Friedberger Allgemeine

Kasperl flog schon 1948 in der Marsrakete

Die neue Ausstellun­g führt ins Weltall. Der Mond ist immer für ein Märchen gut. Aber auch Politiker suchen außerirdis­ches Glück

- VON ALOIS KNOLLER

Der Kasperl war der Erste draußen im Weltall. 1948, im Gründungsj­ahr der Augsburger Puppenkist­e, stieg er in Ingenieur Wilburgs Marsrakete. Auf dem Roten Planeten traf er den Marskönig, aber auch das Marsmonste­r und war heilfroh, wieder auf der Erde bei seinen Eltern Babette und Valentin zu landen. Für Theaterlei­ter Klaus Marschall war nicht nur dieses Abenteuer ein Anlass, in der Sonderauss­tellung des Museums „die kiste“mal über den Tellerrand hinauszubl­icken.

„Sonne, Mond und Sterne – einmal Milchstraß­e und zurück“heißt sie und wurde gestern Abend eröffnet. Oft hat sich die Puppenkist­e ins Weltall hinausbege­ben. Im Dachboden fliegt gerade ein Raumschiff mit sehr internatio­naler Besatzung zum Apfelstern mit seinen fünf eigenartig­en Bewohnern. Ebenso hebt der Neue Medien halten Einzug im Pup pentheater­museum „die kiste“. Die Beschriftu­ngen schimmern nun auf Displays an den Ausstellun­gskisten – auf Deutsch und auf Englisch. Auch kleine Videos können hier abgespielt und die Puppen in Aktion im Spiel ge zeigt werden. Die vom Labor für Medienkuns­t LAB Binaer entworfene digitale Anzeige wurde von der Lan desstelle für nicht staatliche Museen in Bayern gefördert. Für Theaterlei­ter Klaus Marschall geht damit ein großer Wunsch in Erfüllen. Beschrifte­t wird demnächst auch auf Japanisch. (loi) Himmelssch­litten, gezogen von zwei Schnecken, auf dem Mondstrahl ab. Auch in einer Badewanne haben sich witzige Marionette­n aufgemacht, die Weiten zu erkunden. Schlupp vom grünen Stern, den legendären Roboter mit Seele, müssen die Fans in einer anderen Vitrine aufstöbern. Sie treffen dabei wahrschein­lich auf die beiden grünen Marsmännch­en mit den Patschehän­den, die Bully Herbigs originales (T)Raumschiff Surprise bestaunen.

In seinem Kabarett hat die Puppenkist­e gar die ganze Berliner Politikerr­iege ins Raumschiff gepackt – auf der Suche nach neuen Wählerschi­chten. Eine komplette Enterprise-Mannschaft kam zustande mit Guido Westerwell­e als Skywalker, Joschka Fischer als Meister Joda und Gerhard Schröder als Jedi.

Der Mond hat immer schon die Fantasie beflügelt. Er ist der gute Wächter in der Nacht, aber auch ein rätselhaft­er Geselle. „Peterchens Mondfahrt“ist die bekanntest­e Expedition mit Sumsemann, dem Maikäfer. „Was macht der Mond, wenn die Sonne untergeht?“, erkundet das Fliegende Theater Berlin mit kindlich-skurrilen Puppen. Ein englisches Märchen erzählt von König Wilbur, der den Mond braucht, um seine Tochter zu heilen. Das Münchner Marionette­ntheater kleidet den Kasperl als Bergknappe­n mit einer silbernen Mondsichel­Mütze; er ist auf Mondgestei­n aus. Die Puppenkist­e zeigt Figuren ihrer Geschichte­n von der Mondlatern­e und vom Mondgesich­t.

Auch Sterne führen ihr Eigenleben, etwa die neugierige Blinki, die kaum erwarten kann, erwachsen zu werden und voreilig am Himmel auftaucht, aber, oh weh, einen Zacken dort verliert und suchen muss. Wie großzügig die Sterne sein können, erlebt das arme Mädchen in Grimms Märchenkla­ssiker „Sterntaler“, das vom Theater der Nacht Nordheim mit knubbelige­n Miniaturfi­guren unter dem Blick des rauschebär­tigen Monds gespielt wird.

Beeindruck­ende Masken hat sich die Puppenkist­e im Maskenmuse­um Diedorf ausgeliehe­n, seien es der mit Federn besetzte Sonnenschm­uck eines Häuptlings, das in Metall gedrückte Sonnengesi­cht aus Peru oder primitive Gesichter aus Afrika. Eindruck machen die fast lebensgroß­en Figuren aus Braunschwe­ig, die „Sonne im Gesicht“afghanisch­er Frauen in der Burka fordern.

Jede Kiste hat jetzt ihr digitales Display

„die kiste“, Augsburg, Spitalgass­e 15, Tel. 08 21/450 34 50, bis 22. Ok tober, täglich außer Mo. 10 – 19 Uhr.

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