Suche nach Kreisbrandrat wird schwer
Ben Bockemühl verlässt das Wittelsbacher Land und verabschiedet sich unter Tränen. Doch wer künftig in seine Fußstapfen tritt, ist noch offen
Kissing Wenn verletzte Menschen aus verkeilten Autowracks oder brennenden Häusern geborgen werden müssen, brauchen die Retter einen kühlen Kopf und klaren Verstand. Doch Ben Bockemühls Gefühle waren stärker, als er sich bei der Dienstversammlung in Kissing von seinen Feuerwehrkameraden verabschiedete: Unter Tränen nahm der Kreisbrandrat Dankesworte, Ehrungen und Geschenke entgegen, bevor er demnächst als hauptamtlicher Leiter der dortigen Feuerwehren nach Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg geht.
Dem Wittelsbacher Land kehrt der 36-Jährige den Rücken, weil sich seine Doppelbelastung im Ehrenamt und Beruf als Lehrer in Friedberg nur schwer unter einen Hut bringen lässt. Viele tausend freiwillige Arbeitsstunden und Kilometer hat der Chef der 104 Landkreiswehren hinter sich, jetzt freut er sich auf seine neue berufliche Herausforderung (wir berichteten). Dass die Zusammenarbeit in Aichach-Friedberg wesentlich besser klappt als im Kreis Augsburg, wo Kreisbrandrat Alfred Zinsmeister derzeit mit großen Führungsproblemen kämpft, unterstrich in der Paartalhalle Landrat Klaus Metzger: „Wir sind auch bei unterschiedlichen Meinungen immer respektvoll miteinander umgegangen und konnten uns jederzeit aufeinander verlassen.“
Mit innovativen Ideen habe sich Bockemühl unter anderem sehr für die Aus- und Fortbildung eingesetzt, sagte Metzger und erinnerte an eine Reihe denkwürdiger Einsätze im Vorjahr, vom Tornado in Affing bis zur großen Evakuierung wegen eines Bombenfunds in Augsburg. „Das ist eine Zäsur und ein herber Verlust für das Wittelsbacher Land“, kommentierte der den Abschied, der ihn völlig überrascht habe.
Die Suche nach einem Nachfolger solle „total transparent und kollegial ohne Mauschelei“ablaufen, werde aber nicht ganz einfach: „Neben der fachlichen Kompetenz brauchen wir jemanden mit menschlichen Führungsqualitäten.“Beides hatte Bockemühl in den vergangenen fünfeinhalb Jahren mit enormem persönlichen Einsatz unter Beweis gestellt. Ein Zeichen für seine große Wertschätzung war in Kissing die Anwesenheit mehrerer Bundestagsund Landtagsabgeordneter sowie zahlreicher Bürgermeister und Ver- treter befreundeter Rettungsorganisationen. Sichtlich bewegt und mit Tränen in den Augen dankte Bockemühl seinem Team, allen Inspektoren, Ausbildern, Fachberatern, Schiedsrichtern und sonstigen Wegbegleitern für ihre Unterstützung. Angesichts des aktuellen Streits im Landkreis Augsburg mahnte er seine Kameraden zum Zusammenhalt und stellte fest: „Es funktioniert nur, wenn jeder sagt: Ich helfe mit!“Der Landrat überreichte dem Kreisbrandrat seine Uniform und den Helm, die er nach Baden-Württemberg mitnehmen wird. Ein wichtiges Thema bei der DienstverLandrat sammlung war unter anderem die Novellierung des bayerischen Feuerwehrgesetzes. Es soll künftig auch die Einrichtung von Kinderfeuerwehren ermöglichen, in denen Nachwuchs ab sechs Jahren frühzeitig an die Aufgaben der kommunalen Feuerwehren herangeführt wird. Gleichzeitig soll das Höchstalter für den aktiven Dienst von 63 auf 65 Jahre heraufgesetzt werden. Die Wehren können so von der langjährigen Erfahrung älterer Mitglieder profitieren.
Ein weiterer Bestandteil des Gesetzesentwurfs ist die Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit der Feuerwehren. Möglichkeiten zur Kooperation sollen erweitert werden, wodurch Brandschutzmaßnahmen und der technische Hilfsdienst effektiver eingesetzt werden können. Durch den bedarfsorientierten Einsatz von sogenannten FachKreisbrandinspektoren sollen Kreisbrandräte bei ihrer Arbeit entlastet werden; dass letztere künftig hauptberuflich tätig sind, hätte Bockemühl lieber gesehen. Er dankte allen Firmen, die ihre Beschäftigten fürs Ehrenamt freistellen, und nannte in der Paartalhalle eindrucksvolle Zahlen. So leisten in den 104 Landkreis-Wehren insgesamt 3667 Aktive Dienst, die bei 2236 Einsätzen im Vorjahr 306 Menschen das Leben retteten. In 70 Jugendgruppen sind 954 Jugendliche organisiert, 193 wurden 2016 in die aktive Feuerwehr übernommen. Mehr als 1700 Personen nahmen an Ausund Fortbildungsveranstaltungen der Kreisbrandinspektion teil.
Weitere Themen der Versammlung waren unter anderem der Digitalfunk, Einsatzkonzepte und Rechtsgrundlagen sowie Lehrgänge und Leistungsprüfungen. Die nächste Dienstversammlung mit Neuwahlen wird am 12. Mai in Adelzhausen stattfinden.