Friedberger Allgemeine

Gelesen wird in allen Varian ten, ob auf Deutsch oder Englisch, analog oder digital

- VON LISA ZAUBER

Friedberg Es ist Abend, die Bücherei in Friedberg geschlosse­n. Doch wenn man durch die Glaswand um die Ecke lugt, sieht man, das sie noch nicht leer ist. Acht junge Leute sitzen in einem Stuhlkreis zusammen, vor ihnen liegen Ausgaben des Thrillers „Girl on the Train – Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.“. Der Lesekreis „Seitenfres­ser“wurde von Vicky, Franzi und Miri ins Leben gerufen. Kern der Gruppe sind Studenten und Azubis aus Friedberg, die sich schon seit ihrer Kindheit kennen. Den meisten geht es vor allem darum, wieder mehr zum Lesen motiviert zu werden und auch mal etwas zu lesen, auf das sie nicht selber gekommen wären. In ihren Studien und Ausbildung­en haben sie nicht immer Zeit, um zum Lesen zu kommen. Gleichzeit­ig müssen sie viele Lehrbücher und Wissenscha­ftstexte lesen, die Lust sich auch privat auf Bücher zu konzentrie­ren fällt da nicht groß aus. Der gemeinsame Austausch soll diese Lust wieder verstärken.

Die ursprüngli­che Idee einer Lesegruppe ist schon fünf Jahre alt. Damals war es die Schullektü­re, die Vicky gerne gemeinsam mit Klassenkam­eraden besprechen wollte. „Die erste Lesegruppe ist aber schnell wieder verschwund­en“, erzählt sie. „Vor einem Jahr haben wir es dann noch einmal versucht,“doch auch im zweiten Anlauf gab es Schwierigk­eiten. Nur zwei Bücher wurden besprochen, regelmäßig­e Treffen kamen nicht zustande. Nun soll der dritte Versuch greifen, doch auf den ersten Werbeflyer gab es noch keine Rückmeldun­gen, obwohl jeder willkommen ist, egal welches Alter. Denn gerade bei dem Austausch über Bücher fänden es die 20- bis 23-Jährigen spannend, mehr Meinungen zu haben, die von Menschen aus unterschie­ldichen Lebenslage­n kommen. „Es geht ein- fach um Leute, die Bock auf Lesen haben“, fasst es Franzi zusammen.

Der entspannte Austausch zwischen den Seitenfres­sern lässt jeden zu Wort kommen. Es gibt keinen festen Zeitplan oder ein striktes Programm, dennoch werden die Bücher systematis­ch unter verschiede­nen Gesichtspu­nkten betrachtet. Auch bei „Girl on the Train“ist es an diesem Abend so, denn Vicky, Franzi und Miri haben sich vorbereite­t. So bringt ein kleiner Vortrag dem Lesekreis die Autorin näher, über die Charaktere verschafft eine Karteikart­ensammlung Überblick und eine Themenvert­iefung verdeutlic­ht Hintergrun­ddetails.

Sowohl Schriftste­ller, Handlung und Entwicklun­gen, Charaktere und Beziehunge­n der Protagonis­ten als auch Themenschw­erpunkte werden aufgegriff­en und diskutiert. Die Alkoholsuc­ht der Hauptperso­n Rachel wird zusätzlich mit einem Kurzrefera­t von Matze zu dem Thema Alkoholism­us näher beleuchtet. Hinterher wird auf die Meinungen der Teilnehmer einzeln eingegange­n. Jeder kann etwas beitragen. Gelesen wird in allen Varianten, ob auf Deutsch oder Englisch, analog oder digital. Die Bücherei als Anlaufstel­le soll ab sofort auch ermögliche­n, dass nicht jedes Buch, das gelesen wird, gekauft werden muss. Sammelbest­ellungen und Ausleihmög­lichkeiten sollen dem entgegenwi­rken.

Was als Nächstes gelesen wird, wird gemeinsam entschiede­n. „Jeder bring Vorschläge ein, wenn er ein gutes Buch entdeckt hat. Wir sammeln die Ideen und losen dann aus, was wir lesen,“erklärt Franzi. Meist ständen moderne Bücher im Vordergrun­d, um so möglichst viele Interessen anzusprech­en, trotzdem bestehe nie eine Mitlesepfl­icht.

Die Treffen sollen nun weiterhin regelmäßig, etwa einmal im Monat, stattfinde­n. So lange ist auch die Beschäftig­ungszeit pro Buch eingerechn­et. So soll es weder zu stressig werden, wenn man mal mehr zu tun hat und weniger zum Lesen kommt, noch soll das Lesen in Vergessenh­eit geraten. Doch auch, wenn das Buch bis zum nächsten Treffen nicht zu Ende gelesen sein sollte, braucht sich niemand abgeschrec­kt fühlen, zu kommen. Denn das Ende der Romane wird nicht vorweggeno­mmen, um jedem die Lesefreude zu lassen.

Gerne würden die Seitenfres ser weitere Leser aufnehmen. Wer inte ressiert ist, kann sich melden per E Mail an seiten.fresser@gmx.de.

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