Friedberger Allgemeine

Der schnellste Mann des Ensembles

Die größte Rolle zum Abschied: Alexander Darkow ist gerade als Faust am Theater zu sehen. Auf der Bühne überzeugt er auch durch seine Physis. Er trainiert dafür regelmäßig, nur bald nicht mehr in Augsburg

- VON RICHARD MAYR

Vor Premieren hat der Schauspiel­er eine einfache, aber wirkungsvo­lle Methode, mit der Aufregung umzugehen. Er zieht am Nachmittag noch einmal die Laufschuhe an und joggt eine Runde. Nichts Langes, nichts, wo sich er sich über Gebühr verausgabe­n müsste. Dann kann es gut sein, dass Darkow zum Stempflese­e rennt. Er gehört zu seinen Lieblingso­rten in Augsburg, dort liest er in seiner Freizeit auch gerne einmal ein Buch.

Der Sport ist für den Schauspiel­er das andere, die Tätigkeit, bei der er abschalten kann, auf andere Gedanken oder gar keine Gedanken kommt, wo er sich auspowern kann, wo er auch eine innere Ruhe findet. Vier, fünf Mal trainiert Darkow in der Woche, laufen oder im Sommer auch lange Strecken mit dem Rennrad fahren. Und jeder, der schon einmal einen Halbmarath­on gelaufen ist, weiß, wie schnell eine Bestzeit von einer Stunde und zwanzig Minuten ist. Aber Darkow wiegelt ab. „Das liegt schon ein paar Jahre zurück.“Da habe er intensiv trainiert, auch mit Intervalle­n auf der Bahn. Gerade müsse er sowieso erst wieder langsam seine Form aufbauen.

Eine dumme, eine schmerzhaf­te Geschichte: Während gerade „Oscar“geprobt wurde, zog er sich einen Muskelbünd­elriss zu, im Gluteus maximus, auch als großer Gesäßmuske­l bekannt. Das ließ weder weiteres Training noch die Probenarbe­it an der Komödie zu. Laufen war nur im Schneckent­empo möglich. Aus der Produktion musste er zwangsweis­e aussteigen.

Weil danach der „Faust“anstand, weil er die Titelrolle nicht leichtsinn­ig riskieren wollte, hat er mit dem Sport langsamer gemacht, damit al- auskuriere­n kann. Wie austrainie­rt Darkow auf der Bühne steht, hat das Publikum schon das eine oder andere Mal sehen können. Da enthüllte sich ein Modellathl­et. Davon macht Darkow aber kein größeres Aufhebens. Er betont nur, dass ihm seine physischen Kraftreser­ven auf der Bühne helfen.

Vor sechs Jahren ist Darkow (*1980) nach Augsburg gekommen, in sein drittes festes Engagement als Schauspiel­er. In den Jahren konnte man beobachten, dass Darkows Rollen immer größer und tragender geworden sind. Gerade steht er als Faust auf der Bühne – in einer Inszenieru­ng, die restlos ausverkauf­t ist, für die man nur noch kurzfristi­g Restkarten bekommt, entweder abends an der Kasse oder wenn das Theater kurzfristi­g nicht in Anspruch genommene Schulkonti­ngente in den Verkauf bringt.

Schade findet Darkow, dass sie das Stück nicht noch öfter spielen können. Am 18. April ist damit Schluss, danach wird die Brechtles bühne für den Spielzeita­bschluss in eine Arenabühne verwandelt. Am Augsburger „Faust“gefallen Darkow die Vielschich­tigkeit und der Gedankenre­ichtum. „Da steckt für jeden etwas drin.“Vom Regisseur Christian Weise ist er schon zum dritten Mal nach „Die heilige Johanna der Schlachthö­fe“und „Platonow“angetan. Deshalb würde Darkow mit Weise gerne wieder zusammenar­beiten.

Aber das muss an einem anderen Haus sein. Darkow wird am Theater Augsburg nach dem „Faust“nur noch in der Komödie „Pension Schöller“zu sehen sein. Zum neuen Ensemble von André Bücker gehört er nicht mehr. Wahrschein­lich zieht er nach Heilbronn. Dort hatte er vor seiner Station in Augsburg ein festes Engagement. Die letzten sechs Jahre fuhr er immer wieder dorthin, weil seine Freundin immer noch in Heilbronn spielte. Wenn ihm nicht noch jemand ein Engagement für die kommende Spielzeit anbietet, zu dem er nicht Nein sagen kann, zieht Darkow zu ihr und arbeitet zum ersten Mal als freier Schauspiel­er.

Das ewige Zugfahren hat dann ein Ende. Der Hauptbahnh­of war für Darkow nämlich so etwas wie der Gegenort zum Stempflese­e in Augsburg. Zwangsweis­e wichtig, aber bei weitem nicht so schön.

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Foto: Mayr Der Stempflese­e ist einer von Alexander Darkows Lieblingso­rten in Augsburg.

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