der Eröffnung werde Rabbiner Henry G. Brandt sogar einen noch viel längeren Zeitraum biblischer Geschichte vermitteln. Selbst wenn die Theologie die Bibel kritisch untersucht und sie als Text von Menschen behandelt, „spricht zugleich daraus immer der lebendige Gott“, so Kasch. Prälat Bertram Meier, der Bischofsvi­kar für Ökumene, hoffte, dass Gottes Wort gerade in einer multikultu­rellen Gesellscha­ft wieder mehr in die Herzen falle und im Leben sichtbar werde. Denn es sei „mehr, als im Buch steht“.

Die Bibelausst­ellung wird von einem umfangreic­hen Programm begleitet. Führungen in verschiede­nen Sprachen können unter www.unserbuch-augsburg.de gebucht werden. In St. Moritz wird es schwerpunk­tmäßig um die Bibel und die Musik, in St. Anna um „Die Bibel wird Medium“gehen. Prof. Roland Werner, der Kurator der Ausstellun­g, wird einen Katalog herausbrin­gen.

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Foto: Museum of the Bible Diese altäthiopi­sche Geez Bibel entstand ums Jahr 1720.

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