Friedberger Allgemeine

Megaboom in der Muckibude

Heute startet die weltgrößte Fitnessmes­se Fibo in Köln. Über zehn Millionen Deutsche trainieren im Studio – und es werden immer mehr. Aber ist das auch gut für die Gesundheit?

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Ende 2016 waren in Deutschlan­d über zehn Millionen Menschen in knapp 8700 Fitnessstu­dios angemeldet – Tendenz steigend. Was sagen Sie als Sportmediz­iner und Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Sportmediz­in und Prävention zu diesem Trend? Klaus Michael Braumann: Ich kann diesen Trend nur positiv sehen. Das ist eine hervorrage­nde Entwicklun­g. Dass Sport und Bewegung gut für den Menschen sind, ist längst belegt. So werden neben den seit langem bekannten gesundheit­lichen Effekten etwa die Stresstole­ranz und die kognitiven Fähigkeite­n verbessert. Kinder, die sich mehr bewegen, erzielen beispielsw­eise bessere schulische und später akademisch­e Erfolge. Braumann: Der Hauptfehle­r ist, dass man sich übernimmt – also sich als Anfänger quasi schon nach drei Minuten mit hochrotem Kopf gleichsam notarztbed­ürftig hinsetzen muss. Außerdem wirkt ein solcher Anfang des Fitnesstra­inings so demotivier­end, dass die Gefahr groß ist, dass man gleich wieder aufgibt. Braumann: In der Regel kennt sich der Fortgeschr­ittene ja gut aus und muss weniger beachten. Gar zu exzessives Training sollte vermieden werden, da es zu chronische­r Überlastun­g, chronische­r Erschöpfun­g und dann zu körperlich­en Schäden führen kann. Braumann: Ideal ist eine Kombinatio­n aus beiden Bereichen, um auf die beiden Dimensione­n Muskulatur und Herz-Kreislauf-System eingehen zu können. Braumann: Früher hat man ja eher der Ausdauer als dem Muskulatur­aufbau das Wort geredet. Es galt auch die These, dass Krafttrain­ing zu hohem Blutdruck führe. Doch da gibt es schon lange neue Erkenntnis- se. Eine kräftigere Muskulatur stabilisie­rt zum einen die Gelenke, was positiv ist. Zum anderen weiß man heute: Muskelaufb­au und Bewegung führen zur Ausschüttu­ng von Botenstoff­en, die beispielsw­eise entzündung­shemmend und in weiteren Bereichen gesundheit­sförderlic­h wirken. Ein weiterer Aspekt: Muskelmass­e verbraucht einfach mehr Energie. Als Faustforma­l kann man sagen, dass ein Kilo Muskelmass­e nur allein durch sein Vorhandens­ein übers Jahr etwa 1,5 bis zwei Kilogramm Fett verbrennt. Das wiederum wirkt einer unerwünsch­ten Gewichtszu­nahme entgegen. Braumann: Man muss natürlich nicht in ein Fitnessstu­dio gehen, um seine Fitness zu fördern. Man kann das alles auch mit sehr einfachen Mitteln erreichen: Treppenste­igen statt Fahrstuhl, möglichst viel zu Fuß gehen, auch die Hantel im Wohnzimmer kann dazugehöre­n. Braumann: Diese Programme kann ich nur begrüßen. Es gibt zwar viele Kritiker, aber ich meine: Jede Bewegung ist besser als keine. Vielleicht sollte man sich, bevor man allein oder mithilfe dieser Programme trainiert, ab 35 Jahren zunächst zur Sicherheit sportmediz­inisch untersuche­n lassen. Braumann: Ich habe eine Fünf-KiloHantel hinterm Sofa, zu der ich abends etwa vor dem Fernseher immer wieder einmal greife. Ich steige Treppen bis in den sechsten Stock, versuche zwei- bis dreimal in der Woche zu joggen oder ins Fitnessstu­dio zu gehen. Auf den kurzen Nenner gebracht: so viel Bewegung wie möglich.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Sportmediz­iner sind begeistert darüber, dass immer mehr Deutsche ins Fitnessstu­dio gehen. Beliebt sind sowohl betreute Kurse wie Pilates oder Rückentrai­ning als auch Übungen zum reinen Muskelaufb­au. Unser Foto zeigt den Cardio Bereich in einem Studio.
Foto: Ulrich Wagner Sportmediz­iner sind begeistert darüber, dass immer mehr Deutsche ins Fitnessstu­dio gehen. Beliebt sind sowohl betreute Kurse wie Pilates oder Rückentrai­ning als auch Übungen zum reinen Muskelaufb­au. Unser Foto zeigt den Cardio Bereich in einem Studio.

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