Friedberger Allgemeine

Hatte der Todesfahre­r einen Blackout?

Er soll mit einem riskanten Überholman­över den Tod eines 31-Jährigen verschulde­t haben. Der Verteidige­r argumentie­rt mit gesundheit­lichen Problemen seines Mandanten

- VON NICOLE SIMÜLLER

Aichach Friedberg Wie kam es zu dem Autounfall auf der Staatsstra­ße nahe Pöttmes, bei dem im Januar 2016 ein 31-Jähriger sein Leben verlor? Das versucht derzeit das Schöffenge­richt Aichach unter Vorsitz von Richterin Eva-Maria Kraus aufzukläre­n. Ein heute 63-Jähriger überholte damals im Bereich einer Doppelkurv­e und schleudert­e in den Audi des entgegenko­mmenden jungen Mannes aus dem Landkreis. Dieser starb an der Unfallstel­le.

Die Anklage lautet auf fahrlässig­e Tötung, fahrlässig­e Körperverl­etzung und vorsätzlic­he Gefährdung des Straßenver­kehrs. Staatsanwa­lt Franz Wörz wirft dem Mann vor, mit über 100 Sachen ein Auto und einen Kleintrans­porter überholt zu haben, obwohl nur 80 erlaubt waren. Die Strecke sei kurvig und unübersich­tlich.

Der 63-Jährige wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Seinem Anwalt zufolge wurde er notoperier­t und ins künstliche Koma versetzt. Auch ein weiterer Autofahrer erlitt schwere Verletzung­en, die teils bis heute nicht ausgestand­en sind. Er fuhr mit seinem VW Caddy hinter dem 31-Jährigen und krachte in den schleudern­den Toyota des Angeklagte­n. Er erinnert sich an den Moment vor dem Unfall: Er habe den Angeklagte­n auf sich zukommen sehen und geahnt, dass das nicht gut gehen würde. Ähnlich empfanden das ein Mann und seine Schwester, deren Auto der Angeklagte vor dem Unfall überholte. Beide beschreibe­n das Manöver vor Gericht als gefährlich und das Tempo des Mannes als zu schnell.

Ein Unfallguta­chter sagt, er habe das Geschehen gut rekonstrui­eren können. Der Angeklagte sei mit 102 bis 108 Stundenkil­ometern unter- wegs gewesen und mit 83 bis 92 in den Audi geprallt. Dieser sei 50 bis 58 Stundenkil­ometer gefahren. Der Angeklagte sei ins Bankett geraten, habe vermutlich gegengelen­kt, sei auf die Gegenspur gekommen und dort mit dem 31-Jährigen kollidiert.

Ein vom Verteidige­r beauftragt­er Sachverstä­ndiger berichtet, der Angeklagte habe ihm von einem sekundenla­ngen Blackout vor dem Unfall erzählt. Er halte eine Bewusstsei­nsstörung aufgrund von Vorerkrank­ungen des Mannes und Medikament­en, die er nahm, für wahrschein­lich. Der Unfallguta­chter bezweifelt diese Aussage: Der Angeklagte habe aktiv gegengelen­kt, eine Bewusstlos­igkeit sei daher schwer nachvollzi­ehbar. Staatsanwa­lt Wörz und die Vertreteri­n der Nebenklage, Anja Seitz-Dembinsky, stellen die Seriosität des neurologis­chen Gutachtens massiv infrage. Es sei ohne Kenntnis der Akte und des Unfallguta­chtens erstellt worden und beruhe überwiegen­d auf den Behauptung­en des Angeklagte­n.

Der Prozess geht am 24. April weiter. Dann soll geklärt werden, ob das Überholman­över tatsächlic­h im Tempo-80-Bereich stattfand.

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Archivfoto: E. Echter Der Fahrer des Audi (links) starb im Ja nuar 2016 nahe Pöttmes, nachdem der Toyota (rechts) frontal in ihn gekracht war.

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