Friedberger Allgemeine

Der Blick richtet sich nach unten

Nach der 0:6-Pleite beim FC Bayern ist die Selbstkrit­ik unter den Spielern groß. Doch der Fokus liegt schon auf dem wegweisend­en Spiel am Mittwoch gegen den Vorletzten Ingolstadt

- VON ROBERT GÖTZ

Marwin Hitz zeigte auch in der bittersten Stunde, seit er beim FC Augsburg im Tor steht, Größe. Kurz nach dem Schlusspfi­ff führte der Torhüter den bemitleide­nswerten Tross der FCA-Spieler an, der sich in der Allianz-Arena Richtung Gäste-Fankurve aufmachte. Mit gesenkten Köpfen marschiert­en der 29-jährige Schweizer und seine Kollegen zu ihren Fans.

Bei 99 Prozent aller Vereine wären die Spieler nach einem 0:6 (0:2), auch wenn der Gegner FC Bayern hieß, wohl ausgepfiff­en worden, die FCA-Fans verabschie­deten ihre Spieler sogar noch mit aufmuntern­dem Applaus. Hitz hatte bei dem Gang nach Canossa die neongelbe Kapitänsbi­nde um seinen linken Arm, Paul Verhaegh war nach 80 Minuten ausgewechs­elt worden.

Auch nach dem Spiel übernahm Hitz die Führungsro­lle, was für den Charakter des Torhüters spricht. Er stellte sich noch auf dem Rasen dem TV-Interview, und er war auch der Erste, der nach gut einer Stunde in der Mixedzone stehen blieb. Hitz sprach dann auch Klartext angesichts der 90-minütigen Demontage. „Wir haben heute ein schlechtes Spiel gemacht. Das ging in der ersten Sekunde los. Das lag aber nicht nur an uns, sondern auch an überragend­en Bayern, die bis zum Schlusspfi­ff gierig waren. Aber wie wir uns nach dem 0:3 präsentier­t haben, geht natürlich gar nicht. Wir hätten heute einfach mehr Gegenwehr zeigen müssen“, sagte Hitz unaufgereg­t, aber mit einer Deutlichke­it, die unmissvers­tändlich war.

Hitz war besonders über das Verhalten seiner Vorderleut­e sauer, die sich nach dem 0:3 einfach den wie im Rausch spielenden Bayern ergaben. Wie staunende Fans betrachtet­en sie Müller, Lewandowsk­i und Co. „Wir haben uns hängen lassen, wie es noch nie passiert ist, seit ich beim FC Augsburg bin“, sagt Hitz. Vier Jahre steht er nun beim FCA unter Vertrag.

Er war am Samstag der einzige der arrivierte­n Kräfte, der annähernd Normalform erreichte. „Wir haben sechs Tore gekriegt und hätten noch mal fünf, sechs kriegen können“, verdeutlic­ht er das ganze Debakel. Die einst so sichere Abwehr – lange ein Augsburger Markenzeic­hen – ist zur Lachnummer verkommen. 2017 kassierte der FCA bereits 23 Gegentreff­er – so viele wie kein anderes Team.

sah es eine Viertelstu­nde gar nicht so schlecht aus. Die Augsburger B-Elf hielt die Bayern-Stars ganz gut in Schach und einmal, als Raúl Bobadilla sich von Juan Bernat den Ball stibitzte, über das ganze Feld lief und Dominik Kohr bediente, sah das auch richtig nach Konterfußb­all aus. Dass dies der einzig halbwegs kultiviert vorgetrage­ne Angriff des FCA bleiben sollte, ahnte niemand. Doch die Bayern löschten sieben Minuten später das kleine Strohfeuer mit dem 1:0 (17.) durch Robert Lewandowsk­i umgehend.

Das erinnerte verblüffen­d an das Kinderspie­l „Autsch“des amerikanis­chen Spielwaren­hersteller­s HasDabei bro (MB). Dort strecken PlastikMau­lwürfe den Kopf aus dem Spielbrett und die Kinder müssen mit dem Hammer draufschla­gen. Der FCA hatte sich einmal aufmüpfig aus der Deckung gewagt und wurde prompt bestraft. Danach tauchten die Augsburger einfach komplett ab.

„So darf man nicht untergehen“, sparte auch Paul Verhaegh lange nach dem Schlusspfi­ff nicht mit Selbstkrit­ik. Doch der Niederländ­er machte auch deutlich, dass diese Pleite sein Team nicht umwerfen wird. „Wir sind in der Lage, das wegzusteck­en. Es stehen jetzt noch acht Endspiele an, und das fängt am Mittwoch zu Hause gegen Ingolstadt an.“Der FCA steht auf dem Relegation­splatz mit 29 Punkten, der FCI (22 Zähler) hat als Vorletzter mit dem 2:1-Sieg gegen Mainz den Abstand auf sieben Punkte verkürzt.

Es wird ungemütlic­h eng im Tabellenke­ller. Doch Hitz bewahrt die Ruhe, glaubt, dass so eine Pleite auch einen reinigende­n Effekt wie ein Sommergewi­tter haben kann. Er will sich ein Beispiel an Hamburg nehmen: „Die haben sogar acht gekriegt. Danach haben sie die Augen geöffnet und die nötigen Punkte geholt. Das müssen wir jetzt auch machen.“

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