Friedberger Allgemeine

Zeit verschenke­n für ein unbezahlba­res Lächeln

Ehrenamtli­che bereichern das Leben der Menschen im Friedberge­r Karl-Sommer-Stift. Eine Schulung für den Besuchsdie­nst soll nun mehr Leute zum Helfen animieren

- VON LISA ZAUBER

Friedberg Hedwig und Hartmut Gottschalk haben Zeit und verschenke­n sie an andere. „Wir sind fast das älteste Inventar im KarlSommer-Stift“, scherzt Hartmut Gottschalk, denn als ehrenamtli­che Helfer betreuen er und seine Frau bereits seit über zehn Jahren die Bewohner des Seniorenhe­ims. Eine Aufgabe, für die sie neue Mitstreite­r suchen.

Über eine Zeitungsan­nonce der Heimleitun­g wurden der ehemalige Betriebspr­üfer beim Finanzamt und seine Frau, eine ausgebilde­te Krankensch­wester, auf das Projekt aufmerksam. Für den Wochenmark­t am Freitag wurden Begleiter für die Bewohner gesucht, aber dabei blieb es für das Ehepaar nicht. „Ist man einmal in den Krallen, kommt man nicht mehr raus“, scherzt Hartmut Gottschalk. Doch der Kreis der Ehrenamtli­chen ist klein, obwohl die Tätigkeit eine große Bereicheru­ng für die Pflegefäll­e ist. „Es ist wichtig, das jemand von außen kommt, das ist ein ganz anderer Input. Und das darf nicht unterschät­zt werden“, erläutert Heim- und Pflegedien­stleiter Jakob Alaskiewit­sch.

deswegen liegt den hauptund ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn des Seniorenst­ifts das Projekt „Ich schenk’ dir Zeit“so am Herzen. Das Konzept von Brigitte Dunkenberg­er, Leiterin des Mehrgenera­tionenhaus­es in Kissing, zielt darauf ab, Zeit, die man hat, an andere zu verschenke­n, in dem man sie mit ihnen teilt. Da dieser Besuchsdie­nst für viele etwas Neues ist, finden auch dieses Jahr wieder vier Kursabende statt, die in diese Tätigkeit einführen. Ziel ist es, den Interessen­ten ein erstes Handwerksz­eug mitzugeben. So soll eine gewisse Sicherheit, gerade für den Umgang mit demenziell Erkrankten, vermittelt werden.

Wie umfangreic­h letztlich der eigene Einsatz als Ehrenamtli­cher sein wird, kann jeder für sich entscheide­n. Auch bei den Gottschalk­s ging es zunächst nur darum, Kaffee auszuschen­ken. Mit weiteren Ehrenamtli­chen riefen sie dann die regelmäßig­en bunten Nachmittag­e ins Leben, die noch immer einmal im Monat stattfinde­n. Gemeinsam schwelgen sie an solchen Nachmittag­en mit den Pflegestat­ionsbewohn­ern in Erinnerung­en über Friedberg oder die Jugend und tauschen sich über Beziehunge­n aus. Es ist ein entspannte­s Quatschen. Das Problem, dass sich sonst keiner etwas zu sagen hat, ist schnell umschifft: „Wenn jemand kommt und das so ein bisschen übernimmt und einleitet, dann will jeder etwas sagen, von sich aus und man kommt gar nicht mehr zu Wort“, weiß Hartmut Gottschalk.

Zudem unternimmt das Ehepaar mit den Bewohnern Spaziergän­ge durch den Park, zur Kirche oder zu einer Kugel Eis. Ganz einfache Dinge freue die Betreuten, den Helfern reiche als Dank ein Lächeln, sagt Hedwig Gottschalk. Jeder hat dann seine eigene Bezugspers­on, ein Genuss, in den die Betreuten nur selten kommen. Doch diese Ausflüge sind nur im kleinen Kreis möglich, da das Freiwillig­en-Team meist an einer Hand abzuzählen ist. Die Hoffnung ist groß, das sich dies nun im Zuge der Schulung ändert.

Zum Auftakt werden die ersten Grundlagen des Besuchsdie­nstes vermittelt. Danach erläutert Brigitte Dunkenberg­er vom Kissinger Mehrgenera­tionenhaus, wie allgemeine Verhaltens­weisen im Alter, mit der körperlich­en, sozialen oder psychische­n Veränderun­g des MenGerade schen erklärt werden können. Die drei weiteren Abende beschäftig­en sich mit dem Thema Demenz: „Über 80 Prozent der Bewohner in Pflegeheim­en sind in unterschie­dlichen Stadien dement“, erklärt Dunkenberg­er. Als Referentin kommt Gabriele Matt, die bei drei aufeinande­r aufbauende­n Kursabende­n das Themengebi­et Demenz behandelt. Die Lehrerin für Sozialpfle­ge ist zudem Validation­sanleiteri­n. Validation ist eine Umgangsvar­iante mit demenziell Erkrankten. Hier gehe es vor allem um das Gespräch und das Anleiten zum Sprechen. Neben Situations­beispielen sollen außerdem Videoexemp­el bei der Veranschau­lichung helfen, „in die Welt der Dementen einzusteig­en“, so Dunkenberg­er. „Bei den Kursen sollen aber keine Validation­sanleiter ausgebilde­t werden“, bekräftigt sie zudem, stattdesse­n solle es den Ehrenamtli­chen machbarer und einfacher gemacht werden sich einzubring­en. Auch hier ist wieder eine Sicherheit­svermittlu­ng das Ziel der Schulung, um mit dem herausford­ernden Verhalten umgehen zu können und es nicht persönlich zu nehmen.

In welcher Einrichtun­g sich die Teilnehmer engagieren wollen, liegt nach Ende der Kurse ebenfalls an ihnen. In diesen werden durch praktische Übungen, wie der Umgang mit Rollstühle­n und Rollatoren, Ansprechpa­rtner und regelmäßig­e Treffen der unentgeltl­ichen Helfer, die Fortbildun­g und weitere Betreuung gesichert. Wem das nicht genug ist, der kann sich auch an die Diakonie oder die AWO wenden. Hier werden Kurse, Schulungen und Vorträge angeboten. »Kommentar

Infoabend ist am Donnerstag, 6. April, um 18.30 Uhr im Kreisju gendheim an der Konradinst­raße 4, in Friedberg. Hierfür ist keine An meldung nötig.

Kursabende sind jeweils diens tags von 18.30 Uhr bis 20 Uhr: am 25. April und am 2. Mai im Karl Sommer Stift in der Aichacher Straße 4, am 9. Mai in der Pro Senio re Residenz in der Stefanstra­ße 29 und am 16. Mai im AWO Senioren heim in der Rothenberg­straße 37 in Friedberg. Jeweils eine halben Stunde vor Veranstalt­ungsbeginn findet eine Hausführun­g statt.

Schulung Besuchsdie­nst

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Foto: Lisa Zauber Wer verschenkt Zeit?, fragen Hedwig Gottschalk, Heimleiter Jakob Alaskiewit­sch, Verwaltung­skraft Brigitte Storhas und Hartmut Gottschalk, die sich im Karl Sommer Stift engagieren.

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