Gelesen wird in allen Varian ten, ob auf Deutsch oder Englisch, analog oder digital
Friedberg Es ist Abend, die Bücherei in Friedberg geschlossen. Doch wenn man durch die Glaswand um die Ecke lugt, sieht man, das sie noch nicht leer ist. Acht junge Leute sitzen in einem Stuhlkreis zusammen, vor ihnen liegen Ausgaben des Thrillers „Girl on the Train – Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.“. Der Lesekreis „Seitenfresser“wurde von Vicky, Franzi und Miri ins Leben gerufen. Kern der Gruppe sind Studenten und Azubis aus Friedberg, die sich schon seit ihrer Kindheit kennen. Den meisten geht es vor allem darum, wieder mehr zum Lesen motiviert zu werden und auch mal etwas zu lesen, auf das sie nicht selber gekommen wären. In ihren Studien und Ausbildungen haben sie nicht immer Zeit, um zum Lesen zu kommen. Gleichzeitig müssen sie viele Lehrbücher und Wissenschaftstexte lesen, die Lust sich auch privat auf Bücher zu konzentrieren fällt da nicht groß aus. Der gemeinsame Austausch soll diese Lust wieder verstärken.
Die ursprüngliche Idee einer Lesegruppe ist schon fünf Jahre alt. Damals war es die Schullektüre, die Vicky gerne gemeinsam mit Klassenkameraden besprechen wollte. „Die erste Lesegruppe ist aber schnell wieder verschwunden“, erzählt sie. „Vor einem Jahr haben wir es dann noch einmal versucht,“doch auch im zweiten Anlauf gab es Schwierigkeiten. Nur zwei Bücher wurden besprochen, regelmäßige Treffen kamen nicht zustande. Nun soll der dritte Versuch greifen, doch auf den ersten Werbeflyer gab es noch keine Rückmeldungen, obwohl jeder willkommen ist, egal welches Alter. Denn gerade bei dem Austausch über Bücher fänden es die 20- bis 23-Jährigen spannend, mehr Meinungen zu haben, die von Menschen aus unterschieldichen Lebenslagen kommen. „Es geht ein- fach um Leute, die Bock auf Lesen haben“, fasst es Franzi zusammen.
Der entspannte Austausch zwischen den Seitenfressern lässt jeden zu Wort kommen. Es gibt keinen festen Zeitplan oder ein striktes Programm, dennoch werden die Bücher systematisch unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet. Auch bei „Girl on the Train“ist es an diesem Abend so, denn Vicky, Franzi und Miri haben sich vorbereitet. So bringt ein kleiner Vortrag dem Lesekreis die Autorin näher, über die Charaktere verschafft eine Karteikartensammlung Überblick und eine Themenvertiefung verdeutlicht Hintergrunddetails.
Sowohl Schriftsteller, Handlung und Entwicklungen, Charaktere und Beziehungen der Protagonisten als auch Themenschwerpunkte werden aufgegriffen und diskutiert. Die Alkoholsucht der Hauptperson Rachel wird zusätzlich mit einem Kurzreferat von Matze zu dem Thema Alkoholismus näher beleuchtet. Hinterher wird auf die Meinungen der Teilnehmer einzeln eingegangen. Jeder kann etwas beitragen. Gelesen wird in allen Varianten, ob auf Deutsch oder Englisch, analog oder digital. Die Bücherei als Anlaufstelle soll ab sofort auch ermöglichen, dass nicht jedes Buch, das gelesen wird, gekauft werden muss. Sammelbestellungen und Ausleihmöglichkeiten sollen dem entgegenwirken.
Was als Nächstes gelesen wird, wird gemeinsam entschieden. „Jeder bring Vorschläge ein, wenn er ein gutes Buch entdeckt hat. Wir sammeln die Ideen und losen dann aus, was wir lesen,“erklärt Franzi. Meist ständen moderne Bücher im Vordergrund, um so möglichst viele Interessen anzusprechen, trotzdem bestehe nie eine Mitlesepflicht.
Die Treffen sollen nun weiterhin regelmäßig, etwa einmal im Monat, stattfinden. So lange ist auch die Beschäftigungszeit pro Buch eingerechnet. So soll es weder zu stressig werden, wenn man mal mehr zu tun hat und weniger zum Lesen kommt, noch soll das Lesen in Vergessenheit geraten. Doch auch, wenn das Buch bis zum nächsten Treffen nicht zu Ende gelesen sein sollte, braucht sich niemand abgeschreckt fühlen, zu kommen. Denn das Ende der Romane wird nicht vorweggenommen, um jedem die Lesefreude zu lassen.
Gerne würden die Seitenfres ser weitere Leser aufnehmen. Wer inte ressiert ist, kann sich melden per E Mail an seiten.fresser@gmx.de.