Hatte der Todesfahrer einen Blackout?
Er soll mit einem riskanten Überholmanöver den Tod eines 31-Jährigen verschuldet haben. Der Verteidiger argumentiert mit gesundheitlichen Problemen seines Mandanten
Aichach Friedberg Wie kam es zu dem Autounfall auf der Staatsstraße nahe Pöttmes, bei dem im Januar 2016 ein 31-Jähriger sein Leben verlor? Das versucht derzeit das Schöffengericht Aichach unter Vorsitz von Richterin Eva-Maria Kraus aufzuklären. Ein heute 63-Jähriger überholte damals im Bereich einer Doppelkurve und schleuderte in den Audi des entgegenkommenden jungen Mannes aus dem Landkreis. Dieser starb an der Unfallstelle.
Die Anklage lautet auf fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung und vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs. Staatsanwalt Franz Wörz wirft dem Mann vor, mit über 100 Sachen ein Auto und einen Kleintransporter überholt zu haben, obwohl nur 80 erlaubt waren. Die Strecke sei kurvig und unübersichtlich.
Der 63-Jährige wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Seinem Anwalt zufolge wurde er notoperiert und ins künstliche Koma versetzt. Auch ein weiterer Autofahrer erlitt schwere Verletzungen, die teils bis heute nicht ausgestanden sind. Er fuhr mit seinem VW Caddy hinter dem 31-Jährigen und krachte in den schleudernden Toyota des Angeklagten. Er erinnert sich an den Moment vor dem Unfall: Er habe den Angeklagten auf sich zukommen sehen und geahnt, dass das nicht gut gehen würde. Ähnlich empfanden das ein Mann und seine Schwester, deren Auto der Angeklagte vor dem Unfall überholte. Beide beschreiben das Manöver vor Gericht als gefährlich und das Tempo des Mannes als zu schnell.
Ein Unfallgutachter sagt, er habe das Geschehen gut rekonstruieren können. Der Angeklagte sei mit 102 bis 108 Stundenkilometern unter- wegs gewesen und mit 83 bis 92 in den Audi geprallt. Dieser sei 50 bis 58 Stundenkilometer gefahren. Der Angeklagte sei ins Bankett geraten, habe vermutlich gegengelenkt, sei auf die Gegenspur gekommen und dort mit dem 31-Jährigen kollidiert.
Ein vom Verteidiger beauftragter Sachverständiger berichtet, der Angeklagte habe ihm von einem sekundenlangen Blackout vor dem Unfall erzählt. Er halte eine Bewusstseinsstörung aufgrund von Vorerkrankungen des Mannes und Medikamenten, die er nahm, für wahrscheinlich. Der Unfallgutachter bezweifelt diese Aussage: Der Angeklagte habe aktiv gegengelenkt, eine Bewusstlosigkeit sei daher schwer nachvollziehbar. Staatsanwalt Wörz und die Vertreterin der Nebenklage, Anja Seitz-Dembinsky, stellen die Seriosität des neurologischen Gutachtens massiv infrage. Es sei ohne Kenntnis der Akte und des Unfallgutachtens erstellt worden und beruhe überwiegend auf den Behauptungen des Angeklagten.
Der Prozess geht am 24. April weiter. Dann soll geklärt werden, ob das Überholmanöver tatsächlich im Tempo-80-Bereich stattfand.