Geheime Agenten im Pfarrheim
Der Kreisjugendring hat in Mering wieder Kinder und Teenies vom Bildschirm weggelockt. Warum es dort keinen Zutritt für virtuelle Monster gibt
Mering Wenn sich zu nächtlicher Stunde Geheimagenten im Meringer Papst-Johannes-Haus treffen, dann sind wieder die beliebten Spieletage des Kreisjugendrings (KJR). Sie haben zwischen Faschings- und Osterzeit mittlerweile ihren festen Platz im Terminkalender und eine treue Anhängerschaft, wie die vergangenen vier Tage zeigten. Bis Sonntagabend konnten Familien und Schulklassen aus dem südlichen Landkreis ihrem Spieltrieb freien Lauf lassen; außerdem gab es eine Schach-Schule und Weißwürste zur Stärkung. Das Angebot des KJR kam auch dieses Jahr bei Jung und Alt gut an, wie Vorstandsmitglied Diana Pfaffl berichtet.
Sie hat in ihrem Heimatort Merching rund 900 Spiele im alten Feuerwehrhaus gelagert und zwei Drittel davon in großen Schränken nach Mering mitgebracht. „Beim ersten Mal mussten wir noch auf Leihgaben aus Deggendorf zurückgreifen“, erinnert sie sich; auch über die Arbeitsstelle für Spieleforschung und Freizeitberatung der Fachhochschule Dortmund konnte der Jugendring einen größeren Posten spannender Spiele bekommen.
„Zum Spiel des Jahres 2016 ist ,Codenames’ gekürt worden“, sagt Pfaffl. Das Teamspiel aus Tschechien ist für zwei bis acht Spieler ab 14 Jahren konzipiert und wurde weltweit bereits in 30 Sprachen übersetzt. Bei diesem Sprachjonglierspiel teilen zwei Geheimdienstchefs ihren Teammitgliedern mit, welche Agenten zur eigenen Orga- nisation gehören. Da die Konkurrenz zuhört, suchen sie abwechselnd Assoziationen, um die Codenamen der Spione zu umschreiben. Ein falscher Tipp beendet den Zug, gewonnen hat, wer zuerst alle seine Agenten errät.
Blokus und Burg Flatterstein, Elfenland und Shiftago – die Auswahl im Papst-Johannes-Haus war so riesig, dass man selbst bei der langen Spielenacht bis Mitternacht nur einen Bruchteil ausprobieren konnte. kommen seit zwei Jahren regelmäßig mit der ganzen Familie“, erzählt Marlies Schindler aus Kissing, „mit so vielen interessanten Lege-, Karten- und Taktikspielen bringt man die Kinder mal vom Computer und Fernseher weg.“
Genau diese Absicht verfolgt der KJR mit seiner Veranstaltung, die auch Pfaffls Kinder Johanna, 9, und Benedikt, 11, begeistert. „Zu Weihnachten habe ich von meiner Mutter immer ein neues Spiel bekommen“, sagt sie und schränkt ein: „Wenn ich erst seitenlange Anleitungen mit komplizierten Regeln studieren muss, verliere ich die Lust!“
Der große Zuspruch aller Altersgruppen zeige, dass das Konzept des Kreisjugendrings aufgeht. Virtuelle Monster oder blutrünstige Killer, wie es sie in vielen PC-Spielen gibt, hatten in Mering keinen Zutritt.
Auch im digitalen Zeitalter mit animierter PC-Unterhaltung bringen kreative Tüftler jedes Jahr wie„Wir der neue interessante Unterhaltung auf den Markt. Der Vorsitzende des Vereins „Spiel des Jahres“, Tom Felber, sieht in der jährlichen Preisverleihung „die Förderung des Spiels als Kulturgut in der Familie und in der Gesellschaft“. Doch längst zählen nicht mehr nur Familien zur klassischen Zielgruppe für Brettspiele. Analoge Gesellschaftsspiele haben in Büros, in Wohngemeinschaften und Freundeskreisen ihre Anhängerschaft – und für diese Fans muss es oft kniffelig sein. Zum Kennerspiel des vergangenen Jahres wurde deshalb das Lege- und Wirtschaftsspiel „Isle of Skye“gekürt.
Es wirkt dank schlanker Regeln einfach, dennoch ist es faszinierend herausfordernd. Wie im richtigen Leben brauchen die Spieler Erfahrung, um ihr Geld taktisch schlau zu verwalten und einzusetzen. Um das richtige Brettspiel für die eigene Familie auszuwählen, erklärt Diana Pfaffl, sollten sich Eltern erst einmal gemeinsame Vorlieben bewusst machen: Soll der Spieleabend hektisch, laut und lustig sein, will man sich lieber stundenlang in Strategien und Pläne vertiefen, bevorzugt man Holzspiele, Karten oder Würfel?
Gerade für kleinere Kinder sei es wichtig, dass das Spiel einen großen Glücksfaktor und hohen Spannungsbogen habe. Der Zufall muss fürs Gewinnen eine entscheidende Rolle spielen, und der Sieger sollte nicht nach den ersten Runden feststehen, damit die Kleinen lange mitfiebern können. Pfaffl: „Rezensionen im Internet können da helfen oder auch ein gemeinsamer Einkaufsbummel mit den Kindern.“