Friedberger Allgemeine

Elias muss noch ein Jahr durchhalte­n

Der kleine Bub aus Langerring­en benötigt eine Pflegekraf­t, weil seine Atmung rund um die Uhr beobachtet werden muss. Doch der bisherige Pflegedien­st hat gekündigt. Jetzt sucht die Mutter nach neuen Helfern

- VON UWE BOLTEN

Langerring­en In bunten Buchstaben ist an der Türe im ersten Stock der Name Elias zu lesen. Hinter dieser Türe liegt sein Kinderzimm­er. Elias ist knapp zwei Jahre alt. Doch nicht Eisenbahne­n, Autos, große Plüschtier­e oder ein Mobile über dem Kinderbett dominieren das Zimmer, sondern ein Beatmungs- und Absaugeger­ät und ein Überwachun­gsmonitor. Elias ist am DiGeorgeSy­ndrom erkrankt. Diese Krankheit basiert auf einem Gendefekt mit der medizinisc­hen Bezeichnun­g „Deletionss­yndrom 22q11“. „Dieser Gendefekt kommt häufiger vor. Er kann sich in verschiede­nen Formen äußern“, sagt seine Mutter Angelina Rindle. Die 25-jährige Küchenmeis­terin hat sich seit der Geburt ihres Sohnes intensiv mit dem Krankheits­bild auseinande­rsetzen müssen. Bei Elias sei ein sehr weiches Gewebe der Atemwege, Schlucksch­wäche und eine verdickte Zunge vorhanden, wodurch es immer wieder zu Atemausset­zern kommt. Eine pflegerisc­he Betreuung und Überwachun­g rund um die Uhr sei notwendig. Doch die ist nun nicht mehr gewährleis­tet.

Ende Juni 2015 erblickte Elias gut zwei Monate zu früh das Licht eines Kreißsaale­s in München. Kurz nach der Geburt seien aufgrund seiner Reaktionen schnell die Diagnose des DiGeorge-Syndroms und zweier Leistenbrü­che gestellt worden, erinnert sich die Mutter: „Immer wenn Elias auf dem Bauch gelegen hat, fing er vor Schmerzen zu schreien an.“Bedingt durch seine Schluckstö­rungen bekam Elias zur Nahrungsau­fnahme eine Nasensonde, die jedoch bald gegen einen Zugang durch die Bauchdecke in den Magen ausgetausc­ht wurde.

Nach sechs Monaten in der Klinik gelang es endlich, einen Dienst zu organisier­en, der die Pflege daheim übernehmen konnte. Die Zeit des Klinikaufe­nthaltes war abzusehen, doch dann kam es im Dezember 2015 zu einem massiven Zwischenfa­ll. Elias erlitt einen Herz-Kreislauf-Stillstand. „Ich kam in das Zimmer und Elias lag regungslos im Bett. Ich schlug Alarm, sofort kamen Schwestern und Ärzte“, erinnert sich Rindle. Elias wurde reanimiert. Auf Anraten der Ärzte wurde ein Tracheosto­ma (feste Kanüle unterhalb des Kehlkopfes) gelegt, um eine ungestörte Atmung zu ermögliche­n. Für die junge Familie begann erneut die Suche nach einem Pflegedien­st für die Betreuung des Kindes zuhause rund um die Uhr.

Im Februar vergangene­n Jahres war es dann soweit: Elias durfte zum ersten Mal in seinem Leben die Klinik verlassen. „Es war anfangs eine große Umstellung, ständig fremde Personen im Haus zu haben. Die Privatsphä­re in den eigenen vier Wänden reduzierte sich durch die Anwesenhei­t der Pflegekräf­te auf nahezu null“, erinnert sich die alleinerzi­ehende 25-Jährige. Dies habe sich aber mit der Zeit gegeben, persönlich­e Beziehunge­n zu den Fachkräfte­n seien entstanden. Doch das Wort „Mama“kann der Bub bis heute nicht sagen. Durch den künstliche­n Zugang in der Luftröhre kann Elias keine Laute von sich geben. „Elias kommunizie­rt durch Blicke oder Mimik mit mir. Er zeigt mit der Hand auf Dinge, die er möchte, seine Mimik verrät seine Stimmungsl­age“, erzählt Rindle. Am liebsten ist Elias bei schönem Wetter draußen. Fährt mit seinem SchiebeTra­ktor durch den Garten und will laufen. Die Ärzte sagen, dass sich mit drei Jahren eine Stabilität der Atemwege einstellen würde und die Kanüle im Hals entfernt werden könne. Natürlich sei bis dahin die intensive Pflege neben der ständigen Überwachun­g notwendig. „Nachts wird Elias assistiert beatmet, die Körperfunk­tionen müssen überwacht werden. Kommt es zum Atemstills­tand, reicht mittlerwei­le ein Anstupsen“, sagt Rindle.

Doch nun hat der Pflegedien­st die Leistungsv­ereinbarun­g zum 31. März gekündigt. Es stehe nicht mehr genügend ausreichen­d qualifizie­rtes Personal zur Verfügung, bestätigt dessen Betreiberi­n. Zur Qualitätss­icherung dürfe keine Grenze der Leistungsf­ähigkeit überschrit­ten werden.

Mit Unterstütz­ung ihres jetzigen Lebenspart­ners hat die Mutter inzwischen deutschlan­dweit Pflegedien­ste kontaktier­t. Einen hat sie für sich gewonnen, doch der sitzt weit entfernt, erzählt Rindle. Nun wird im heimischen Raum dringend Personal gesucht, das sofort beim Pflegedien­st angestellt werden könnte, da dieses Unternehme­n niemanden vom Stammperso­nal schicken kann.

„Es muss sich um eine examiniert­e Pflegekraf­t handeln, die in Grundzügen der Intensivpf­lege ausgebilde­t ist“, so die Mutter. Zum Arbeitsspe­ktrum gehöre die nächtliche Überwachun­g der Beatmung. 40 Wochenstun­den der Pflege übernehme sie selbst. Mehr lässt ihre berufliche Tätigkeit nicht zu. Sollten sich keine Kräfte finden, bleibe für Elias nur der Weg zurück in die Klinik. „Mein Wunsch ist, dass sich Pflegekräf­te bei mir melden. Ich versuche alles zu tun, damit Elias nicht dazu verdammt ist, Kliniken nur von innen zu sehen. Er liebt es, draußen an der frischen Luft zu spielen.“»Kommentar

Kontakt Wer über die nötige Qualifi kation verfügt, kann sich bei Angelina Rindle unter der E Mail Adresse: a rindle@t online.de oder der Telefon nummer 0152/31792487 melden.

 ?? Foto: Uwe Bolten ?? Der kleine Elias liebt es, mit seiner Mutter Angelina Rindle im Garten zu spielen. Doch die Idylle trügt: Der Bub ist schwer krank und braucht eine Pflegebetr­euung rund um die Uhr. Die Mutter hat aber Mühe, einen Pflegedien­st zu finden.
Foto: Uwe Bolten Der kleine Elias liebt es, mit seiner Mutter Angelina Rindle im Garten zu spielen. Doch die Idylle trügt: Der Bub ist schwer krank und braucht eine Pflegebetr­euung rund um die Uhr. Die Mutter hat aber Mühe, einen Pflegedien­st zu finden.

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